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Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)

Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)

Titel: Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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mehr ausgefahren hatte, drängten sich langsam durch die schrumpfenden Löcher in seinem Gaumen und durchstachen die dünne Hautschicht, die darüber gewachsen war. Als sie ihre volle Länge erreicht hatten, ballte er die Hände zu Fäusten und kämpfte gegen den Drang, der mit ihnen verbunden war, den Drang, die Frau zu nehmen, mit den Zähnen in ihr Fleisch einzudringen, in ihre pulsierenden Adern, während ihr Herz gleichmäßig schlug und ihm Leben spendete.
    Ich werde sie besitzen.
    Er ignorierte den geifernden Hunger, der in ihm brannte, und richtete seine Konzentration nach innen. Er konnte sein Talent nicht benutzen, um sie zu sich zu holen; wenn sie nicht unter dem Bann stand, würde seine Erscheinung sie zu Tode erschrecken. Er konnte ihren Verstand erst kontrollieren, wenn sie ihm so nahe kam, dass sie ihn roch.
    Wenn sie das tat, würde sie tun, was immer er wollte – oder zumindest hoffte er das.
    Vor seiner Gefangennahme war es für Gabriel ein Leichtes gewesen, Menschen durch l’attrait zu sich zu locken, und oft war es sogar unbewusst geschehen. Der Hunger hatte seinen Duft am Anfang sogar verstärkt, aber Jahre der Entbehrung hatten ihn so schwach gemacht wie seine Glieder. In seinem Zustand würde es ihn alles kosten, was er noch an Kräften besaß, um mit seinem Duft die Mauern seiner Kammer zu durchdringen und sie vielleicht zu sich zu locken. Bevor er das tat, musste er erst abwarten, ob sie die Treppe herunterkam.
    Er würde diese vielleicht allerletzte Chance zur Flucht nicht verschwenden.
    Sie ging nicht zur Mitte der Kapelle, wie Claudio und Benait es getan hatten. Sie bewegte sich am Rand entlang, als wollte sie nahe an den Wänden bleiben. Seine empfindlichen Ohren hörten, wie sie hier und da Dinge berührte, wie ihre Handflächen sacht darüberstrichen, aber nicht liegen blieben. Er konnte die Hitze von Sonnenlicht schmecken; sie tastete sich nicht durch die Dunkelheit. Nein, die Frau suchte etwas – etwas in den Wänden selbst – mit langsamen, vorsichtigen Fingern.
    Wenn ihre Mission sie doch nur zu ihm führen würde.
    Gabriel verfolgte ihren Weg anhand der Geräusche mit, während sie das Innere der Kapelle ganz umrundete. Die Geräusche sagten ihm nicht nur, wo sie sich befand, sondern gaben ihm auch eine erste Vorstellung vom Grundriss der Kapelle selbst. Klein und schmal musste sie von einer nicht besonders wohlhabenden Adelsfamilie erbaut und genutzt worden sein.
    Durch die Jahrhunderte hatten einflussreiche Familien ihrem Glauben an Gott durch den Bau riesiger Kapellen und Kirchen auf ihren Besitztümern Ausdruck verliehen. Die Regierung des modernen Frankreichs hatte Milliarden dafür ausgegeben, diese zu kaufen, zu restaurieren und in Besucherattraktionen zu verwandeln. Wo immer sie ihn hingebracht hatten, es war kein Ort, der historische Restauration erforderte. Wenn man dann noch bedachte, wie lange und in welche Richtung der Lieferwagen von Paris aus gefahren war, dann mussten ihn die Brüder nach Süden gebracht haben, vielleicht nur ein Stück östlich von seinem Anwesen in Toulouse.
    Temerleone , dachte Gabriel und erinnerte sich an die abgelegenen Besitzungen in der Region Bordelais, die man hatte verfallen lassen. Oder St. Valereye . Und angesichts der Besiedlung rund um die jeweiligen Schlösser war es mehr als wahrscheinlich, dass er in Letzterem gefangen gehalten wurde. Sie wird es mir sagen. Sie wird mir alles sagen, was ich wissen muss, und dann wird ihr Fleisch sich mir ergeben, und ich werde überall von ihr kosten.
    Die Entbehrung ließ seinen ständigen Hunger so übermächtig werden, dass seine dents acérées schmerzten und sich seine erschöpften Glieder zusammenzogen. Gleichzeitig wurde ihm das Herz schwer. Seit er gelernt hatte, seine Gier nach menschlichem Blut zu zügeln, war Gabriel niemals in Hörigkeit verfallen oder hatte einen Menschen getötet, indem er dem Körper alles Blut entzog, während dieser sich im korrespondierenden Zustand der Entrückung befand.
    Das bedeutete nicht, dass er vergessen hätte, wie es sich anfühlte, und es fühlte sich genauso an. Die Frau, die die Kapelle absuchte, mochte seine Retterin sein, aber in dem Moment, in dem sie ihn befreite, würde er zu ihrem Mörder werden.
    Dem Biest in ihm, das seinen Hunger stillen wollte, war das egal. Entweder sie stirbt oder ich . Und das Gleiche galt für jenen Teil seiner Seele, der durch sein Talent nichts mehr fühlte. Sie wird nicht leiden müssen, so wie ich gelitten habe

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