Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
Zuges. Beide waren angespannt und wachsam, und die Stimmung der Gardisten um sie herum war düster. Hufschlag, das Klirren von Zaumzeug und das gelegentliche Schnauben eines Tieres durchdrangen als einzige Geräusche eine zunehmend bedrückende Stille. Marguerida schluckte, ihre Kehle war trocken, und sie begann eine kleine Melodie zu summen. Mikhail warf ihr einen Blick zu, als er die Töne hörte, und lächelte schwach.
Das Mittagsmahl war chaotisch, geräuschvoll und fast fiebrig verlaufen; allen schien bewusst, dass es ihr letztes sein konnte, und sie wollten das Beste daraus machen. Marguerida war erleichtert gewesen, Domenic wiederzuhaben, und freute sich, dass sie ihn überreden konnte, in einer der Kutschen zu fahren anstatt zu reiten. Eine Kutsche bot zwar nicht viel Schutz, aber wenigstens würde er während des eigentlichen Kampfes nicht zu sehen sein. Hoffentlich behielt sie Recht. Es war leichter, sich über ihren Sohn den Kopf zu zerbrechen, als an das zu denken, was sie weiter vorn erwartete.
Rafaella hatte ihnen eine klare Vorstellung vermitteln können, wo genau der Hinterhalt wahrscheinlich stattfinden würde. Sie und die übrigen Entsagenden hatten seit dem Vorabend einiges an Spionagetätigkeit geleistet und konnten recht exakt Stärke und Aufenthaltsort des Feindes bestimmen.
Was sie nicht wussten und was Mikhail und Marguerida die größten Sorgen bereitete, war die Art der Bewaffnung, der sie sich gegenübersehen würden. Rafaella sagte, die Männer würden darkovanische Kleidung tragen und schienen Knüppel und Kurzschwerter mit sich zu führen. Aber Marguerida konnte einfach nicht glauben, dass die Truppen der Föderation nicht versuchen würden, ihre überlegenen Waffen gegen den Trauerzug einzusetzen.
Sie holte tief Luft und lenkte ihre Gedanken in weniger belastende Bahnen. Sie wollte sich ihre Energien für den Angriff aufheben, dort würde sie alle ihre Sinne beisammenhaben müssen, und wenn sie jetzt anfing, sich Einschläge von hochtechnischen Waffen vorzustellen, würde sie erschöpft sein, bis sie auf den Feind trafen. Stattdessen wandte sie ihre Gedanken Illona Rider zu, die vielleicht Dyan Ardais’ Tochter war.
Dyans Verhalten machte deutlich, dass es ihm widerstrebte, das Mädchen anzuerkennen. Marguerida hatte ihn nie ga nz verstanden, es war schließlich keine Schande, Negestro-Kinder zu zeugen, und jedes einzelne darkovanische Kind war überaus kostbar! Er hätte frohlocken sollen, weil er wusste, dass noch ein Kind von ihm lebte! Irgendetwas musste jedenfalls mit Illona geschehen, ob Dyan sie anerkannte oder nicht.
Marguerida seufzte. Eine Pflegefamilie wäre die nahe liegende Antwort, aber sie war sich nicht sicher, ob sie selbst noch eine Heranwachsende bei sich aufnehmen wollte. Alanna machte schon genug Schwierigkeiten, und sie hatte den Verdacht, dass ihr problematisches Mündel gewiss nicht gern mit einer Rivalin um die Zuneigung ihrer Umgebung buhlen würde.
Überdies dürfte Domenic ziemlich sicher zwischen den beiden Mädchen in der Klemme sitzen.
Sie dachte daran, was man ihr vor sehr langer Zeit gesagt hatte: »Ein nicht ausgebildeter Telepath stellt eine Gefahr für sich und seine Umgebung dar.« Das Mädchen brauchte ebenfalls eine Ausbildung. Und zweifellos hatte Domenic mit seiner Vermutung Recht, dass Illona die Alton-Gabe besaß. Marguerida hatte das Laran des Mädchens gefühlt, und es ähnelte ihrem eigenen so sehr, dass sie ihrem Sohn glaubte. Aber sie war nicht der Ansicht, dass Arilinn ein sehr angenehmer Ort für ein Kind des Fahrenden Volks wäre. Vermutlich würde Illona nach den ersten Zurückweisungen durch andere Schüler einfach ausreißen. Nein, entweder sie nahm das Mädchen selbst in Pflege, oder sie schickte es in einen Turm wie Tramontana. Doch sich jetzt darüber Sorgen zu machen, half ihm überhaupt nicht weiter.
Gegen besseres Wissen wandte sich Marguerida wieder der Gegenwart zu. Hatten sie alle Möglichkeiten bedacht? Konnten sie und Mikhail mit der vereinten Energie ihrer beiden Matrizen genügend eigene Leute beschützen und dem Angriff Einhalt gebieten? Sie hatten versucht, die Grenzen ihres Vermögens auszuloten, und wussten, dass sie einen Pfeil mühelos aufhalten konnten. Es war eine nervenaufreibende Übung gewesen, nicht nur für sie, sondern mehr noch für den armen Gardisten, der aufgefordert wurde, mit dem Boge n nach ihnen zu zielen. Aber ob sie auch den Schuss aus einer terranischen Waffe abwehren konnten, war eine
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