Darkover 22 - Die Weltenzerstoerer
Kleider. Er zog sich ohne eine Spur von Scheu oder erotischem Bewußtsein aus. David dagegen hatte Hemmungen. Für ihn bedeutete Nacktheit Intimität und hatte sexuelle Obertöne, machte ihm Kerals und seinen eigenen Körper bewußter. Er war froh, daß sie sich schon unter unpersönlicheren Bedingungen gesehen hatten, und doch war ihm, als sehe er Keral zum ersten Mal. Keral war groß, mehrere Zoll größer als der hochgewachsene David, und sein zarter, feinknochiger Körper war hell und bis auf einen schwachen silbrigen Schatten über den Lenden haarlos. Obwohl die Brüste klein waren, fiel es nicht mehr schwer, sie als feminin zu betrachten. Neben Keral kam David sich grob, rauh und beinahe affenhaft maskulin vor.
Eine Zeitlang standen sie da, sahen sich an und versuchten, ihr altes Selbst in dieser neuen Zeit und an diesem neuen Ort wiederzufinden. Dann erschauerte Keral leicht und breitete die Arme aus. Sie umarmten sich behutsam, nicht zu eng. David, sich der Gefahr der Hysterie bewußt, unterdrückte das in ihm aufsteigende Lachen. Statt dessen küßte er Keral von neuem, und diesmal gab es eine zögernde, unendlich scheue Reaktion. Als sie sich voneinander lösten, sagte Keral schüchtern: »Ich weiß nicht einmal… welche Formen des Liebesspiels… bei euch üblich oder erlaubt sind.«
Ein starkes Verlangen machte David schwindelig. Er mußte gegen den Impuls ankämpfen, Keral mit aller Gewalt an sich zu pressen, eine Reaktion zu erzwingen… die Langsamkeit der Entwicklung war Folter, ein Vor und Zurück, eine Tantalusqual… doch er beherrschte sich, denn das wäre bestimmt eine Sackgasse gewesen. Eine Vergewaltigung, so vermutete er, war wohl körperlich unmöglich, und selbst wenn sie möglich wäre, was würde sie bringen außer Entfremdung und Widerwillen? Sehr sanft antwortete er: »Mein Lieber, kommt es darauf an, was üblich ist? Dies ist keine übliche Situation. Du sagtest, nichts, was ich tun würde, könne dich gegen mich einnehmen. Ich empfinde ebenso. Wir müssen uns einfach Zeit lassen und abwarten, was geschieht.« Damit hatte er die richtigen Worte gefunden. Während die unendlich zarte Polarität vom Männlichen zum Weiblichen umschlug, würde Keral scheuer, passiver werden, und David mußte die Führung übernehmen.
Eine erfahrene Frau kann einen jungen oder schüchternen Mann führen. David wußte jedoch nicht einmal, wieviel Erfahrung Keral mit Wesen seiner Art hatte, und auf jeden Fall wäre diese Erfahrung jetzt irrelevant. David mußte die Initiative ergreifen und trotzdem genau auf Erwiderung oder Abwehr bei Keral achten.
Er zog Keral neben sich nieder. Sie lagen sich in den Armen und küßten sich sanft. Langsam erwachte die Leidenschaft. Schließlich schnappte David nach Luft und stieß heiser hervor: »Das ist nicht zu schnell für mich - nur könnte es zu schnell für dich sein, Keral.« Er nahm Kerals Hand und leitete sie, aber Keral riß sich heftig los.
Ganz kurz wallte Zorn in David auf. Nichts hatte ihn darauf vorbereitet, daß Keral prüde sein könne. Gleich darauf wurde er wieder vernünftig (er mußte denken! Ganz gleich, ob Erektion, ob Begehren, er durfte nicht seinen Körper für sich denken lassen) und sagte sich, daß Keral Angst hatte. Es war eine physische Angst, und wenn sie die Oberhand gewann, waren sie gescheitert. Kerals ganzer Körper bebte von der Anstrengung, diese Angst zu verbergen, aber sie war wie ein Geruch. David setzte sich auf und rückte ein Stück von ihm ab.
»Siehst du? Ich habe mich immer noch unter Kontrolle, Keral. Ich habe es dir versprochen; nichts, für das du nicht bereit bist. Ich wünschte nur, du hättest es mir gesagt, bevor es so schlimm wurde. Ich kann deine Gedanken jetzt nicht lesen, deine Emotionen verwischen alles. Deshalb mußt du mit mir reden.«
»Das ist es nicht. Ich wollte, daß du mich berührst, aber… «
Einer plötzlichen Intuition folgend, fragte David: »Unterscheide ich mich so sehr von einem deiner Leute in der männlichen Phase? Genug, um dich zu ängstigen?«
»Eigentlich nicht, obwohl… du stärker bist, als ich geglaubt habe. Ich bin - es ist schwer, das zu sagen -, ich bin anfangs immer etwas ängstlich. Aber das ist es nicht allein. Bei uns geht die Veränderung immer weiter, und wenn du jetzt schon so bist, fürchte ich, daß später, wenn ich bereit bin… »
Nun zitterte er heftig, war den Tränen nahe, und David verstand. Er hätte beinahe gelacht, es
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