Darkover 16 - Die Winde von Darkover
Vater hier gewesen, lange bevor er Oberhaupt seines Hauses wurde - hatte Carthon zum Schlupfwinkel für ein halbes Dutzend Söldnerscharen gedient, die sich aus Bergräubern, abtrünnigen Trockenstädtern und die Götter allein wußten, was sonst noch, zusammensetzten. Storn hatte daran gedacht, hier eine dieser Söldnerscharen zur Befreiung von High Windward anzuwerben. Es würde nicht leicht sein. Brynat hatte die Eroberung große Mühe gekostet, und ein Hauptmann von seinen Fähigkeiten würde sich nur schwer wieder vertreiben lassen. Aber Storn kannte jeden Winkel der Burg und dazu einen oder zwei Tricks. So zweifelte er nicht daran, daß er die Burg seiner Väter mit einer tüchtigen Söldnertruppe zurückgewinnen konnte.
Er hatte Melitta gedrängt, sich hier mit ihm zu treffen, weil er sich nicht sicher oder zu der Zeit nicht sicher gewesen war, in welchem Ausmaß er Barron zu kontrollieren vermochte. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, in telepathischem Kontakt mit Melitta zu bleiben und sie allein gehen zu lassen. Nur hatte er Zweifel an Melittas Fähigkeit, einen Rapport über eine lange Zeitspanne und eine beträchtliche Entfernung aufrechtzuerhalten. Storns Kenntnisse der alten darkovanischen Laran -Kräfte waren notwendigerweise unvollständig und basierten auf Versuch und Irrtum. Die vielen leeren Stunden seiner Kindheit und Jugend hatten ihm, der blind geboren war, den Antrieb und die nötige Muße gegeben, sie zu erforschen. Einen Lehrer hatte er jedoch nie gehabt. Diese Beschäftigung war für ihn ein Mittel gegen die schreckliche Langeweile gewesen und das Gefühl der Wertlosigkeit in einer Gesellschaft, die körperliche Kraft, Geschicklichkeit und Unternehmungslust besonders schätzte. Für einen Mann mit seiner Behinderung hatte er allerhand erreicht, auch bei jenen Tätigkeiten, die einem Mann seiner Familie und Kaste angemessen waren: Er konnte reiten, er konnte ohne viel Hilfe in den Felsen klettern, und er verwaltete seinen eigenen Besitz, wobei ihm seine Schwestern und sein jüngerer Bruder zur Seite standen. Bei allem, auf das er stolz war, stand nicht an letzter Stelle, daß er die Loyalität seines jüngeren Bruders gewonnen und behalten hatte. Denn in der Gesellschaft, in der sie lebten, waren Brüder oft erbitterte Rivalen, und es hätte leicht geschehen können, daß Edric ihn in den Hintergrund drängte und seinen Platz als Lord von Storn einnahm. Für seine Geschwister war er ein starker und fähiger Mann gewesen - bis Brynat erschien und Krieg begann. Erst als die Burg belagert wurde, hatte Storn das bittere Gefühl der Hilflosigkeit kennengelernt.
Aber jetzt kamen die anderen Fähigkeiten, die er sich erworben hatte, zu ihrem Recht. Sein Körper war gegen Brynat geschützt, und er war frei, Hilfe zu suchen und Rache zu nehmen - falls es ihm gelang.
Die rote Sonne stand schon hoch am Himmel, und Storn hatte der Hitze wegen seinen Reitmantel zurückgeworfen, als sie durch die Tore von Carthon ritten. Auf den ersten Blick sah er, daß die Stadt in nichts einem der Bergdörfer glich, durch die sie gekommen waren. Geräusche und Gerüche unterschieden sich von denen jeder darkovanischen Stadt, die er kannte. Schon die Luft war anders; sie roch nach Gewürzen, Weihrauch und Staub. In den letzten Jahren mußten immer mehr Trockenstädter nach Carthon gezogen sein, vielleicht auf der Suche nach reichlicherem Wasser, das sie im Kadarin-Fluß fanden, oder vielleicht auch - so schoß es Storn durch den Kopf -, weil sie überzeugt waren, die friedlichen Bewohner des Unterlands und der Täler seien ihnen dort auf Gnade und Ungnade ausgeliefert. Er stellte den Gedanken vorerst zurück.
Das unangenehme Gefühl ließ sich trotzdem nicht verbannen. Seine Zuversicht, hier Hilfstruppen zu finden, schwand in diesem hauptsächlich von Trockenstädtern bewohnten Gebiet. Sie besaßen ihre eigene Tradition, ihre eigene Kultur; ein zufälliges Wort mochte sie tödlich beleidigen. Nach dem, was er gehört und unterwegs von diesen Reisenden gesehen hatte, war ihr Hauptanliegen das Sammeln von Punkten in einem ausgeklügelten, niemals endenden Wettkampf um Prestige. Kein Außenseiter durfte hoffen, in diesem Spiel einen Sieg für sich zu buchen. Auf dem Ritt hierher war Storn ignoriert worden, wie Männer, die sich ganz einem Würfelspiel widmen, die Katze am Feuer ignorieren.
Es war demütigend, aber, das war ihm klar, für ihn war es auf diese Weise ungefährlicher. Er hatte weder
Weitere Kostenlose Bücher