Darkover 16 - Die Winde von Darkover
geritten waren. Seit sie die Ebene verlassen hatten, in der die terranische Handelsstadt lag, war es ständig einen Häng hinunter und den nächsten wieder hinauf gegangen, bis er es aufgab, die Gipfel zu zählen.
Und trotzdem war er nicht müde. Er hatte sich jetzt an das Reiten gewöhnt und hielt sich ohne Mühe auf seinem Pferd, und obwohl er nicht gewußt hätte, wie er es ausdrücken sollte, hatte ihn jeder Zoll des Weges in einer Art Zauberbann gehalten, den er nicht verstand und nicht zu erklären vermochte.
Er hatte erwartet, auf dieser Straße voller Bitterkeit, Groll und wütender Resignation dahinzuziehen - er hatte alles hinter sich gelassen, was er kannte: seine Arbeit, das, was er an Freunden besaß, und die ganze ihm vertraute Welt, geschaffen von den Menschen, die mit Riesenschritten die Galaxis überspannt hatten. Er war ins Exil und in die Fremde gegangen.
Trotzdem war er - wie konnte er es auch nur sich selbst erklären? - auf dem ganzen langen Weg wie in einem Traum befangen gewesen. Ihm war, als lerne er eine Sprache, die er einmal beherrscht, aber längst vergessen hatte. Die fremde Welt faßte nach ihm und sagte: »Fremder, komm, du kehrst nach Hause zurück.« Es war ein Gefühl, als reite er durch einen Traum oder unter Wasser, und alles, was geschah, wurde von einem Vorhang der Unwirklichkeit abgeschirmt.
Hin und wieder tauchte sein altes Ich wie aus großen Tiefen auf, saß da und blinzelte, der Barron, der in all diesen Jahren im Kontrollturm in der terranischen Handelsstadt gesessen hatte. Einmal versuchte er, es sich selbst klarzumachen.
Verliebe ich mich in diese Welt oder so ähnlich? Er atmete die kalte, fremdartig duftende Luft, er horchte auf das langsame Geklapper der Pferdehufe auf dem hartgefrorenen Weg und dachte: Was ist los? Ich bin hier noch nie gewesen, warum kommt es mir alles so vertraut vor? Aber vertraut war das falsche Wort, es war, als ob er in einem anderen Leben durch Berge wie diese geritten sei, die kalte Luft geatmet und den Weihrauch gerochen habe, den seine Gefährten vor dem Schlafengehen am Lagerfeuer in dem kühlen Abendnebel verbrannten. Denn es war seinen Augen neu, und doch - als wäre ich ein Blinder, der zum erstenmal sieht, und alles ist fremd und schön und doch so, wie ich es mir vorgestellt habe…
Während dieser Intervalle, in denen der alte Barron in seinem Verstand zum Leben erwachte, war ihm klar, daß das Gefühl des déjà vue , des Lebens in einem Traum, eine neue Form des gleichen halluzinatorischen Wahnsinns sein mußte, der ihn seinen Posten und seinen Ruf gekostet hatte. Aber die Intervalle waren kurz. In der übrigen Zeit ritt er durch den seltsamen Traum und genoß das Gefühl des Schwebens zwischen seinen beiden Welten und den beiden Ichs, zu denen er wurde.
Jetzt stand eine Unterbrechung der Reise bevor, und Barron fragte sich, ob das auch den Zauber brechen werde. »Was ist Armida?«
Colryn antwortete: »Das Gut von Lord Valdir Alton, dem Comyn -Lord, der nach Euch geschickt hat. Es wird ihn freuen, daß ihr unsere Sprache fließend beherrscht, und er wird Euch genau erklären, welche Wünsche er hat.« Colryn blickte ins Tal hinunter, beschattete seine Augen vor dem verblassenden Sonnenschein mit der Hand und zeigte: »Da unten.«
Sie ritten bergab. Der Wald aus dichten, graublauen Koniferen, die dunkle, nach Gewürzen duftende Zapfen auf den Boden warfen, wurde lichter. Hier und da im Unterholz rief irgendein kleiner Vogel unablässig und klagend. Im Tal bildeten sich dünne Nebelschwaden, und Barron war froh darüber, daß sie Armida vor Beginn des nächtlichen Regens erreichen würden. Er war es leid, nachts auf dem Boden unter Zeltplanen zu liegen, obwohl das Wetter, wie er wußte, für diese Jahreszeit mild war und sie Glück hatten, daß es regnete und nicht schneite. Er hatte auch das über offenen Feuern gekochte Essen satt und wollte gern wieder einmal unter einem Dach schlafen.
Mit lässiger Geschicklichkeit lenkte er sein Pferd den Abhang hinunter, schloß die Augen und ließ sich in einen kurzen Tagtraum sinken. Ich kenne die Alton-Lords nicht, und ich muß mein eigentliches Vorhaben vor ihnen geheimhalten, bis ich sicher bin, daß sie mir helfen und mich nicht hindern werden. Hier kann ich auch einige Informationen über die Wege und die beste Art, sie zu bereisen, erhalten - bald wird der Schnee die Pässe schließen, und vorher muß ich irgendwie den besten Weg nach
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