Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
Stimme, sie fühlte sich ihr verwandt. »Mir war bis zu diesem Moment gar nicht bewusst, wie sehr ich mir eine andere Künstlerin hier gewünscht habe, mit der ich über mein … Werk reden kann. Und du hast natürlich Recht – es würde an mir zehren.« Und dann wurde ihr klar, dass sie und Kate nicht nur ähnliche Neigungen hatten – hier war endlich jemand, der ihr Bedürfnis nach Musik verstand. Denn so sehr Mikhail sie auch liebte, diese Seite von ihr hatte er nie zu begreifen vermocht. Selbst ihre Freunde in der Musikergilde konnten nicht nachvollziehen, wie wichtig ihr diese Arbeit war, und betrachteten sie nur als eine Amateurin aus vornehmem Hause.
»Ich wünschte, wir kämen schneller voran«, sagte Kate. »Das könnten wir, wenn die Wagen und Kutschen nicht wären. Mikhail und ich haben die Strecke zwischen den Toren Thendaras und den Ruinen des Turms von Hali vor langer Zeit mit einem scharfen Ritt von vier Stunden zurückgelegt. Das war allerdings mitten in der Nacht, und ein Schneesturm zog auch noch auf!« »Klingt aufregend.« »Naja, so aufregend es eben ist, wenn man friert, schreckliche Angst hat und unter einem Zwang steht. Nur die Ruhe, wir kommen früh genug nach Carcosa, und du kannst Herm noch ausgiebig die Leviten lesen.« »Wirst du denn das Gleiche mit Domenic tun?« »Wahrscheinlich nicht. Ich werde so froh sein, ihn wieder in meiner mütterlichen Gewalt zu wissen, dass ich ihm wohl verzeihen werde. Bis auf dieses eine Mal war er immer ein sehr braver Junge.« »Diesen Eindruck hatte ich nach unserer kurzen Bekanntschaft bei jenem ersten Abendessen auch. Er und Rhodri sind sehr verschieden, oder?« »Allerdings. Es gibt da etwas, das ich dich fragen wollte, Kate, aber ich hab mich bisher nicht getraut.« »Nur zu.« »Was hast du mit unserer Schwägerin angestellt? Das war nur halb im Scherz gemeint, als ich fragte, ob du sie verhext hast.« »Getan habe ich eigentlich gar nichts, außer vielleicht, dass ich sie als Mensch gesehen habe und nicht als eine Aldaran.« Sie zögerte, als befürchtete sie, ihre Gesprächspartnerin beleidigt zu haben. »Als Porträtmalerin lernt man sehr viel über Menschen, weil sie immerzu über sich reden, selbst wenn ich gerade versuche, ihren Mund auf die Leinwand zu bannen.
Deshalb bin ich eine gute Zuhörerin geworden. Und als Gisela mich zu Meister Gilhooly brachte, haben wir uns auf der Fahrt unterhalten, und ich habe herausgefunden, dass sie gar keine schlechte Frau ist. Man muss ihr nur zuhören können, ohne wegen ihrer Familie Vorurteile zu haben.« Kate zögerte kurz.
»Ich glaube übrigens, du hast Recht, was meine Empathie angeht – ich habe wirklich eine Menge davon. Mir ist aufgefallen, dass ich anscheinend einen sechsten Sinn für andere Leute besitze. Ich habe nur noch nie darauf geachtet, außer dass ich immer gemerkt habe, welche Leute mich zusammenzucken lassen und nervös machen. Bei Gisela ist das nicht so, genauso wie es bei Herm nie der Fall war.« »Und sie hat sich derart verändert, nur weil du ihr zugehört hast?« Marguerida konnte es nicht recht glauben.
Kate lachte. »Nein, wohl kaum. Ich habe ihr geholfen, an andere Dinge zu denken als daran, wie unglücklich sie ist. Und ich glaube, es war auch wichtig, dass Mikhail zu Rafael gegangen ist und ihn zu dieser Ratssitzung mitgenommen hat. Gisela macht sich sehr viel aus ihrem Mann, und sie kam sich absolut erbärmlich vor, weil sie der Grund für Rafaels Entfremdung von seinem Bruder war.« Sie deutete nach vorn, wo Rafael Lanart eine Pferdelänge hinter Mikhail ritt. »Das war auch der Grund, warum Dom Damon sie geschlagen hat.« »Wie das?« »Wenn ich Gisela recht verstanden habe, hat ihr Vater sie vor Jahren zu allerlei Dummheiten angestiftet, weil er die beiden Brüder entzweien wollte, nur wusste sie nichts von seiner Absicht. Und als er entdeckte, dass sich die beiden wieder vertrugen, ließ er es an ihr aus.« »Ich dumme Gans. Ich hätte mir denken können, dass irgendetwas in der Art passiert ist. Natürlich, jetzt ergibt alles einen Sinn!« Kate schüttelte den Kopf. »Wie schön für dich, ich tappe nämlich immer noch ziemlich im Dunkeln. Ich verstehe euch nicht und weiß nicht, ob ich es je tun werde. Aber ich sehe, was offensichtlich ist – dass mein Schwiegervater die Absicht hatte, Mikhail zu stürzen und Rafael an seine Stelle zu setzen.« »Und Gisela ist ihm genau in die Falle gegangen, die Arme.« »Meine Breda ist nicht arm, Marguerida, keineswegs.
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