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Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)

Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)

Titel: Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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weder das Bett noch die Möbel, aber sie sahen qualitativ hochwertig aus. Das hier war das Zimmer von jemandem, das Haus von jemandem.
    Er war ausgezogen worden, und man hatte ihm eine Art übergroßes weißes Hemd angezogen, das ihm bis zu den Knien reichte. Er hob die Hände, um sich den letzten Schlaf aus den Augen zu reiben, und sah den tiefen Kratzer auf seinem Handrücken.
    Hey, Paps, Lust auf eine Spritztour?
    Das rothaarige Mädchen, mit dem er in der Tiefgarage zusammengestoßen war; irgendwie hatte sie es geschafft, ihn zu betäuben. Der Mann in dem blassblauen Anzug musste mit ihr unter einer Decke gesteckt haben. John erinnerte sich an den intensiven Duft von Pfefferminz und Nelken und nahm an, dass die beiden Kyn waren. Aber warum legte sich jemand mit Cyprien an und riskierte es, einen ausgebrannten Menschenpriester zu entführen?
    Ein schwerer, ekelhaft süßer Geruch waberte um ihn herum. »Guten Abend, John Patrick.«
    Er fuhr herum und sah das Gesicht einer zierlichen blonden Frau in einem Ballkleid aus apricotfarbener Spitze. Sie stand am Fußende des Bettes, die Hände sittsam vor ihrem weit schwingenden Rock gefaltet. Goldene Locken umrahmten ein Gesicht, das Botticelli bestimmt gerne gemalt hätte.
    »Wer sind Sie?«
    »Nenn mich ›Mylady‹.« Sie ging zur Seite des Bettes und zog ihm die Decke von den nackten Beinen. »Deine Sachen werden gereinigt – offensichtlich war dir auf dem Flug sehr schlecht –, aber du bekommst sie bald zurück.«
    Der Blumenduft kam von ihr, und er schien stärker zu werden. John versuchte sich auf das zu konzentrieren, was sie sagte. »Sie haben mich entführen und hierherbringen lassen? Warum?«
    »Mylady«, forderte sie ihn auf.
    »Warum, Mylady?«, hörte John sich selbst sagen.
    »Wir haben oft besondere Gäste hier.« Sie streckte die Hand aus, um sein Gesicht zu berühren, und spitzte dann die Lippen, als er zurückzuckte. »Es gibt keinen Grund, mir auszuweichen, John Patrick. Ich freue mich schon darauf, dir während deines Aufenthaltes bei uns sehr nahe zu kommen.«
    Ihre Worte klangen freundlich, aber sie hallten blechern in Johns Ohren. Ihre perfekten Zähne glänzten, klein und scharf und weiß. Während er sie anstarrte, musste er an den feuchten, fauligen Geruch von verrottendem Holz denken … an alte Obstkisten in einer Gasse, hinter einem Lebensmittellager, wo er als Kind geschlafen hatte … und an die Ratten, die nachts aus den Kisten gekommen waren auf der Suche nach Fleisch …
    Ihr Lächeln wurde breiter. »Mein Süßer, hab keine Angst. Ich kümmere mich um dich.«
    »Nein.« Voller Panik zog sich John noch weiter zurück, bis er fast auf der anderen Seite aus dem Bett fiel. Der kalte Boden unter seinen Füßen lichtete ein bisschen den Nebel der Angst in seinem Kopf. Das hier war nicht Chicago. Er war nicht länger acht Jahre alt. Er nahm eine Nachttischlampe in die Hand und riss den Stecker aus der Dose. »Ist das hier die Festung? Haben Sie meine Schwester?«
    »Alle deine Fragen werden bald beantwortet.« Die Lady deckte das Bett auf und klopfte einladend darauf. »Du solltest dich jetzt ausruhen. Oder bist du hungrig? Ich könnte dir ein Tablett mit Essen heraufbringen lassen.«
    Hungrig. So wie es die Ratten gewesen waren. Und sie wusste das, wusste irgendwoher, dass er Angst davor gehabt hatte, dass die Aasfresser der Straße ihn oder die kleine Alex beißen würden. Sie wusste es, und er konnte in ihren Augen sehen, dass es ihr eine Art perverse Befriedigung verschaffte, von seiner Angst zu wissen.
    John kannte die Angst besser als die meisten Menschen. Diese Frau ließ ihn absichtlich noch einmal das durchleben, was die schlimmsten Gefühle in ihm auslöste. Um mich zu kontrollieren und mir ihren Willen aufzuzwingen.
    »Sie sind eine Kyn.« Er wich vom Bett zurück und sah zum einzigen Fenster im Raum. Es war geschlossen und von außen durch Kupfergitter gesichert. »Sagen Sie dem, der hier das Sagen hat, dass ich mit ihm sprechen will.«
    »Lauf noch nicht weg, John Patrick«, sagte die Lady, und ihre Worte bohrten sich wie spitze Aufschreie in seine Ohren. »Wir haben noch so viel zu besprechen.«
    Der Gestank von toten Blumen schien den ganzen Sauerstoff im Zimmer zu verbrennen. Die Lady bewegte sich nicht, aber etwas an ihr veränderte sich, und John musste daran denken, wie die Ratten immer ganz still geworden waren, bis nur noch ihre Schnurrbarthaare zuckten, kurz bevor sie sich auf ein Bein stürzten und in das weiche,

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