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Darkover 16 - Die Winde von Darkover

Titel: Darkover 16 - Die Winde von Darkover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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hatte er gemeint, Armida sei eine Burg? Jetzt, da er sich vor den Toren befand, kam es ihm nur vernünftig vor, daß es ein langgestrecktes Haus war, durch Wälle gegen die heftigen Gipfelwinde geschützt. Es war aus blaugrauem Stein gebaut mit großen durchscheinenden Stellen in den Wänden, hinter denen sich Lichter in undeutlichen Farbflecken bewegten. Durch einen niedrigen Torbogen kamen sie in einen warmen, geschützten Hof. Barron überließ sein Pferd einem kleinen, schwärzlichen Mann, in Pelz und Leder gekleidet, der die Zügel mit einer gemurmelten Begrüßungsformel ergriff. Der Terraner stieg mit steifen Gliedern ab.
   Kurz danach stand er an einem hochlodernden Feuer in einer geräumigen Halle mit Steinfußboden. Lichter kämpften mit der Dunkelheit hinter den durchscheinenden Steinwänden, die den Wind sicher ausschlossen. Valdir Alton, ein hochgewachsener, hagerer, scharfäugiger Mann, begrüßte Barron mit einer Verbeugung und ein paar kurzen, formellen Worten. Dann schwieg er eine Minute lang. Sein Blick ruhte mit einem plötzlichen scharfen Stirnrunzeln auf dem Terraner.
   Er fragte: »Wie lange seid Ihr auf Darkover?«
   »Fünf Jahre«, antwortete Barron. »Warum wollt Ihr es wissen?«
   »Aus keinem besonderen Grund, außer daß - nun, vielleicht, weil Ihr unsere Sprache für einen solchen Neuling gut sprecht. Aber niemand ist so jung, daß er nicht lehren, oder so alt, daß er nicht lernen kann. Wir freuen uns auf das, was Ihr uns über die Herstellung von Linsen lehren werdet. Seid an meinem Herd und in meinem Heim willkommen.« Er verbeugte sich noch einmal und zog sich zurück. Verschiedene Male an diesem langen Abend merkte der Terraner, daß der darkovanische Lord ihn mit intensiver Neugier beobachtete - erst bei der warmen, reichlichen Mahlzeit, später, während sie, bevor man ihnen ihre Betten zeigte, müßig am Feuer saßen.
   Einige Darkovaner sind Gedankenleser, habe ich gehört. Wenn er mein Gehirn durchstöbert, muß er darin ein paar verdammt komische Dinge finden. Ob auf diesem Planeten wohl Halluzinationen los sind, die ich mir irgendwie einfange?
   Seine Verwirrung hielt ihn jedoch nicht davon ab, gewaltig in das gute, warme Essen reinzuhauen, das den Reisenden vorgesetzt wurde, und dem seltsam grünen, harzigen Wein zuzusprechen, den sie danach tranken. Das Schwindelgefühl, das der starke Wein erzeugte, löste die Sorgen auf, die er sich seiner Halluzinationen wegen machte, und nach einer Weile empfand er es als angenehm, schlicht betrunken zu sein, statt die Umwelt durch das doppelte Augenpaar seiner beiden Ichs zu betrachten. Er saß da, trank seinen Wein aus einem wunderschön geschliffenen grünen Kristallpokal und hörte Valdirs Pflegetöchterchen Cleindori zu, die eine kleine Harfe auf ihrem Schoß hielt und in einer weichen, pentatonischen Melodie eine endlose Ballade über einen Wolkensee sang, an dessen Ufer eine Frau spazierenging und Sterne niederfielen.
   Es tat gut, in dem hohen Raum mit den durchscheinenden Vorhängen und den wechselnden Lichtern zu schlafen. Barron, der daran gewöhnt war, nachts in einem dunklen Zimmer zu liegen, suchte zwanzig Minuten lang nach einem Schalter, um die Beleuchtung abzustellen. Dann gab er es auf, legte sich ins Bett und beobachtete sie schläfrig. Die sich verändernden Farben löschten seine Gedanken aus und erzeugten bunte Muster noch hinter seinen geschlossenen Lidern, bis er einschlief.
   Er schlief fest und träumte, er schwinge sich durch die Luft, sehe unter sich die Landschaft kippen und höre eine Stimme, die immer wieder und wieder rief: »Suche den Weg nach Carthon! Melitta erwartet dich in Carthon! Nach Carthon… Carthon… Carthon… «
   Einmal wachte er auf. Die Worte dröhnten ihm auch dann noch in den Ohren, als er glaubte, wieder völlig munter zu sein. Carthon. Warum sollte er dorthin reisen, und wer könnte ihn dazu zwingen? Er verscheuchte den Gedanken, legte sich hin und schlief erneut ein, nur um wieder von der Stimme zu träumen, die - murmelnd, drängend, befehlend - rief: » Suche den Weg nach Carthon… «
   Nach langer Zeit veränderte sich der Traum. Er mühte sich eine endlose Treppe hinab, zerriß dicke Spinngewebe mit seinen vorgestreckten Händen und sah nichts als das grünliche Phosphoreszieren der Wände, die ihn ringsherum erdrückten. Es war eiskalt. Seine Füße bewegten sich langsam, sein Herz schlug laut, und in seinem Gehirn hämmerte die Frage: »

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