Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
auf allen Vieren entgegen. Ich reiße die Axt nach oben, weiche im richtigen Moment nach hinten aus und führe den Streich so stark und so entschlossen wie möglich. Ich treffe. Es poltert, als würden Kegel auf den Holzboden fallen. Die Wucht des Schlags wirft mich um. Ich springe sofort wieder auf die Beine, hebe erneut die Axt an, bereite mich auf den nächsten Angriff vor und weiche langsam nach hinten aus.
Es bleibt still. Doch ich traue dem Frieden nicht. Das Ding will mich verrückt machen. Es lauert irgendwo, und sobald ich mich sicher fühle, wird es über mich herfallen. Es wird kommen, da bin ich sicher. Mein Fuß stößt gegen etwas Hartes. Ich sehe nach unten und zucke zusammen.
Das Monster liegt zu meinen Füßen. Regungslos, in einer großen Blutlache, den Mund weit aufgerissen und zu einem hämischen Grinsen entstellt. Fassungslos starre ich die bleiche Bestie an. Das Ding ist tot, doch selbst jetzt noch scheint es zu triumphieren.
Und in diesem Moment, als es still vor mir liegt, erinnert mich diese Fratze an irgendetwas. Ich weiß nur noch nicht, an was …
Plötzlich überfällt mich mit bleierner Schwere die Müdigkeit. Ich kann mich kaum mehr auf den Beinen halten. Ich brauche Schlaf. Dringend. Tiefen Schlaf.
Ich schlurfe durch die Gänge auf der Suche nach einem sicheren Schlafplatz. Denn ich brauche Kraft. Viel Kraft. Für morgen.
Für den 56 Stock.
Doch am meisten Kraft brauche ich für eine Antwort.
Eine Antwort auf die Frage:
»Kennen Sie den Darkside Park?«
Frischling, Frischling
von Raimon Weber
Kapitel 17 - Band 3
Willkommen in Porterville, der freundlichen Stadt im Herzen von Maryland. Es ist mir eine Ehre, Sie als Gast bei uns begrüßen zu dürfen. Seien Sie versichert: Wir werden alles tun, um Ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten.
Getreu dem Leitspruch unserer Stadt: »Pflücke den Tag wie eine reife Frucht, aber drücke niemals den Knopf des 56. Stockwerks.«
Doch beginnen wir nun mit der Geschichte meines ehrwürdigen Nachfolgers Mr. Kipling …
Die Fahrstuhltür öffnete sich und eine Stimme nuschelt: »Hi, Kip! Nach oben.«
Ich sage: »Guten Abend, Mr. Tannen. Die Party ist bereits in vollem Gange.«
Dann kotzt mir der Kerl vor die Schuhe.
Es ist einer von Howard K. Brenners Anwälten. Allesamt junge Burschen, die, da bin ich mir sicher, von Jura so viel Ahnung haben wie ich vom Stricken.
Der hier hält sich an einer blonden Schönheit fest und entleert seinen gesamten Mageninhalt auf den Teppichboden meines Aufzugs.
Während ich mit einem eingefrorenen Lächeln einfach nur dastehe, klopft ihm das Mädchen auf den Rücken und murmelt beruhigende Worte. Sie ist wirklich besorgt um Tannen. Weil sie ihn nicht kennt.
Und ich denke nur: ›Lass die Kleine nicht zu einem Paket werden.‹
Tannen richtet sich auf, wischt sich mit dem Ärmel seines Jacketts über den Mund und grinst mich an: »Sorry, Kip! Der Scheiß-Whisky!«
Ich drücke den Knopf zur Etage der Kanzlei ›Macintosh & Partner‹. Weit oben im Hudson Tower.
Aber nicht ganz oben ...
Ich hasse es, wenn sie mich Kip nennen. Mein Name ist Daniel Chester Kipling. Es muss Mr. Kipling heißen ... meinetwegen auch Daniel. Aber nicht Kip! Ich bin doch kein Köter! Aber nur der Bürgermeister spricht mich mit Mister an. Er hat eben Manieren.
Tannen hätte ebenso gut einen der anderen Aufzüge nehmen können. Aber er wollte vor seiner Begleiterin angeben und wählte den Monet mit dem guten alten ›Kip‹ in seiner dunkelblauen Uniform mit den goldenen Metallknöpfen.
Eigentlich hat der Aufzug gar keinen Namen. Aber für alle im Tower ist er der Monet. Wegen dem Gemälde an der Wand. Es zeigt eine Frau in einem weißen Kleid. Sie spaziert mit ihrem Sonnenschirm über eine Blumenwiese. Im Hintergrund wartet ein kleiner Junge. Keine Ahnung, worauf. Aber es muss heiß sein, denn er schützt sich ebenfalls vor der Sonne. Mit einem kecken Hütchen.
Egal, wo ich stehe, die junge Frau sieht mich immer an. Ihr Gesichtsausdruck sagt: »Ich kenne dich, Daniel. Ich weiß über alles Bescheid.« Und darüber scheint sie nicht immer amüsiert zu sein.
Das Gemälde hängt dort auf Wunsch des Bürgermeisters. Er vergöttert den Maler Monet und benutzt natürlich ausschließlich meinen Aufzug. Hier ist alles vom Feinsten. Viel Platz. Tropenholz mit feiner gleichmäßiger Maserung an Wänden und Decke. Hochglanz-verchromte Tür. Mit rotem Samt bezogene Stühle. Goldene Haltegriffe. Zwei Monitore,
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