Darkover 22 - Die Weltenzerstoerer

zu Missy lassen. Wenn er zu ihr durchkommen, wenn er ihr dies klarmachen kann, haben wir vielleicht keine weiteren Schwierigkeiten mit ihr.«
   »Damit gehen wir ein Risiko ein. Wenn sie ihn nun tötet, bevor er zu ihr durchkommt?«
   »Das Risiko will ich gern auf mich nehmen«, fiel Conner ein. »Missy hat mich lebendig aus der Hölle geholt, und ihr meint, ich werde nicht versuchen, sie aus ihrer eigenen Hölle zu retten, worin diese auch bestehen mag?«

Das Zimmer war weiß von dem Licht, das der draußen vor den Fenstern fallende Schnee reflektierte. Missy lag zusammengekrümmt unter einer Decke, blaß und still, das farblose Haar auf dem Kissen ausgebreitet. Ihr Gesicht wirkte schmal und fremd, der Knochenbau trat stark hervor.
   Nein, dachte Conner erschrocken, schön ist sie nicht mehr. Ist sie je schön gewesen, oder war es nur der seltsame Glanz, den sie über ihn geworfen hatte?
   Jason hatte ihm mitgeteilt, sobald die Drogenwirkung abgeklungen sei, werde sie auf natürliche Weise erwachen. Leise setzte sich Conner neben das Bett und wartete. Missy stöhnte, und noch durch ihre verworrenen Träume spürte Conner Kummer, Schock und furchterfüllte Scham. Er nahm ihre schlaffe weiße Hand zwischen seine beiden Hände. Die Haut fühlte sich rauh und hart an und war schwach verfärbt. Conner hatte die medizinische Grundausbildung aller Schiffsoffiziere erhalten, die, wenn es an einem Arzt fehlt, Passagiere und Mannschaftsmitglieder behandeln müssen, und in gewissem Ausmaß konnte er Jasons Bericht folgen. Extremes Ungleichgewicht der Hormone, Verminderung der weiblichen und Überschuß der männlichen, Hirnanhang- und Schilddrüse außer Kontrolle, was die Hautanomalien hervorrief. Abbau des Brustgewebes, teilweise Atrophie der weiblichen Geschlechtsteile, alles beschleunigt…
   »Die hormonale Instabilität ist natürlich induziert«, hatte Jason gesagt, »aber auch der emotionale Schock ist beträchtlich. Ich nehme an, sie hatte keine Ahnung, daß so etwas passieren könnte.«
   Conner erreichte ihren verängstigten Geist, empfing ihr Entsetzen darüber, daß die eine sichere Sache in ihrer Welt verschwunden war, die Faszination, die sie über jeden ausübte, den sie faszinieren wollte. (Hatte ihr Mißerfolg bei David die erste Unsicherheit hervorgerufen?) Conner schickte seine Gedanken hinaus, wie er es gelernt hatte…
   … drehte sich im Raum, ein Punkt des Nichts, ließ seinen Körper zurück, sprach sie an mit seinem inneren Selbst, das nichts mit seinem Körper zu tun hatte:
   Missy, Missy, ich bin hier. Ich bin bei dir. Körper bedeuten uns wenig, wir können sie benutzen oder verlassen, sie genießen oder vergessen. Aber wir sind enger verbunden als beim Liebesakt, wenn wir uns auf diese Weise umarmen…
   Langsam kam er wieder zu sich. Missy hatte ihre großen grauen Augen geöffnet und starrte zu ihm hoch.
   »Dave?« flüsterte sie und lächelte. Seine dunkle Hand schloß sich fest um ihre weiße. Worte waren unnötig, doch er beugte sich über sie und hauchte:
   »Es kümmert mich nicht, was du bist, Missy. Ich liebe dich, und ich brauche dich. Vielleicht kann man dir helfen, aber so oder so gehören wir zusammen und werden dies gemeinsam durchstehen. Jetzt, wo wir uns gefunden haben, ist alles andere unwichtig geworden.«
   Sie war zu schwach, um sich zu bewegen, sie wandte nur das Gesicht und drückte ihre Lippen auf seine Handfläche. Dann schlief sie ein, ihre Hand immer noch in Conners Hand.

11
Tag für Tag strömten sie in die Stadt, in Karawanen und allein, rothaarige darkovanische Telepathen: Comyn und Leute aus dem Volk, Städter und Landbewohner, Adlige und Bauern. Sie hatten nur eins gemeinsam, das feuerrote Haar, auf Darkover seit grauer Vorzeit unlösbar mit den telepathischen Genen und den Laran -Kräften der alten Welt verbunden.
   Nein, sie hatten noch etwas gemeinsam. Jeder einzelne, ob er durch schneeverwehte Pässe oder vom Staub erstickte Trockenebenen gereist war, hatte eine Geschichte über eine sterbende Welt zu erzählen.
   »Als der Boden im Herbst gepflügt werden sollte, hatte er sich in schwarzen Staub verwandelt«, klagte ein verbitterter Mann aus dem Tiefland. »Nicht einmal das Unkraut will mehr wachsen. Das Land ist unfruchtbar wie eine Frau von neunzig Jahren.«
   »Wir sterben an der sengenden Sonne«, stellte ein großer Berglord mit wildem Gesicht fest. Er trug die gestickte Lederkleidung, die es in den