Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
unterzukriegender kleiner Bruder sich in Bälde eine noch größere Freveltat ausdenken würde. Sollte er ruhig – Rhodri hatte jedenfalls noch kein Mordkomplott gegen ihren Vater aufgedeckt!
»Ich glaube, ich habe mir das Kreuz verrenkt, Mestra Rafaella«, verkündete Herm und holte Domenic in die Gegenwart zurück. »Meint Ihr, es gibt einen guten Heiler in der Stadt?« Rafaella schaute einen Moment verdutzt, dann schien sie die Absicht hinter den beiläufig geäußerten Worten zu begreifen. »Nicht nötig. Wir haben unsere eigene Heilerin.« Sie deutete zu einer der Frauen an der Tafel. »Danila kümmert sich um alle unsere Wehwehchen und Schmerzen. Aber ich denke, wir sollten heute Nacht hier bleiben. Ich hab keine Lust darauf, dass Ihr mir unterwegs krank werdet. Ich gehe und lasse von Evan einige Zimmer herrichten.« Sie stand auf und schlenderte vor sich hin summend hinaus. Einige Minuten später kam sie mit dem Wirt zurück, der über das ganze Gesicht strahlte. MacHaworth führte Herm und Domenic nach oben in ein freundliches Zimmer. Darin standen ein großes Bett, eine abgenutzte Kommode und ein Tischchen mit einem Krug und einer Waschschüssel darauf.
Schwere Vorhänge hingen vor dem schmalen Fenster, und es gab sogar einen kleinen Kamin. Der Raum duftete nach Balsam und Sauberkeit. Der Wirt erklärte ihnen, wo das Badezimmer war, und empfahl sich.
Fast unmittelbar darauf klopfte eine der Entsagenden an die Tür. Sie hatte das Bettzeug der beiden in den Händen, das ihr Domenic mit einem raschen Danke abnahm. »Wenn Ihr es wünscht, ruft mich, dann komme ich und sehe, ob ich Euren Rücken wieder einrenken kann, Mestru MacAnndra«, sagte sie. Sie war eine kräftige Frau mit großen Händen und sah ganz danach aus, als könnte sie eine Wirbelsäule im Nu wieder gerade biegen.
Die beiden klaubten ihre wenigen Habseligkeiten auseinander und verstauten alles in den Schubladen der Kommode, dann steuerten sie in geselligem Schweigen das Badezimmer an. Domenic freute sich, einen Schrank mit festen Handtüchern und mehreren schweren Bademänteln zu entdecken. Er zog sich aus und wackelte mit den Zehen auf dem Bretterboden. Dann stieg er in die dampfende Gemeinschaftswanne und tauchte ins Wasser.
Herm kam ebenfalls und stöhnte vor Wonne. » Das habe ich vermisst.« »Wie? Haben die Terraner keine Badezimmer?« Doch, natürlich, aber die sind nichts gegen das hier. Ich finde, wir sollten lieber nicht laut sprechen. Ich glaube zwar nicht, dass Spione der Föderation im Gebälk lauern, aber die Diener könnten tratschen. Und bei Ausdrücken wie Föderation oder Terraner spitzen sie bestimmt die Ohren. Nachdem ich gut zwanzig Jahre in einer winzigen, engen Wohnung gelebt und mich in einer Schalldusche gesäubert habe, ist das hier jedenfalls wahrer Luxus!
Aber wieso? Domenic hatte zwar keine Ahnung, was eine Schalldusche sein könnte, wollte jedoch seine Unwissenheit nicht zeigen. Eine winzige Wohnung? Das stimmte nicht mit seinem Eindruck von der Föderation überein, den er aus Äußerungen seiner Mutter und seines Großvaters gewonnen hatte.
Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie voll es auf den meisten Welten der Föderation ist, und das trotz aller Bemühungen um Geburtenkontrolle. Das ist auch einer der Gründe, warum sie so versessen darauf sind, andere Planeten auszubeuten.
Allein auf Terra leben mehr als achtzehn Milliarden Menschen, und das beansprucht die Ressourcen dort gewaltig.
Wasser ist, wie alles andere, besteuert und rationiert. Ein Zimmer wie dieses hier würde man als Verschwendungssucht betrachten, selbst im wohlhabendsten Zuhause, und für einen bloßen Regierungsfunktionär wie mich wäre es undenkbar. Es gibt natürlich ein paar Senatoren, die so reich sind, dass sie sich ein Badezimmer leisten könnten, aber nur die wenigsten davon würden es riskieren, sich eins zuzulegen.
Ich verstehe noch immer nicht, Onkel Ian.
Ich muss schon sagen, diese Onkelgeschichte hört sich wunderbar an. – Es ist alles sehr schwer zu erklären, aber ich werde es versuchen. Du musst wissen, viele Vertreter der Föderation behaupten hartnäckig, dass strenge Sparmaßnahmen notwendig sind, damit alles reibungslos funktioniert. Das gehört zur Philosophie der Expansionisten – die Föderation habe nicht genügend Ressourcen, um für ihre Bürger zu sorgen, und müsse diese durch Ausbeutung anderer Planeten erweitern.
Als Folge davon ist Wasser rationiert und mit einer Steuer belegt, Essen ist ebenfalls
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