Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
versprach, seinen Eltern schwer im Magen lag.
Dennoch musste er etwas tun, und zwar rasch. Domenic drehte sich um und wollte losgehen, doch dann hielt er inne.
Er dachte wie ein verängstigtes Kind. Bevor er irgendetwas tat, musste er sich selbst in den Griff bekommen. Ruhig, Domenic, und immer langsam – heute Nacht passiert noch nichts. Nachdem er eine Minute lang fieberhaft in verschiedene Richtungen gleichzeitig gedacht hatte, begann er zunächst seine Gefühle von allem anderen zu trennen. Niemand außer ihm wusste, wie Vancof aussah. Und die beiden anderen. Er blickte sich nach den Männern in der Lederkluft um, aber sie schienen verschwunden zu sein. Nein, dort waren sie, auf dem Weg zum Stadttor – und er hatte nicht einmal den geringsten Blick auf ihre Gesichter erhascht! Ein schöner Spion war er.
Würde er sie wieder erkennen, an ihren Hinterköpfen, ihrer Haltung und ihrem Gang? Einen Moment lang war er hin- und hergerissen – sollte er sie zurück in die Stadt verfolgen und dann in die Burg gehen, oder sollte er bleiben, wo er war?
Schließlich entschied er, dass er die beiden durchaus wieder erkennen würde und dass es wahrscheinlich am besten war, er blieb noch eine Weile hier. Sein erhofftes Abenteuer entwickelte sich in unerwarteter Weise, und schließlich gab es keinen Grund zur Eile.
Wie kam ein Terraner dazu, einen Wagen des Fahrenden Volks zu kutschieren? Domenic wollte jetzt mehr wissen.
Vielleicht hätte er noch ein bisschen länger bei den Wagen bleiben und lauschen sollen oder die Alton-Gabe benützen, um den Fremden gewaltsam Informationen zu entreißen … der Gedanke stieß ihn ab. Mutter hatte Recht – er war einfach zu brav.
Domenic kam zu Bewusstsein, wie viel Angst er hatte und wie allein er sich fühlte. Er wäre gern weggerannt, und gleichzeitig wollte er bleiben. Schließlich musste er alles im Auge behalten. Es war seine Pflicht. Er konnte doch nicht einfach loslaufen … aber warum eigentlich nicht? Immerhin versuchte er, seinen Vater zu beschützen. Und all die andern. Doch dann wurde ihm klar, dass er das Problem gar nicht an die Erwachsenen weiterreichen, sondern dabei sein wollte – ein Abenteuer erleben. Wenn er jetzt zurückging, würde man ihn bestrafen und vielleicht nicht einmal ernst nehmen.
Wäre er wegen des rothaarigen Mädchens nicht so neugierig gewesen, dann wäre das alles nicht passiert, und das Komplott wäre nicht entdeckt worden. Falls es überhaupt ein Komplott gab, und falls dieser Kommandant – sie meinten höchstwahrscheinlich Belfontaine – Granfells Plan weiterverfolgte. Und wenn Domenic es allen in der Burg erzählte und Glauben fand, säße er in der Falle. Seine Eltern würden ihn mit so vielen Wächtern umgeben, dass er keine Luft mehr bekäme. Er würde wieder zu einem kleinen Jungen werden.
Diesen Gedanken konnte Domenic nicht ertragen. Das hier war sein Abenteuer, und er war entschlossen, es bis zum Ende durchzustehen. Er hatte es gründlich satt, ein Gefangener auf Burg Comyn zu sein, und eine Rückkehr garantierte ihm, dass es so blieb. Andererseits löste es Angst und Zorn bei seinen Eltern aus, wenn er mitten in der Nacht weglief. Dieser Tatsache sah er nicht gern ins Auge, aber es blieb ihm nichts anderes übrig. Das hieß, er musste die Sache jemandem erzählen, der ihn verstand und ihm glaubte, der ihn aber nicht auf der Stelle zurückschleifen würde.
Domenic fiel nur ein Mensch ein, der wissen würde, was zu tun sei. Lew Alton. Sein Großvater hatte für alles Verständnis.
Er würde sicherstellen, dass sich Marguerida und Mikhail keine Sorgen machten, und ihm sagen, wie er weiter vorge hen sollte. Das entschärfte das Abenteuer zwar ein wenig, aber er musste schließlich verantwortungsvoll handeln. Die Entscheidung, Lew zu vertrauen, löste ein Gefühl der Erleichterung in ihm aus.
Domenic überquerte die Wiese in Richtung der Essenstände. Dann kauerte er sich neben eine offene Feuerstelle, zog sich die Kapuze über den Kopf und konzentrierte sich. Er hoffte, einfach nur wie ein müder Junge auszusehen, der sich aufwärmte, denn er wollte vorläufig unsichtbar bleiben. Er schloss die Augen.
Großvater!
Domenic? Was gibt es?
Ich … ich liege nicht krank im Bett. Ich habe mich nur krank gestellt, damit ich mich wegschleichen konnte und …
Besuchst wohl die Amüsierbetriebe von Thendara, was?
Eine gewisse Belustigung schwang in dem Gedanken mit.
Nein, Großvater. Die Idee, er könne sich davonschleichen, um ein Freudenhaus zu
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