Darkover 16 - Die Winde von Darkover
um nicht loszuschreien. Sie tat krampfhaft einen Schritt nach hinten und beobachtete das langsame Zurückweichen des Schwammes. Das dauerte mehrere Minuten.
Nach langer Zeit normalisierte sich ihr Herzschlag, und sie begann, eifrig nach einer Lösung zu suchen. Wenn es mir doch nur gelänge, hier irgendwie durchzukommen und Brynats Männer hinter mir herzulocken , dachte sie grimmig. Doch das brachte sie nicht weiter.
Feuer. Alle Lebewesen fürchten das Feuer, ausgenommen der Mensch. Wenn ich Feuer machen könnte…
Sie hatte kein Licht, aber sie trug Stahl und Feuerschwamm in der Tasche. Auf Darkover während des Winters ohne die Mittel, Feuer zu schlagen, im Freien zu sein, bedeutete den Tod. Ehe sie acht Jahre alt war, hatte sie alle Tricks gelernt, an jedem Ort und zu jeder Zeit Feuer zu machen.
Sich bemühend, nicht tief zu atmen, zog sie ihr Feuerzeug aus der Tasche. Sie hatte nichts, das sie als Fackel benutzen konnte. Deshalb nahm sie ihren Schal ab, wickelte ihn um einen Stein und zündete ihn an. Die Flamme vorsichtig vor sich her tragend, betrat sie die Schwammhöhle.
Die grünen Äste peitschten zurück, als Schein und Hitze des Feuers sie trafen. Das träge Krabbeln zu ihren Füßen ließ Melitta vor Entsetzen keuchen. Doch die Wesen machten keine Anstalten, sie anzugreifen. Melitta atmete wieder normal und durchquerte festen Schrittes die Höhle. Sie mußte schnell gehen, aber nicht so schnell, daß sie nicht mehr sah, wohin sie trat. Der Schal würde höchstens eine Minute lang brennen. Glücklicherweise schien der grüne Bewuchs nicht weiter als hundert Meter zu reichen. Hinter dem Bogen am Ausgang herrschte wieder Dunkelheit.
Eins der Kriechtiere stieß gegen ihren Fuß. Es fühlte sich schlüpfrig an wie ein Frosch. Melitta schwankte, kämpfte um ihr Gleichgewicht und ließ den brennenden Schal fallen. Sie bückte sich, um ihn aufzuheben…
Ein hohes, schrilles Kreischen kam von den Kriechtieren. Der grüne Schwamm zu ihren Füßen bewegte sich. Melitta hielt den Atem an und wartete darauf, daß er zuschlug.
Der flammende Schal berührte den grünen Ast, und er fing Feuer. Unheimliche grün-rote Zungen leckten hinauf zur Decke. Das Feuer loderte auf, ergriff Ast um Ast. Melitta spürte die Hitze. In einer halben Minute standen die Wände der Höhle in Flammen. Die Kriechtiere schrien, wanden sich und starben zu Melittas Füßen. Die grünen Äste schlugen heftig um sich und bemühten sich vergeblich, außer Reichweite des Feuers zu gelangen.
Melitta kam es wie eine Ewigkeit vor, wie sie entsetzt dastand. Sie zog ihre Kleider von den Flammen zurück, ihre Ohren schmerzten von den Schreien, und ihre Augen brannten von der grünlichen Färbung des Feuers. Ihr Verstand sagte ihr, daß es nur ein paar Minuten gedauert haben konnte, bis die Flammen keine Nahrung mehr fanden, zusammensanken und starben und sie in gesegneter Dunkelheit allein ließen.
Melitta erinnerte sich an die Richtung, in der der Ausgang lag, und schritt langsam durch die Höhle darauf zu. Sie hielt den Atem an, um den giftigen Staub des verbrannten Schwamms nicht in die Lungen zu bekommen. Unter ihren Sohlen raschelte es unangenehm. Es war ihr zuwider, die Füße auf den Boden zu setzen, aber da half alles nichts.
Sie merkte es, daß sie den Ausgang passiert hatte, denn fast sofort war die Luft reiner, und unter ihren Sohlen war nichts als harter Fels. Von irgendwoher kam auch ein schwaches Licht - vielleicht drang ein bißchen Mondschein durch einen verborgenen Luftschacht. Die Erbauer dieser Tunnel hatten sich große Mühe gegeben, den Weg angenehm zu machen. Weit weg hörte Melitta Wasser plätschern, und ihr, deren Kehle voll Staub war, klang es wie eine Verheißung.
Sie ging auf das Geräusch des Wassers zu. Zweimal zuckte sie zusammen, als sie an den Wänden eine Spur, kaum mehr als einen Schmierstreifen, des grünlichen Zeugs sah, und merkte sich vor: Wenn ich jemals zurückkehre, werde ich hinuntersteigen und es ausbrennen. Wenn nicht, hoffe ich, daß es schnell wächst - und daß Brynat eines Tages hierherkommt!
Nachdem sie eine Zeit, die ihr wie Stunden vorkam, langsam hinabgestiegen war, fand sie das Wasser - ein tröpfelndes Rinnsal, das aus dem Fels kam und neben ihr über die Stufen rann. Sie schöpfte mit den hohlen Händen. Das Wasser war gut; sie trank sich satt, wusch ihr schmutziges Gesicht und aß ein paar Bissen. Nach dem Gefühl, das die Luft auf
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