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Darkover 17 - Die blutige Sonne

Titel: Darkover 17 - Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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so aus, wie es vor einigen wenigen Monaten auch ausgesehen hatte. Ein paar Jungen beschäftigten sich im Garten. Sie knieten um ein Blumenbeet, und ein größerer Junge mit einem Abzeichen auf dem Ärmel beaufsichtigte sie. Kerwin, stumm wie ein Geist, zögerte, bevor er die weißen Stufen hinaufstieg. Was sollte er als erstes tun? Unsichtbar ins Büro gehen, die Akten und Unterlagen überprüfen? Schnell verwarf er diese Idee. Er mochte unsichtbar sein, aber wenn er anfing, in Ordnern zu blättern oder Knöpfe zu drücken, würden die Leute im Büro etwas sehen, und wenn es nur Ordner und Knöpfe waren, die sich von selbst bewegten. Früher oder später würden sie der Sache auf den Grund gehen.
   Und früher oder später würde ihn irgendwer anstoßen.
   Er blieb stehen und dachte nach. Im Schlafsaal des dritten Stockwerks, wo er damals mit fünf anderen Jungen schlief, hatte er seine Anfangsbuchstaben in einen Fensterrahmen geschnitzt. Der Rahmen mochte repariert oder ersetzt worden sein. Aber wenn das nicht der Fall war und er die Buchstaben finden konnte, bewies das etwas zu seiner eigenen Befriedigung. Wenigstens konnte er dann den nagenden Verdacht abschütteln, daß er niemals dort gewesen war, daß er sich alles eingebildet hatte, daß alle seine Erinnerungen nur aus Halluzinationen bestanden.
   Und schließlich war der Schlafsaal alt, und viele Jungen hatten das gleiche getan. Die darkovanischen Pflegerinnen und die Erzieher hatten ihnen auf manchen Gebieten eine Menge Freiheit gelassen. Zu seiner Zeit war der Schlafsaal wohl recht sauber und ordentlich gewesen, hatte aber die Spuren zahlreicher Kinderstreiche und Experimente mit Spielzeug getragen.
   Er stieg nach oben. Er kam an einer offenen Klassenzimmertür vorbei und versuchte, leicht aufzutreten, aber zwei oder drei Köpfe drehten sich nach ihm. Also hörten sie jemanden über den Flur gehen. Na und? Trotzdem hob er sich auf die Zehenspitzen und gab sich Mühe, so wenig Geräusch wie möglich zu machen.
   Eine darkovanische Frau kam den Gang entlang. Ihr Haar war tief im Nacken geknotet und mit einer ledernen Schmetterlingsspange befestigt. Ihr langer karierter Rock und ihr Umschlagtuch dufteten leicht nach Weihrauch. Sie sang leise vor sich hin. Sie betrat eins der Zimmer und kam mit einem schläfrigen Kleinkind in den Armen wieder heraus. Kerwin erstarrte, obwohl er wußte, daß er unsichtbar war. Die Frau schien ihn nicht wahrzunehmen. Sie summte immer noch ihr Berglied.
   » Laszlo, Laszlo, dors di ma main… «
   Kerwin hatte das Lied in seiner eigenen Kindheit gehört. Es waren törichte Reime über einen kleinen Jungen, dessen Pflegemutter ihn mit Kuchen und Süßigkeiten vollstopfte, bis er nach Brot und Milch schrie. Er erinnerte sich, daß man ihm einmal erzählt hatte, das Lied gehe auf die historische Periode zurück, die die Zeit der hundert Königreiche genannt wurde, und die Hastur-Kriege, die ihnen ein Ende machten, und die Verse seien eine politische Satire auf zu wohlwollende Regierungen.
   Kerwin trat zur Seite, als die Frau an ihm vorüberging. Er spürte das Wehen ihrer Gewänder. Jetzt waren sie auf gleicher Höhe. Sie runzelte fragend die Stirn und hielt mit Singen inne. Hatte sie ihn atmen gehört, hatte sie an seiner Kleidung einen fremden Geruch wahrgenommen?
   » Laszlo, Laszlo… « begann sie von neuem mit ihrem Liedchen, aber das Kind in ihren Armen verrenkte sich, bis sein Gesichtchen über die Schulter der Frau und geradewegs auf Kerwin blickte. Der Kleine sagte etwas in Babysprache und wies mit einem pummeligen Fäustchen auf Kerwin. Die Pflegerin drehte sich um.
   »Was für ein Mann? Es ist niemand da, Chiy’llu «, schalt sie sanft, und Kerwin machte kehrt und schlich auf Zehenspitzen den Flur hinunter. Sein Herz pochte plötzlich laut. Konnten die Augen eines Kindes Elories Illusion durchdringen?
   Oben an der Treppe blieb er stehen und versuchte, sich zu orientieren. Schließlich meinte er, das richtige Zimmer gefunden zu haben, und ging darauf zu.
   Es war ruhig und von Sonnenlicht durchflutet. Acht kleine, ordentlich gemachte Betten, jedes in seiner Zelle, standen an den Wänden, und in dem offenen Raum dazwischen war eine Gruppe von Spielzeugfiguren, Männer und Gebäude und Raumschiffe, auf einem kleinen Tisch aufgebaut. Kerwin ging vorsichtig um das Spielzeug herum. In den Mittelpunkt der Gruppe war ein hoher weißer Wolkenkratzer gestellt worden. Kerwin seufzte. Die

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