Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
blutete.
»Deine Mutter hat unser Haus ins Elend gestürzt, aber das Böse war immer in ihr«, sagte Thierry. »Ich habe sie zu sehr geliebt, um mir zu gestatten, es zu sehen. Ich glaube, das war es, was mich in den Wahnsinn getrieben hat. Nicht die Dinge, die sie meinem Körper angetan haben. Sondern meine Blindheit, was sie anging, und dass ich dich und unsere Familie nicht vor ihr beschützen konnte.«
Jamys schüttelte heftig den Kopf und wich ihm aus, ging zur nächsten Vitrine mit Schwertern.
»Ich verstehe, warum du dir Vorwürfe machst«, sagte Thierry und folgte ihm. »Genau das tue ich schon die ganze Zeit, seitdem sie tot ist. Das ist einer der Gründe, die mich von dir fortgetrieben haben. Ich glaube, deine Mutter wollte es so. In ihrem Hass konnte sie die Liebe nicht verstehen. Sie konnte sie nur zerstören. Jetzt ist sie tot, aber das Böse in ihr ist noch da. Muss das für immer zwischen uns stehen? Muss ihr Hass uns weiter auseinandertreiben? Haben wir beide nicht genug gelitten?«
Der Junge bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
Thierry ging zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich hätte dich nicht bei Michael zurücklassen sollen. Ich habe nicht daran gedacht, wie du dich fühlen musst, dass du dir Vorwürfe machen würdest, genau wie ich. Ich konnte nicht denken, Jamys. Der Wahnsinn hat mich aufgezehrt. In einem lichten Moment hatte ich furchtbare Angst. Ich fürchtete, ich könnte dich verletzen oder Marcel oder Liliette und wäre nicht in der Lage, mich zu kontrollieren.« Er zog den zitternden Jungen in seine Arme und hielt ihn fest. »Das konnte ich nicht riskieren. Vergib mir, mein Sohn.«
Mehrere Minuten lang standen sie so und hielten sich fest.
»Mr Durand«, sagte der Priester, der jetzt erschöpft klang. »Ich unterbreche Sie nur ungern, aber Ihr Sohn hat mir noch etwas gesagt. Der Anschlag ist für Mitternacht geplant.« Als Thierry zu ihm hinübersah, deutete Keller auf eine große polierte Standuhr aus Eichenholz und Messing in der Zimmerecke. »Uns bleiben nur noch zehn Minuten.«
Michael Cyprien kopierte die letzten Daten von Alexandras Computer und nahm die CD aus dem Brenner. Seit einer halben Stunde hörte er jetzt schon Valentin Jaus zu, der sich seinen Frust über Jema Shaw und seine Wut auf sich selbst von der Seele redete. Er schwieg, bis der Österreicher schließlich um die Erlaubnis bat, von seinem Posten zurücktreten und in sein Heimatland zurückkehren zu dürfen.
»Ihr könnt als Suzerän nicht zurücktreten.« Nachdem er die CD in eine Schutzhülle gelegt hatte, wandte er sich an Jaus. »Ich brauche alle Männer, denen ich in diesem Land vertrauen kann. Ihr seid einer davon.«
»Ich habe mich mit Lucan in Verbindung gesetzt und ihn gefragt, was ich mit Durand machen soll«, erklärte Jaus. »Er meinte, man könne ihn nur aufhalten, indem man ihn tötet.«
Cyprien wusste, dass sein Freund absichtlich versuchte, ihn wütend zu machen. »Das war vermutlich ein weiser Rat. Lucan hat ihn in Dublin gefangen genommen.« Er blickte von den Akten auf, die er durchblätterte. »Ich hätte es lieber, wenn Ihr Euern Kontakt zu Lucan auf ein Minimum beschränkt. Er wird Euch benutzen, um an mich heranzukommen.«
»Das ist ein weiterer Grund, warum Ihr mich gehen lassen solltet. Ich kann das nicht mehr, Michael.« Jaus’ Schultern sanken nach vorn. »Ich würde es gerne beenden, jetzt, bevor die Scham mich zugrunderichtet.«
»Was soll ich Tremayne sagen?«, fragte Michael und ließ einen Teil seiner eigenen Frustration in seiner Stimme mitschwingen. »Dass der Mann, den er persönlich als Suzerän von Chicago eingesetzt hat, vor der Verantwortung davonläuft? Weil eine Menschenfrau ihn abgewiesen hat?«
Jaus’ Gesichtsausdruck wurde unnahbar und arrogant. »Was immer der Grund ist, es ist mein Recht.«
»Wisst Ihr, was ich hier tue? Ich mache Kopien von Alexandras Forschungen, damit ich sie Tremayne geben kann.« Michael holte die Ausdrucke, die er von den Blutprofilen gemacht hatte, aus dem Drucker. »Und zwar ohne ihr Wissen oder ihr Einverständnis.«
»Ihr seid mutiger, als ich dachte«, meinte Jaus.
»Mut hat nichts damit zu tun. Sie will, dass ihr Bruder am Leben bleibt, und das ist der Preis, den ich dafür zahlen muss.« Michael steckte die Kopien der Berichte in einen Umschlag und verschloss ihn. »Ich liebe sie, aber ich bestehle sie. Ich wünschte, es wäre anders, aber ich bin auch noch anderen verpflichtet, nicht nur meiner Geliebten.
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