Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
handgemaltes Schild über der Tür des Gasthauses, das farbenfrohe und fröhliche Bild eines prächtigen Hahns, der stolz den Kopf in den Nacken warf.
Das Gasthaus war ein großes, steinernes Gebäude mit einem Schieferdach. Der Hauptteil ragte drei Stockwerke hoch auf, mit schmalen Fenstern zur Hofseite. Domenic zählte ein halbes Dutzend Schornsteine auf dem Dach, aus denen Rauch stieg. Zwei Anbauten gingen im rechten Winkel von dem Gebäude ab, eines mit den Ställen, während das andere ein Geflügelgehege voll gackernder Vögel und außerdem Käfige mit Rabbithorns beherbergte. Es stank entsetzlich, aber daran würde er sich bestimmt gewöhnen, so wie es die Leute tun mussten, die dort arbeiteten.
Domenic betrachtete alles genau, wie es ihm seine Ausbilder beigebracht hatten: die schwere Holztür des Gasthauses, die mächtigen Wände und die winzigen Fenster, die so hoch über dem Boden lagen, dass niemand hineinklettern konnte.
Obwohl es ein freundliches Haus zu sein schien, sah man ihm an, dass bei seinem Bau auch auf Wehrhaftigkeit geachtet worden war.
Als Domenic etwa acht Jahre alt war, hatte man ihn nach Arilinn gebracht, und dabei musste er durch diese Stadt gekommen sein. Aber sie waren in einer geschlossenen Kutsche gereist, und außer deren Innerem hatte er nichts gesehen. Er dachte nicht gern an diese Reise zurück, denn er hatte zwar das Zuhause seiner Vorfahren aus der Alton-Linie gemocht, aber in Gegenwart seiner Großmutter hatte er sich äußerst unwohl gefühlt. Jetzt blieb er zurück, ein bisschen scheu angesichts so vieler Leute, und beobachtete, wie ein Mann mittleren Alters geschäftig aus dem Gasthaus kam und sich ihnen näherte. Er war groß und nahezu kahl, mit einigen grauen Haarbüscheln. Als er zu ihnen trat, sah Domenic, dass er strahlend blaue Augen hatte und eine kleine Nase über einem freundlichen Mund.
Rafaella begrüßte ihn fröhlich. »Hallo, Evan. Das sind Ian MacAnndra und sein Neffe Tomas. Evan MacHaworth, der beste Wirt auf ganz Darkover.« Sie grinste bis über beide Ohren.
»Ach was, das sagt Ihr bestimmt zu allen Wirten, Mestra. Willkommen im Krähenden Hahn«, entgegnete Evan freundlich und streckte Herm ohne die Spur einer Verbeugung die Hand entgegen. Dann schob er die Gruppe ins Gasthaus.
Der Eingangsraum war geprägt von den weiß getünchten Wänden, dem Boden aus Steinfliesen und den dunklen Balken an der Decke. Es roch nach gebratenem Geflügel, Holzrauch und Bier, dazu kam der Schweißgeruch der Maultiertreiber, die vor ihnen eingetroffen waren. Domenic hörte Stimmen aus einem Raum nebenan, wo ein lärmender Haufen saß, aber ihm gefiel der Radau, den sie machten, und er war enttäuscht, als Evan sie in den Raum auf der anderen Seite führte.
Ein loderndes Feuer beleuchtete ein Gastzimmer mit langen Tischen. Hier waren die Wände mit dunklem Holz verkleidet, das so blitzblank poliert war, dass es den Feuerschein reflektierte. Domenic sah zu den Balken an der Decke empor und stellte fest, dass sie mit Schnitzereien verziert und in einem bunten Muster bemalt waren. Auf dem Kaminsims entdeckte er eine Sammlung von Hähnen, die aus Holz, Stein oder Ton gefertigt waren. Sie sahen lustig aus, und er lächelte.
Evan bemerkte sein Interesse an den Figuren. »Gefallen dir unsere Hähne?« »So etwas habe ich noch nie gesehen«, antwortete Domenic und fragte sich besorgt, ob es irgendwie falsch gewesen war, sein Interesse zu zeigen.
»Eine Idee meiner Frau. Sie hat mit einem angefangen, den sie in Thendara entdeckt hat – der große Bunte hier mit der roten Lasur –, und daraufhin bat sie unsere Stammgäste, nach weiteren Ausschau zu halten. Und so kommt oft ein Kaufmann oder Kutscher vorbei und schenkt ihr einen neuen. Wir haben sogar Hähne aus den Trockenstädten und zwei aus dem Gebiet von Ardais. Und dieser Winzling hier ist ein Geschenk von Rafaella.« Er zeigte auf einen sehr kleinen Hahn aus grünem Stein.
»Sie sind wunderschön«, sagte Domenic.
»Meine Frau wird geschmeichelt sein, dass sie dir gefallen. Ich werde nicht vergessen, es ihr auszurichten, wenn sie wiederkommt – ihre Schwester kränkelt, und sie ist zu ihr gefahren und kümmert sich um sie.« Herm hatte sich bereits an einem der Tische niedergelassen, und ein Junge, der die Gäste bediente, stellte ungefragt einen großen Krug Bier vor ihn hin. Rafaella nahm gegenüber von ihm Platz, und Domenic beschloss, sich zu ihnen zu setzen.
Die Wärme vom Kamin tat gut nach dem Ritt in der
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