Darkyn 07 – Am Ende der Dunkelheit
heißen Augen, die sie durch seine weiße Maske musterten, waren schwarz, nicht amethystblau.
»Nein, danke.« Ein Duft nach Lakritz und Alkohol stieg ihr in die Nase, und sie hoffte, dass er nicht so betrunken war, um zum Ärgernis zu werden. »Ich suche nach einem Freund, den ich hier treffen soll.«
»Warten Sie.« Er griff nach ihrer Hand, als sie sich abwenden wollte. »Wir könnten uns doch amüsieren, bis Ihr Freund ankommt.«
Chris wusste, dass sie auffallen würde, wenn sie sich weiterhin weigerte zu tanzen, und zwang sich zu einem Lächeln. »Vielleicht treffen wir ihn ja auf der Tanzfläche.«
»Da habe ich keinen Zweifel.« Er legte einen Arm um ihre Hüfte und führte sie durch die herumwirbelnden Paare zur Mitte der Tanzfläche.
Chris konzentrierte sich hauptsächlich darauf, in ihren locker sitzenden Schuhen nicht zu stolpern, aber ein paarmal lenkte ihr Partner sie doch ab. Er bewegte sich, als wäre die Musik für ihn komponiert worden, aber gleichzeitig vermittelte er ihr das Gefühl, als wäre er nicht im selben Maß in den Tanz versunken wie sie. Er versuchte nicht, sie zu befingern, nicht einmal, wenn sich ihre Körper berührten, was nicht zu der Weise passte, wie er auf sie herunterstarrte. Und dann waren da seine Hände. Obwohl er schwarze Lederhandschuhe trug, fühlte Chris, wie sich ihre Haut an jeder Stelle, die er berührte, zusammenzog, und das Gefühl jagte ihr mehr als einen Schauder über den Rücken.
»Sind Sie ein Freund oder ein Verwandter unserer Gastgeber?«, fragte sie ihn.
»Ein alter Bekannter der Familie.« Ein Mann in ihrer Nähe lachte, und ihr Tanzpartner wandte den Kopf in Richtung des Geräusches, während er am Kragen seines Kostüms zog.
Chris sah die horizontale Narbe, die quer über seine Kehle lief, und unterdrückte ein Zucken. Er musste an der Kehle operiert worden sei; das würde auch erklären, warum seine Stimme so kratzig klang.
Chris folgte geistesabwesend der Führung des Hofnarren und bewegte sich wie automatisch zu den letzten Takten des ausgelassenen Wiener Walzers, den das Orchester über ihren Köpfen spielte. Sie musterte Schultern, Haare und Hautfarbe jedes Mannes, der an ihr vorbeikam. Erst als ihr Partner sie noch einmal herumwirbelte und dann an seinen Körper zog, wurde ihr klar, dass der Tanz zu Ende war und alle Bewegungen sich zu den rhythmischen, sinnlichen Klängen eines Boleros verlangsamt hatten.
»Ich gehe besser«, erklärte sie zögernd. »Ich glaube nicht, dass mein Freund auftauchen wird.«
»Vielleicht könnte ich als sein Ersatz einspringen?«
Chris schenkte ihm ein klägliches Lächeln. »Meine Freunde sind nicht so freundlich wie Sie, Mr …?«
»Guy.« Er schob einen Arm um ihre Hüfte, bevor er ihre Hände einfing und nach oben zog, um ihr Gesicht nah an seines zu ziehen. »Sie sollten die Gelegenheit ergreifen, neue Freundschaften zu schließen, Signorina.«
Chris sah, dass ein Mann im Kostüm eines mittelalterlichen Jägers auf sie zukam. An der Breite der Schultern und den seidigen schwarzen Haaren erkannte sie Robin. Das vorgeschobene Kinn unter seiner Federmaske verriet ihr, dass er nicht glücklich war.
»Vielleicht sollte ich das.« Sie lächelte in die schwarzen Augen, bevor sie davonwirbelte und ihn an einer Hand durch die tanzenden Paare zog.
Guy folgte ihr. Ab und zu fing er sie ein, um sie näher an sich zu ziehen oder über seinen Arm zu beugen, bevor er ihr wieder die Führung erlaubte. Chris behielt den Jäger im Blick, der jetzt mit einer kichernden blonden Aphrodite in einer lächerlich kurzen Toga tanzte, und achtete darauf, sich von ihm fernzuhalten.
Der Bolero endete damit, dass Chris’ Rücken über den Arm des Hofnarren gebeugt war, ihre Hände an seinen Schultern, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Langsam zog er sie wieder nach oben und beugte sich gleichzeitig nach vorne, bis sie die Schulter drehte und sein Mund über ihre Wange glitt.
Guy richtete sie auf und schob seine behandschuhte Hand hinter ihren Nacken. »Sie tanzen wunderbar, Signorina.«
»Sie ebenso.« Chris hatte nicht erwartet, dass er sie in eine Umarmung zog, aber das tat er. Sie versteifte sich. »Ich glaube, für heute Abend habe ich genug getanzt.«
»Habt Ihr das?« Er zog ihr die Maske vom Gesicht, fing ihr Gesicht zwischen seinen großen, behandschuhten Händen ein und küsste sie. Chris schreckte zurück, aber seine Lippen legten sich über ihre. Er kostete sie gründlich, bevor er sie wieder freigab. »Bis
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