Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)
Kampf, an seinem Glauben festzuhalten, der so solide wie Sand gewesen und ihm genauso schnell durch die Finger gerieselt war. Dann waren da Mercer und das Monster, das sich hinter seiner lächelnden Maske versteckte. Aber Lamar Robinson hatte sich seine friedliche Existenz verdient, weil er Leuten Dächer über den Köpfen gab, sich um Männer in Schwierigkeiten kümmerte und seinen kleinen Teil dazu beitrug, dass die Welt sich drehte.
»Alle, denen ich vertraute, haben mich verlassen, mich belogen oder mich benutzt«, sagte er langsam. »Ich weiß nicht mehr, wer ich bin. Ich weiß nicht mehr, wo ich hingehöre.«
Robinson nickte. »Dann musst du etwas ändern. So wie Maurice es getan hat.«
John wusste plötzlich mit tiefer, unerschütterlicher Überzeugung, dass er niemals diese Art von Zufriedenheit ausstrahlen würde wie Lamar Robinson, wenn er sich nicht ein für alle Mal zwischen den beiden großen Mächten entschied, zwischen denen er stand.
Sie aßen den Rest ihres Essens in kameradschaftlichem Schweigen. Als die Kellnerin die Rechnung brachte, holte John sein Portemonnaie heraus, doch Robinson schüttelte den Kopf.
»Ich habe Arbeit; du nicht. Außerdem, wie oft kann ein Mann sich selbst und einem Freund ein kleines Stück Himmel kaufen?«, fragte er und zwinkerte der Kellnerin zu, die kicherte.
»Mr Robinson, das Essen war köstlich, und ich weiß es zu schätzen, dass Sie mich zu diesem Gespräch getroffen haben.« John stand auf und hielt ihm die Hand hin. »Es tut mir leid, dass ich Ihre Zeit verschwendet habe.«
»Wenn es nicht hinhaut mit dem, was du da vorhast, ruf mich an.« Er grinste. »Ich kann immer ein paar kräftige Arme gebrauchen, die Dachziegel heben und Teer für mich anrühren.«
John sah auf dem Busfahrplan nach und fand heraus, wie oft er umsteigen musste auf dem Weg vom Himmel in die Hölle. Es wurde Zeit, gegen die Bruderschaft aufzubegehren. Als erster Schritt zu seinem persönlichen Seelenheil war es bestimmt nicht falsch, einen alten Freund vor ihnen zu retten.
Er musste dreimal umsteigen, um das Kloster zu Fuß erreichen zu können. Er ließ sich Zeit und stand vor dem Eingang des Klosters, als die Sonne gerade sank. Er läutete die Glocke, und sobald Bruder Jacob seine Stimme hörte, öffnete er die elektronischen Schlösser.
Mercer selbst kam ihm schon auf dem Weg vom Tor zum Kloster entgegen. »John, ich habe mir solche Sorgen gemacht. Wo warst du? Die Polizei hat uns angerufen, dass der Kombi in der Stadt steht. Wurdest du ausgeraubt? Was ist passiert?«
John roch den Wein, den der Abt getrunken hatte, in jedem Wort. Er hing in der Luft zwischen ihnen, noch ein stiller Schlag für ihre sogenannte Freundschaft.
»Wir müssen reden.« Er blickte über die Schulter des Abts auf die anderen Brüder, die auf sie zueilten. »Allein.«
»Natürlich, nach der Abendandacht …«
»Ich weiß Bescheid über die Bruderschaft und die Darkyn, Mercer«, sagte John mit leiser Stimme. »Sie sind der Grund, warum ich kein Priester mehr bin. Wir reden allein oder wir reden jetzt und hier.«
Mercer drehte sich um und sagte zu den Brüdern. »Bruder Patrick ist heil zu uns zurückgekehrt. Ich muss mit ihm über das sprechen, was ihm in der Stadt passiert ist. Geht ohne mich zur Andacht.«
Die Mönche sahen sich unsicher an, bevor sie die Anordnung des Abtes befolgten.
Mercer war schreckensbleich im Gesicht, als er sich wieder zu ihm umdrehte. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass du es weißt? Gehörst du zur Bruderschaft? Wie in Gottes Namen …«
»Die Bruderschaft gab vor, mich rekrutieren zu wollen, aber in Wirklichkeit wollten sie mich nur benutzen, um an meine Schwester heranzukommen.« Er deutete auf das Haus des Abtes. »Sollen wir?«
Als wären ihm Dämonen auf den Fersen, scheuchte Mercer ihn hinein und schloss die Tür hinter ihnen ab.
»Ich bin so erleichtert, dass du über sie Bescheid weißt«, erklärte der Abt. »Ich habe es gehasst, es dir die ganze Zeit über zu verschweigen. Aber man darf nicht offen über die Bruderschaft sprechen. Sie töten jeden, der versucht, ihre geheime Existenz publik zu machen.«
John setzte sich und ließ ihn weiterreden. Er verstand jetzt, dass die Bruderschaft Mercers Trunksucht genutzt hatte, um Einfluss über ihn zu gewinnen. Der Orden wusste, wie man die Schwächen jedes Einzelnen ausnutzte – und ausbeutete –, um das zu bekommen, was man wollte.
»Ich bin hergekommen, um ihnen zu entgehen, John«, sagte sein Freund.
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