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Darkover 16 - Die Winde von Darkover

Titel: Darkover 16 - Die Winde von Darkover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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gewesen war er für üppige Wandbehänge und die schönen Möbel des Tal-Adels. Nach Trockenstädter-Art ausgeräumt, wirkte er wie geplündert. Die Fenster waren nackt und ließen das harte Licht ein. Es gab keine Einrichtung außer ein paar niedrigen Polstern und in der Mitte einem großen, thronähnlichen Sitz, auf dem eine Krone und ein Schwert in hieratischer Anordnung ein goldenes Kissen zierten. Der Thron war leer. Ein junger Mann, dessen blonder Flaum am Kinn noch zu dürftig war, um rasiert zu werden, saß auf einem Polster neben dem Thron. Er trug ein kurzes Pelzhemd und hohe, exquisit gefärbte und bestickte Lederstiefel. Als Storn sich ihm näherte, blickte er auf und sagte: »Ich bin die Stimme Lord Rannaths; ich werde Kerstal genannt. Mein Haus ist das Haus von Graustein. Gehörst du meiner oder einer mir feindlichen Partei in einer Fehde oder Blutrache an?«
   Verzweifelt suchte Storn das bißchen zusammen, was er über Trockenstadt-Sitten wußte. Schon wollte er in der formellen und gestelzten Cahuenga-Sprache antworten, der lingua franca Darkovers zwischen Berg und Tal, Trockenstädtern und Flußvolk, als er es sich plötzlich anders überlegte. Er holte tief Atem und straffte den Rücken. »Soviel ich weiß, nein. Ich habe nie von deinem Haus gehört, und daher habe ich es nie beleidigt. Ich schulde ihm nichts, und es schuldet mir nichts. Ich komme als Fremder her, und fremd sind mir eure Sitten. Wenn ich sie verletze, tue ich es ohne Absicht und mit dem Willen, Frieden zu halten. Bei meinem letzten Besuch in Carthon stand das Große Haus leer; ich erweise ihm die Ehrerbietung, die von einem Fremden billig zu verlangen ist - nicht mehr und nicht weniger. Erwartest du sonst noch etwas an Höflichkeit, fordere ich dich auf, es mir zu sagen.«
   Es klingelte leise, als die Frauen in der Halle sich ihm zuwandten, und im ganzen Raum war ein überraschtes Atemholen zu hören. Kerstal verschlug die ungewohnte Antwort für einen Augenblick die Sprache. Dann sagte er mit kurzem Nicken: »Wacker gesprochen, und ohne Beleidigung. Aber Carthon betritt niemand ohne Erlaubnis Lord Rannaths und seines Hauses. Wer ist dein Lehnsherr, und welche Angelegenheit führt dich her?«
   »Was den Lehnsherrn betrifft, so bin ich ein freier Mann der Berge, der niemandem Treue geschworen hat«, erklärte Storn stolz. »An meinem Heimatort leisten die Männer mir aus freien Stücken Gefolgschaft, nicht gezwungenermaßen.« Stolz, so dachte er, würde ihm hier besser dienen als irgendeine andere Qualität. Trockenstädter respektierten Überheblichkeit; kam er als Bittsteller, warfen sie ihn vielleicht hinaus, ohne ihn anzuhören. »Mein Haus ist das Haus von High Windward in der Domäne der Aldarans, der alten Lords der Comyn . Was ich hier suche, hat nichts mit dir zu tun. Verlangen eure Sitten, daß ich es bekanntmache? Wo ich zu Hause bin, muß ein Mann beweisen, daß er seine Fragen weder aus müßiger Neugier noch mit bösen Absichten stellt. Falls es hier anders ist, sage mir, aus welchem Grund ich eure Bräuche respektieren muß, und ich will es tun.«
   Wieder ging es wie eine Welle des Staunens über die im Raum Anwesenden. Kerstal machte eine Bewegung, als wolle er die Hand auf den Griff des Schwertes legen, das den leeren Thron einnahm. Dann hielt er inne. Er stellte sich auf die Füße, und jetzt klang seine Stimme höflich, statt nachlässig. »Da es also keine geschworene Blutfehde zwischen uns gibt, Charrat von High Windward, sei in Carthon willkommen. Kein Gesetz verlangt, daß du deine Angelegenheiten offenbarst, wenn sie dich allein angehen - aber die Frage, die auf deinen Lippen zu schweben scheint, wird für immer unbeantwortet bleiben. Sag mir, was du in Carthon willst, und wenn es sich mit meiner Ehre verträgt, daß ich dir antworte, will ich es gern tun.« Ein schwaches Lächeln überzog sein Gesicht, und Storn entspannte sich. Jetzt hatte er gewonnen. Trockenstädter schätzten Selbstbeherrschung über alles; wenn sich ein Trockenstädter so weit gehen ließ, daß er lächelte, befand man sich bei ihm wahrscheinlich in Sicherheit.
   Storn sagte: »Das mir von meinen Ahnen vererbte Haus wurde von einem Räuber, der als Brynat Narbengesicht bekannt ist, angegriffen und belagert. Ich suche Männer und Hilfe, um die Stärke, die Ehre und die Unversehrtheit meines Hauses wiederherzustellen.« Er benutzte das Wort Kihar , diesen nicht zu übersetzenden Ausdruck für Gesicht, persönliche

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