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Darkover 16 - Die Winde von Darkover

Titel: Darkover 16 - Die Winde von Darkover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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schläft und bevor die Wachen hereinkommen.« Über ihr Gesicht huschte ein Ausdruck, der ihrem alten Lächeln ähnlich war. »Das tun sie jede Nacht, um sich zu vergewissern, daß ich ihn nicht im Schlaf getötet habe.«
   Der Wind fuhr ins Zimmer und wurde wieder ausgesperrt, während die beiden Mädchen hineinschlüpften. Brynat lag lang ausgestreckt und häßlich auf dem großen Bett und schnarchte laut. Nach einem Blick voll flammenden Hasses wandte Melitta die Augen ab und schlich an ihm vorbei. Sie hielt den Atem an und versuchte, nicht zu denken, als könne ihr Haß allein den Feind wecken. Sie erreichten das reichgeschmückte Empfangszimmer der Suite, und sie atmete freier, aber die Hände hielt sie immer noch vor Anspannung und Angst zu Fäusten geballt.
   Da waren die geschnitzten Truhen, die Wandbehänge und die seltsamen Tiere um den Kamin, der ein Geheimnis hatte. Melitta drückte den Griff des marmornen Schwerts. Der Stein glitt zur Seite und enthüllte die alte Treppe. Sie umklammerte Alliras Hände, wollte etwas sagen und blieb in ihrer Verzweiflung stumm. Sie schritt voran. Was auch geschehen mochte, sie war in Sicherheit oder tot.
   Allira mochte irgendwie soviel Mut zusammenraffen, daß sie mitkam - aber die Flucht, das wußte Melitta nur zu genau, war erst der Anfang. Sie hatte einen langen Weg zu gehen, und sie konnte sich nicht mit jemandem belasten, der ihre eigene wilde Entschlossenheit nicht teilte. Selbst wenn Allira sie jetzt angefleht hätte, sie mitzunehmen, hätte sie es ihr abgeschlagen.
   Sie sagte kurz: »Die Wachen vor meinem Zimmer glauben, daß ich noch drinnen bin. Tu alles, was du kannst, damit sie nicht herausfinden, wie mir die Flucht geglückt ist. Du hast nichts gesehen, du hast nichts gehört.«
   Allira umarmte sie voller Angst und küßte sie. »Soll ich - soll ich dir Brynats Messer holen? Er würde mich danach durchsuchen, aber wenn er es nicht findet, muß er glauben, daß er es verloren hat.«
   Melitta nickte. Verspätet durchzuckte sie ein Gefühl der Bewunderung für ihre ängstliche Schwester. Wie erstarrt stand sie da, wagte nicht, sich zu bewegen, während Allira leise in das Schlafzimmer zurückging und mit einem langen Messer ohne Scheide wiederkam. Sie steckte es Melitta oben in den Stiefel. Noch etwas anderes trug Allira in der Hand, eingebunden in eine zerissene Leinenhaube. Melitta warf einen raschen Blick in das durchweichte Bündel. Es enthielt einen halben Laib Brot, ein paar abgeschnittene Scheiben Braten und reichlich zwei Handvoll klebriger Süßigkeiten. Unkritisch wickelte sie alles wieder ein und steckte es in ihre tiefste Tasche.
   »Danke, Lira. Das hilft mir ein oder zwei Tage weiter, und wenn ich bis dahin keine Hilfe gefunden habe, hat es sowieso keinen Zweck mehr. Ich muß gehen; in drei Stunden wird es hell sein.« Sie traute sich nicht, den Abschied in Worte zu fassen, das hätte die Schleusen ihrer Furcht geöffnet. »Gib mir deine goldene Kette, falls du nicht glaubst, Brynat werde sie vermissen. Ich kann sie in einer Tasche verbergen, und die Glieder gelten als Zahlungsmittel, obwohl sie nicht so gut sind wie kupferne.«
   Allira zeigte ein zitteriges Lächeln. »Das Amulett hat mich nicht geschützt, wie? Vielleicht bewährt es sich bei dir besser. Ein Glückszauber schützt nur den, der eigenes Glück hat .« Sie nahm die lange Kette ab, verschlang sie zweimal und streifte sie Melitta über den Kopf. Melitta umfaßte gerührt das kleine Amulett - Allira hatte es seit ihrem dritten Lebensjahr getragen, und davor hatte es ihrer Mutter und ihrer Großmutter gehört.
   Sie sagte ruhig: »Ich bringe es dir zurück«, gab Allira schnell einen Kuß und tauchte ohne ein weiteres Wort die lange Treppe hinunter. Über ihr wurde es dunkel, und sie hörte Allira leise schluchzen.
   Melitta war allein in den Tiefen der Burg.

5
    »Wir müßten Armida bei Dunkelwerden erreichen.« Colryn zügelte sein Pferd zum Schritt durch die engste Stelle des Passes und wartete darauf, daß die anderen aufholten. Er sah mit einem kurzen Lächeln zu Barron hinüber. »Reisemüde?«
   Barron schüttelte den Kopf, ohne zu antworten.
   »Das ist gut. Zwar wird uns der Alton-Lord vielleicht einladen, die Reise für einen oder zwei Tage zu unterbrechen, aber danach geht es in die Berge.«
   Barron lachte vor sich hin. Wenn es nach Colryn morgen in die Berge ging, hätte er gern gewußt, wo sie in diesen letzten vier Tagen

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