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Darkover 16 - Die Winde von Darkover

Titel: Darkover 16 - Die Winde von Darkover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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spielen, vielleicht weil alle seine anderen Gedanken zu beunruhigend waren. Im Gebirge war eine sexuelle Verbindung nicht einmal zwischen Vollgeschwistern verboten, obwohl man es für ein Unglück hielt, wenn solchen Paaren Kinder geboren wurden - das isolierte Bergvolk wußte über die Gefahren der Inzucht sehr gut Bescheid. Mit dem finstersten Humor seines Lebens dachte Storn: Im Körper eines Fremden brauchte ich das nicht zu fürchten!
   Dann überkam ihn der Widerwille. Dieser Körper war der eines Erdlings, eines Fremden auf ihrer Welt - und er hatte daran gedacht, ihn den Körper seiner Schwester, einer Lady von Storn, teilen zu lassen? Er biß die Zähne zusammen und bedeckte das Feuer.
   »Es ist spät«, sagte er. »Wir müssen morgen weit reisen. Du solltest dich lieber schlafen legen.«
   Melitta gehorchte wortlos, wickelte sich in ihren Pelzmantel und wandte sich von ihm ab. Sie war sich klar darüber, was er dachte, und es tat ihr sehr leid für ihn, aber sie wagte es nicht, ihm ihr Mitgefühl offen zu zeigen. Ihr Bruder hätte es zurückgewiesen, wie er es ihr ganzes Leben lang getan hatte, und vor dem Fremden fürchtete sie sich immer noch ein bißchen. Nicht sein heimliches Begehren störte sie; damit hatte sie rechnen müssen. Wie jedes Mädchen ihrer Herkunft und Kaste wußte sie, daß dies Problem in aller Wahrscheinlichkeit auftauchen würde, wenn sie mit irgendeinem Mann allein reiste. Hätte sich Storn in seinem eigenen Körper befunden, wäre es anders gewesen. Doch sie war sich des Fremden viel stärker bewußt, als Storn ahnte. Sie war gezwungen gewesen, über diese Eventualität nachzudenken und ihren Entschluß zu fassen. Der Fremde hätte eine gewisse Anziehungskraft für sie gehabt, wenn sie nicht um die unheimliche Tatsache gewußt hätte, daß er gleichzeitig ihr Bruder war. Bestimmt sah er gut aus, und der Ton seiner Stimme ließ auf einen freundlichen und sympathischen Menschen schließen. Wenn sie nun unabsichtlich Begehren in ihm erweckt hatte, verlangte der Anstand von einer Frau ihrer Kaste, daß sie sich ihm nicht verweigerte. Das wäre unrecht und grausam hurenhaft gewesen. Bei einem Mann, der sie abstieß, hätte sie sich wie jedes Mädchen aus den Bergen gar nicht erst auf einen Ritt zu zweit eingelassen und sich in Carthon nach anderer Begleitung umgesehen.
   Nun, es sah so aus, als sei die Entscheidung vorerst aufgeschoben, und Melitta war erleichtert. Es wäre zu unheimlich gewesen! Als ob ich bei einem Geist läge , dachte sie und schlief ein.
   Es war immer noch dunkel, als Storns Hand auf ihrer Schulter sie weckte. Sie sattelten ihre Pferde und ritten weiter. Es ging den dunklen Bergpfad durch ein schweres Graupelwetter hinunter. Erst nach einer guten Stunde verwandelte sich der Niederschlag in den leichten Regen, der in dieser Breite und Jahreszeit die Morgendämmerung ankündigte. Melitta fror und zitterte und ärgerte sich sogar ein bißchen über Storn, aber sie protestierte nicht. Sie zog einfach ihren Mäntel über das Gesicht. Storn bog in einen ungewöhnlich steilen und gefährlichen Weg ein, stieg ab und führte ihr Pferd über den schlüpfrigen Boden durch die Bäume, bis das Terrain wieder sicherer wurde. Melitta dachte: Wenn Comyn auf unserer Fährte sind, mag es uns nicht gelingen, sie abzuschütteln. Aber wenn nicht, haben wir unsere Verfolger jetzt vielleicht irregeführt .
   »Und wir kommen ihnen auf diesem Weg zwei oder drei Tagesritte voraus, wenn sie nicht an die Bergpfade gewöhnt sind - sie oder ihre Pferde«, sagte Storn unvermittelt, und Melitta verstand.
   Diesen ganzen Tag und den nächsten nahmen sie immer steilere Wege. Über den Gipfeln brauten sich Unwetter zusammen, und abends waren sie so erschöpft, daß sie gerade ein paar Bissen essen und sich schon halb schlafend in ihre Decken wickeln konnten. Am dritten Morgen nach dem Tag, als sie zuerst etwas von einer Verfolgung gemerkt hatten, erwachte Melitta ohne das unbehagliche Gefühl, beobachtet zu werden. Wenigstens für den Augenblick waren sie ihre Verfolger los.
   »Wir müßten Aldaran heute erreichen«, sagte Storn, als sie sattelten, »und wenn es stimmt, was ich gehört habe, sind die Comyn nicht erpicht darauf, so weit ins Gebirge vorzudringen. Im Unterland mögen sie sakrosankt sein, hier aber nicht.«
   Sobald der Nebel sich auflöste, entdeckten sie von einem Gipfel aus die Burg, die halb unsichtbar zwischen grauen Klippen lag. Sie brauchten jedoch

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