Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)
du während deiner Reisen irgendwelchen weiblichen Kyn begegnet? Meine jüngere Schwester, sie sieht genauso aus wie ich …«
»Nein. Keine Frauen. Nur Kerle.« Nick stand auf und scheuchte das Motten-Trio davon. »Wir sollten besser weiterfahren.«
So schroff zu ihm zu sein fühlte sich furchtbar an, aber Nick hätte ihm um ein Haar alles erzählt, was sie über die Goldene Madonna wusste. Gott sei Dank hatte Gabriel sie daran erinnert, warum sie ihren Mund halten musste. Wie nett und verständnisvoll er auch wirken mochte und wie heiß sie seinen Körper auch fand, sie hatte ausgezeichnete Gründe, ihm nicht zu vertrauen. Sie durfte nicht zulassen, dass er ihr im Weg stand, nicht, wenn es um die Madonna ging. Wenn sie ihm alles erzählte, dann versuchte er vielleicht, sie aufzuhalten. Seine eigene Schwester …
Nein , sagte sie zu sich selbst, als sie auf das Motorrad stieg. Denk nicht dran .
»Wir sind direkt vor der Stadt«, sagte sie zu ihm. »Also sag mir, wie wir von hier aus zu deinem Haus kommen.«
Gabriel gab ihr eine einfache Wegbeschreibung und fügte hinzu: »Dalente wird das Grundstück gut bewachen lassen. Der Code für das Eingangstor ist Sechs-Eins-Vier-Sieben.«
Weil sie nicht durch Toulouse fahren und ungewollte Aufmerksamkeit erregen wollte, nahm Nick einen schmalen, kurvigen Landwirtschaftsweg in die Berge hinauf, vorbei an hübschen Häusern und schattigen Gärten an der Côte Pavée und in eine reichere, exklusivere Gegend, wo die Häuser eher Anwesen waren und die Grundstücke sich über viele Quadratmeter erstreckten.
Als sie den Abzweig auf den nicht asphaltierten Weg fand, den Gabriel ihr beschrieben hatte, sah sie am anderen Ende zwei alte Löwenstatuen aus dunklem Marmor, die ein offenes, verrostetes Tor flankierten.
So viel zu dem bewachten Grundstück.
Sie hielt vor dem Tor an und blickte auf das Unkraut, das eine mit roten Steinen bedeckte Einfahrt überwucherte. Das Haus lag im Dunkeln, weder drinnen noch draußen brannte Licht.
Und es sah auch völlig verwahrlost aus.
»Gabriel?« Vielleicht war das der falsche Ort. »Ist da, na ja, ein riesiger Wald hinter deinem Haus?«
»Ja. Und zwei Löwen am Eingangstor.«
Damit war das klargestellt. »Äh, wie lange warst du eigentlich nicht mehr hier?«
»Ich wurde in Marseille gefasst, wo ich den Winter bei meinen Freunden verbrachte. Das ist jetzt fast drei Jahre her.« Er holte tief Luft. »Riechst du das? Rosmarin und Thymian. Dalente kümmert sich immer noch um den Kräutergarten.«
Nick blickte auf die duftenden Kräuter, die wild in einem Entwässerungsgraben wuchsen. »Hm-hm.«
Sie fuhren die Auffahrt hinauf und parkten vor dem Haus, das völlig verlassen aussah. Die meisten Fenster im Erdgeschoss waren zerbrochen oder standen auf. Sie hatte nettere Abbruchhäuser in Paris gesehen.
Ohne etwas zu Gabriel zu sagen, holte sie ihre Brechstange heraus und steckte sie zusammen mit ihren Dietrichen in ihre Gesäßtasche. »Dieser Diener, den du hast, lebt der in der Stadt?«
» Non . Er lebt hier.« Er ging auf die Tür zu und stolperte über einen losen Pflasterstein. »Würdest du mir deinen Arm geben, Nicola? Ich möchte nicht aufs Gesicht fallen, bevor ich einen Schritt in das Haus gesetzt habe.«
»Sicher.« Sie griff nach ihrer Taschenlampe und machte sie an, bevor sie seine Hand auf ihren Unterarm legte und ihn die Treppe hinaufführte. »Warte.« Sie nahm einen der Dietriche, die sie am Gürtel trug, und öffnete die Eingangstür.
»Du musst nur klingeln«, erklärte Gabriel ihr. »Mein Tresora hört das in seinem Zimmer.«
»Es ist schon fast Mitternacht. Wir wollen doch nicht, dass er einen Herzinfarkt bekommt.« Sie leuchtete mit der Taschenlampe durch die Eingangshalle. Schlamm und dreckige Fußspuren bedeckten die hellen Fliesen, und Graffiti in verschiedenen Farben waren auf die abgerissenen Tapeten gesprüht worden. Ein leichter, hässlicher Geruch nach Abfall und menschlichen Exkrementen hing in der Luft.
»Dalente hat alle Antiquitäten aus Italien importiert« sagte er, als sie hineingingen. »Wie du sehen kannst, habe ich eine besondere Vorliebe für Marmorstatuen.«
Nick richtete den Strahl der Taschenlampe in die Räume, doch da war nicht mal ein winziger Marmorsplitter irgendwo.
»Die da.« Gabriel deutete auf eine leere Stelle neben einer Wand, an die Obszönitäten gekritzelt waren. »Das ist die Aphrodite, die ich bei Rodin in Auftrag gab. Sie sieht nicht so aus, wie die klassischen Griechen
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