Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)
erstarrte und versuchte sich umzudrehen. »Rafael.«
»Vergebt mir«, sagte der andere Seneschall.
Alex war von Philippes Kontrolle befreit, als der bewusstlos auf den Küchenboden sank. Sie sprang vom Stuhl auf, aber plötzlich war alles um sie herum in ein sehr helles goldenes Licht getaucht, und sie sah nichts mehr außer diesem Licht. Sie versuchte dennoch wegzulaufen, bis sie auf ein Paar starke Hände traf.
»Sie werden blind sein, bis ich Sie loslasse«, sagte der Mann, »aber ich werde Ihnen nichts tun, Doktor.«
Sie kämpfte gegen ihn, aber selbst ihre besondere Kyn-Stärke richtete nichts aus. Sie empfing auch keine mörderischen Gedanken von ihm. »Warum tun Sie das dann? Wer sind Sie?«
»Ich habe meine Befehle.«
Alex spürte, wie er sie hochhob und aus der Küche trug. Sie schrie nach den Wachen, und dann fühlte sie etwas Scharfes und Brennendes an ihrem Oberarm. Das vertraute Gefühl ihres eigenen Kyn-Beruhigungsmittels durchflutete sie und beendete ihren Kampf, erstickte ihren letzten Schrei.
John kehrte mehrere Tage nicht nach Barbastro Abbey zurück. Er stellte den Kombi des Klosters in der Stadt ab, wo er leicht gefunden werden konnte, und benutzte das letzte Geld, das Mercer ihm gegeben hatte, um sich ein Zimmer zu mieten und etwas zu essen, während er darüber nachdachte, was er jetzt tun sollte. Er wusste, dass er die Sünde des Diebstahls beging, aber Mercer hatte ihn belogen. Seiner neuen Glaubensanschauung zufolge waren sie dadurch quitt.
Sein erster Impuls war, Florida zu verlassen und an irgendeinen anderen Ort zu gehen. Dass die Brüder einen weiteren guten Mann korrumpiert hatten, war nicht sein Problem. Das Einzige, was ihn davon abhielt zu gehen, war die Erinnerung daran, wie rücksichtslos er die obdachlosen Jugendlichen im Stich gelassen hatte, um die er sich in dem Heim in Chicago hatte kümmern sollen. Und genauso hatte er es mit seiner Schwester und mit seinem Priesteramt gemacht. Wenn er nicht aufhörte wegzulaufen, sobald er mit Unglück und Not konfrontiert war, dann würde er niemals einen Ort finden, an dem er bleiben konnte.
Sein erster Schritt war etwas ganz Normales: Er rief Maurices Bruder Lamar Robinson an und bat ihn um ein Vorstellungsgespräch.
»Ich habe kein Büro, Bruder«, erklärte ihm der Dachdecker. »Aber wenn du dich zum Essen irgendwo treffen willst, okay.«
John nahm den Bus zu einem Restaurant in Fort Lauderdale. Heaven’s Kitchen war früher eine Tankstelle gewesen; der zementierte Teil war zum Parkplatz umfunktioniert, und in dem kleinen Lebensmittelgeschäft wurde jetzt das Essen serviert, während die Küche sich in der ehemaligen Waschanlage befand. Zwei schwarze Jugendliche standen vor der Tür, doch sie warfen ihm nur einen kurzen Blick zu, als er an ihnen vorbeiging.
Die Monate im Freien hatten Johns Haut dunkler gemacht, genau wie Dougall Hurley, der bigotte Leiter des Heimes für obdachlose Jugendliche, der in Chicago umgekommen war, es ihm prophezeit hatte. Offenbar ging er jetzt als Schwarzer durch.
Lamar Robinson erhob sich von der Eckbank, auf der er saß, als John hereinkam und auf ihn zuging, um ihm die Hand zu schütteln. Der große, breitschultrige schwarze Mann sah mit seinem fast ganz ergrauten Haar aus, als wäre er Maurice’ Vater.
»Robinson«, sagte er und erwiderte Johns Händedruck. »Hast du Hunger? Gut.«
Sie setzten sich, und eine hübsche junge Kellnerin mit einer Zahnspange brachte John ein Glas Wasser mit Eis und nahm ihre Bestellung auf.
»Wenn du die Barbecue-Sandwich-Lunch-Platte nicht nimmst«, warnte ihn Robinson, »dann wirst du das für den Rest deines Lebens bereuen.«
John bestellte gehorsam das Gericht und einen Eistee dazu.
Als die Kellnerin gegangen war, musterte Robinson ihn von oben bis unten. »Du wirst nicht irgendwo per Haftbefehl gesucht oder so?«
Bei der Frage verschluckte sich John fast an seinem Wasser. Er wollte Nein sagen, dachte dann jedoch an das Auto, das er in der Stadt hatte stehen lassen, und an das Geld, das er dem Kloster gestohlen hatte. »Ich wüsste nicht.«
»Gute Antwort.« Robinson rief der Kellnerin zu, ihm eine Tasse Kaffee zu bringen. »Wenn die Cops bei meinen Leuten nach jemandem suchen, können sie ihn mitnehmen. Hab keine Lust, ins County-Gefängnis zu wandern. Ich arbeite vier Tage die Woche, von Jupiter bis Biscayne und überall dazwischen, deshalb brauchst du ein Auto. Wenn du keins hast, sag Bescheid, dann besorge ich dir eins.«
»Ich habe seit meiner
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