Darkover 17 - Die blutige Sonne
mehr geben, etwas Tieferes als auch das intimste Beisammensein…
Kennard rief sich in die Wirklichkeit zurück. Er erschauerte leicht, und seine Stimme klang rauh.
»Jedenfalls macht sich die Inzucht bei uns seelisch noch stärker bemerkbar als körperlich, und das kommt von dieser Unfähigkeit, Außenseiter zu tolerieren. Und körperlich ist die Sache schon schlimm genug; es sind da ein paar sehr seltsame rezessive Eigenschaften zum Vorschein gekommen. Einige der alten Gaben sind aus unserer Rasse schon so gut wie hinausgezüchtet; ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht mehr als einen oder zwei Katalysator-Telepathen gesehen. Das ist die alte Ardais-Gabe, aber Dom Kyril hatte sie nicht, oder wenn doch, lernte er nie, sie anzuwenden, und er ist so verrückt wie ein Banshee beim Geisterwind. Bei den Aillards hat sich die Gabe an das Geschlecht gebunden. Sie zeigt sich nur bei Frauen; die Männer haben sie nicht. Und so weiter und so fort… Wenn du etwas über Genetik lernst, wirst du verstehen, was ich meine. Ein rigoroses Kreuzungsprogramm könnte uns noch retten, aber die meisten von uns wären dazu nicht fähig. Deshalb… « Er zuckte die Schultern. »In jeder Generation werden weniger Kinder mit den alten Laran -Gaben geboren. Mesyr erzählte es dir: Es hat hier in Arilinn einmal drei Kreise gegeben, jeder mit seiner eigenen Bewahrerin. Wir hatten einmal mehr als ein Dutzend Türme, und Arilinn war nicht der größte. Heute - na ja, drei andere Türme arbeiten mit einem Mechaniker-Kreis. Wir sind der einzige Turm, der eine voll qualifizierte Bewahrerin hat. Und das bedeutet, daß Elorie buchstäblich die einzige Bewahrerin auf Darkover ist. Unter den Comyn und den mit uns blutsverwandten geringeren Adligen findet man in jeder Generation kaum genügend Menschen, um die Türme am Leben zu erhalten. So gibt es unter den Comyn zwei verschiedene Einstellungen.« Er sprach jetzt heftiger, ohne die frühere Distanziertheit. »Die eine Partei ist überzeugt, wir sollten unsere alten Sitten aufrechterhalten, solange wir es noch können, uns jeder Änderung widersetzen, bis wir aussterben, was in einer oder zwei Generationen unvermeidlich der Fall sein wird. Dann käme es sowieso nicht mehr darauf an, aber wenigstens würden wir bleiben, was wir waren. Andere treten dafür ein, da Veränderungen unabwendbar oder zumindest die einzige Alternative zum Tod sind, sollten wir uns mit erträglichen Veränderungen abfinden, bevor uns die unerträglichen aufgezwungen werden. Diese Leute behaupten, jeder mit einer Spur von Laran könne in der Matrix-Wissenschaft unterrichtet werden, ebenso wie ein Comyn -Telepath. Ein paar Vertreter dieser Partei hatten vor einer Generation Macht in Händen, und in diesen wenigen Jahren entstand der Beruf des Matrix-Mechanikers. Während dieser Zeit entdeckten wir, daß die meisten Menschen etwas Psi-Begabung haben - jedenfalls genug, um mit einer Matrix umzugehen - und in den Matrix-Wissenschaften unterrichtet werden könnten.«
»Ich habe ein paar kennengelernt«, sagte Kerwin.
»Du mußt dir vor Augen halten«, erläuterte Kennard, »daß dies durch die leidenschaftliche, sehr emotionale Einstellung vieler Comyn kompliziert wurde. Im Grunde war die Matrix-Wissenschaft eine Religion, und es gab eine Zeit, als die Comyn so etwas wie ihre Priester darstellten. Besonders die Bewahrerinnen waren Gegenstand einer fanatischen Verehrung, die bis zur Anbetung ging. Und jetzt kommen wir an den Punkt, wo du in die Geschichte hineinpaßt.«
Er verlagerte voll Unbehagen sein Gewicht, seufzte und betrachtete Jeff Kerwin. Schließlich fuhr er fort: »Cleindori Aillard war meine Pflegeschwester. Sie war eine Nedestro ihres Clans. Das bedeutet, sie wurde nicht in einer legitimen Ehe geboren. Sie war die Tochter einer Aillard-Frau und eines Ridenow, eines jüngeren Sohns dieses Clans. Sie trug den Namen Aillard, weil bei uns ein Kind den Namen des Elternteils von höherem Rang bekommt, nicht wie bei euch auf Terra den Namen des Vaters. Sie und ich wuchsen seit der Zeit, als sie ein kleines Mädchen war, zusammen auf. In einer Art Heiratsversprechen, das mehr zwischen den Familien als den betroffenen Personen abgelegt wird, wurde sie meinem älteren Bruder Lewis verlobt. Dann wurde sie auserwählt, zur Bewahrerin von Arilinn ausgebildet zu werden.«
Kennard verstummte. Sein Gesicht war bitter und gedankenverloren. Dann sagte er: »Ich kenne die ganze Geschichte nicht, und ich
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