Darkover 22 - Die Weltenzerstoerer
dir dafür, und ich bin gekommen, um dich zu bitten, noch etwas für mich zu tun.«
Keral senkte den Kopf. »Ich werde tun, was ich kann, um dir zu helfen, das weißt du.«
»Du hast mir gesagt, ich gehöre zu deiner Rasse, deiner Art. Ich weiß nichts, nichts von meinem Volk. Ich war ein Findling, buchstäblich weggeworfen mit noch blutenden Geburtswunden, weggeworfen wie eine Fehlgeburt.« Ihr Gesicht war bitter von einer alten Qual, und Keral schüttelte bestürzt und ungläubig den Kopf.
»Das verstehe ich auch nicht. Unserm Volk sind Kinder unaussprechlich kostbar, sie sind geliebt, willkommen, Grund für Jubel und Freude. Daß eine Frau der Chieri ihr eigenes Kind zum Sterben aussetzen sollte… vielleicht ist sie selbst gestorben, oder sie war wahnsinnig… «
»Du hast einen Beweis dafür bekommen, daß wir wahnsinnig werden können«, bemerkte Missy mit traurigem Lächeln. »Oh, ich glaube dir, was du sagst, ich habe dich mit dem Kind in den Armen gesehen, dem Kind von Regis Hasturs Frau, und offensichtlich hat es auch in dir tiefe Empfindungen ausgelöst. Aber ich möchte mehr über dein Volk wissen.«
»Du sollst alles erfahren, was ich selbst weiß«, versprach Keral, und David ergänzte: »Es gibt Legenden über Chieri, die unter Menschen gingen. Desideria kennt sie und hat versprochen, sie Keral und mir zu erzählen. Warum kommst du nicht mit uns, Missy? Ich bin überzeugt, Desideria würde sich freuen… «
Missy zuckte ein bißchen zusammen, dann lachte sie. Wie Keral hatte sie ein zauberhaftes Lachen, hell und klar wie das Läuten eines Glöckchens. »Ich habe immer noch Angst vor ihr«, gestand sie, »aber auch sie hatte nicht die Absicht, mir weh zu tun. Und ich muß lernen, keine Angst zu haben.«
»Das ist wahr«, erwiderte David ernst. Irgendwie wurde zwischen ihnen ein starkes Band gewoben, und aller Groll mußte verschwinden… Er war sich nicht sicher, warum, aber es gehörte zu dem, was er eines Tages werden mußte.
Jetzt kam es ihm unglaublich vor, daß er gar nicht nach Darkover hatte kommen wollen.
Früher war er nur halb am Leben gewesen. Die Eigenschaft, die er für eine Deformierung gehalten hatte, stellte jetzt den wichtigsten Teil seiner Persönlichkeit dar. Er nahm den vertrauten Kontakt mit Keral auf. Sollte er das wieder verlieren, wäre es für ihn schlimmer, als zu erblinden.
12
»Diese Legende wurde in der hohen Zeit der Comyn erzählt, Jahre bevor die Terraner hierherkamen. Ich hörte sie, als ich ein junges Mädchen war und auf Burg Aldaran als Matrix-Bewahrerin und Technikerin ausgebildet wurde. Aber sie ist viel, viel älter.
In der alten Zeit, als die Lords der Täler in Thendara Gericht hielten und von Arilinn nach Carthon ritten, war in Carthon ein Lord des Alten Volkes König über alle, die dort lebten. Es gab damals noch keine Sieben Domänen und keine Comyn.
Da war ein Mädchen unter dem Schönen Volk des Waldes, Kierestelli mit Namen, was in der Sprache der Täler Kristall bedeutet. Die Legenden machen viel Rühmens von ihrer Schönheit, aber Schönheit liegt in den Augen der Liebe und nicht in einer einzelnen Eigenschaft. In jenen Tagen herrschte eine böse Königin im Wald, und sie vertrieb Kierestelli. Das Mädchen floh in das Land der Talbewohner, und dort begegnete sie an dem Brunnen von Reuel dem Lord von Carthon. Er nahm sie mit sich auf seine Burg in der alten Stadt, die heute von den Wassern der Bucht der Träume bedeckt ist, jenseits der Insel Mormallor, und dort lebten sie glücklich. Es verbreitete sich aber das Gerücht, sie werde von ihm gefangengehalten, und die Chieri-Lords schickten einen großen Schatz an Gold und Edelsteinen als Lösegeld. Denn sie wußten, das Volk des Tals schätzte diese Dinge, die den Chieri nichts bedeuten. Kierestelli wollte jedoch bei dem Lord von Carthon bleiben, weil sie ihn liebte, so daß der Lord von Carthon den ganzen Schatz bis auf einen einzigen Goldring zurückschickte, und der Ring ist im Hause Hastur lange Zeit weitervererbt worden.
Der Schatz des Waldvolkes ist eine Legende in den Venzabergen, denn als der Lord von Carthon ihn zurückschickte, wurde die Karawane überfallen und erreichte den Gelben Wald nie. Da sagte Kierestellis Vater: Diese Leute wollen sowohl das Gold als auch die Frau behalten, und er versammelte seine Krieger zur Schlacht, um sie zu retten. Doch bevor der erste Pfeil flog, kam Kierestelli aus der belagerten Burg, im Hemd und
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