Darkover 21 - Sharras Exil
ihren Besitz gebracht, um Darkover von neuem mit ihrem Feuer zu verheeren. Diesmal gab es keine Gnadenfrist für mich mehr, und wenn Sharra vernichtet war, würde keiner von uns mehr am Leben sein. Und deshalb musste ich meine Angelegenheiten in Ordnung bringen.
Ich rief Andres zu mir zurück und fragte: »Wo ist das kleine Mädchen?«
»Rella - das ist die Küchenhilfe - hat sich heute um sie gekümmert und sie in dem Zimmer zu Bett gebracht, das Marius als kleiner Junge hatte«, antwortete Andres.
»Wenn ich am Leben bleibe«, sagte ich, »werde ich vielleicht im Stande sein, sie nach Armida zu bringen. Aber sollte mir irgendetwas zustoßen - nein, Pflegevater, hör zu; nichts in diesem Leben ist gewiss. Jetzt, da mein Vater und mein Bruder von uns gegangen sind - du hast uns allen ein Vierteljahrhundert lang treu gedient. Wenn mir etwas zustoßen sollte, würdest du dann Darkover verlassen?«
»Ich weiß es nicht. Darüber habe ich nie nachgedacht«, erwiderte der alte Mann. »Ich bin mit Dom Kennard hergekommen, als wir beide junge Männer waren, und es ist ein gutes Leben gewesen. Aber letzten Endes werde ich wohl doch nach Terra zurückgehen.« Mit freudlosem Grinsen setzte er hinzu: »Ich habe mich oft gefragt, wie es sein würde, meinen eigenen blauen Himmel wieder zu sehen und einen richtigen Mond, nicht diese kleinen Dinger.« Er wies durch das Fenster auf das verblassende Gesicht Idriels, grünlich wie ein Edelstein unter Wasser.
»Bring mir Schreibpapier.« Er tat es, und ich schrieb mit meiner guten Hand, faltete das Blatt und siegelte es.
»Ich kann dir Armida nicht hinterlassen«, sagte ich. »Vermutlich wird Gabriel es nach mir erben; es gehört zur Alton-Domäne. Ich würde es tun, wenn ich könnte, glaub mir. Aber wenn du das hier dem terranischen Legaten in der Handelsstadt bringst, ist deine Reise nach Terra gesichert, und ich möchte Marja lieber von dir erzogen wissen, als sie Gabriels Frau überlassen.« Domna Javanne Hastur hat mich nie gemocht. Ich zweifelte nicht daran, dass sie für einen Verwandten Gabriels ihr Bestes tun würde, aber eben ein kaltes und pflichtschuldiges Bestes. Andres dagegen würde meine Tochter wenn nicht um meinetwillen, dann um meines Vaters und Linnells willen lieben. »Meine Mutter - und mein Vater nach ihr - hatten dort Grundbesitz; dann soll er auf dich übergehen.«
Andres blinzelte, und ich sah, dass seine Augen voll Tränen standen. Er sagte nichts als: »Gott verhüte, dass ich von diesem Papier je Gebrauch machen muss, Vai Dom . Doch wenn irgendetwas passiert, werde ich für das kleine Mädchen tun, was ich kann. Ihr wisst, ich würde sie mit meinem Leben beschützen.«
»Es könnte durchaus dazu kommen«, stellte ich nüchtern fest. Ich wusste nicht, warum, aber plötzlich durchlief mich ein eisiger Schauder: Das Blut erstarrte mir in den Adern, und für einen Augenblick schien es mir, obwohl das ersterbende Licht den ganzen Raum in Rot tauchte, das die Steine um mich mit Blut befleckt waren. Ist das also der Ort meines Todes? Gleich darauf war es wieder vorbei. Andres ging ans Fenster und zog die Vorhänge mit einem Ruck zu.
»Die Blutige Sonne!«, sagte er, und es klang wie ein Fluch. Dann steckte er das Papier, das ich ihm gegeben hatte, in eine Tasche, ohne es anzusehen, und ging.
Das war geregelt. Jetzt brauchte ich nur noch Sharra gegenüberzutreten. Nun gab es kein Entrinnen mehr. Morgen wollten Kathie und ich nach Hali reiten, und mein Plan, Aldones’ Schwert an mich zu bringen und diese letzte Waffe gegen Sharra einzusetzen, würde entweder gelingen oder fehlschlagen. So oder so, ich sah wahrscheinlich keinen neuen Sonnenaufgang mehr. Mein Kopf brannte von den Stichen in meiner Stirn. Narben als Gegenstück zu denen, die Kadarin auf meinem Gesicht hinterlassen hatte… nun, ein altes Sprichwort sagt, dass der Tote im Himmel zu glücklich ist, um noch daran zu denken, was mit seinem Leichnam geschieht, sei er schön oder hässlich, und der Tote in der Hölle dafür zu viel andere Probleme hat. Was mich betraf, so hatte ich weder an den Himmel noch an die Hölle je geglaubt; der Tod war nicht mehr als endloses Nichts und Dunkelheit.
Doch wieder hörte ich in meinem Gehirn meines Vaters letzten Aufschrei… Kehre nach Darkover zurück und kämpfe für deine Rechte und die deines Bruders! Dies ist mein letzter Befehl … und danach, als das Leben ihm entfloh, ein Ruf voll Freude und
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