Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
dass er nicht mehr allein bleiben musste.
Wenn es so ist, wie sie sagt, dann kann meine Lady tatsächlich zu mir gehören.
Cyprien hatte ihm von Alexandras Entschlossenheit erzählt, zu beweisen, dass die Darkyn nicht verflucht waren. Sie glaubte, dass ihr Zustand eine Art Gendefekt war, der ursprünglich von einer viralen Infektion des Blutes ausgelöst worden war. Es klang unglaublich, aber wenn sie recht behielt, konnte das bedeuten, dass Jahrhunderte der Hoffnungslosigkeit vorüber waren.
Hoffnung, nachdem man so viele Jahre lang akzeptiert hatte, dass es keine gab, war ein Kuss für die Seele und ein Dolch im Herzen.
Alexandra Keller suchte auch nach Antworten darauf, warum sie selbst die Behandlung mit Cypriens Blut überlebt hatte und eine Darkyn geworden war. Wenn sie entdeckte, wie das funktionierte, und mehr Menschen ohne Risiko verwandelt werden konnten, dann würden die Kyn stärker werden. Sie würden stärker werden müssen. Denn wenn die Brüder entdeckten, dass die Vrykolakas sich erneut fortpflanzen konnten, dann würde nichts einen Krieg zwischen den alten Feinden aufhalten.
Jaus hatte noch egoistischere Gründe für seinen Wunsch, Alexandra möge erfolgreich sein. Eine sichere Methode, Menschen in Darkyn zu verwandeln, würde ihm nicht nur eine Zukunft mit der Frau schenken, die er liebte; es würde auch ihr Leben retten. Und als habe er sie allein durch seine Gedanken an sie gerufen, erschien in diesem Moment seine Lady und lief durch das Halbdunkel hinunter zum Wasser. Jaus spannte sich an, als er sie sah, aber er empfand auch eine tiefe Erleichterung.
Anders als in so vielen anderen Nächten würde ihn die Einsamkeit heute Nacht nicht ersticken.
Sie ging die Holztreppe am Rand ihres Grundstücks hinunter und auf die großen Felsen zu, die einen natürlichen Kamm in der Mitte des zweihundert Meter langen Strandabschnitts vor ihrem Haus bildeten. Wie immer setzte sie sich auf den größten und flachsten von ihnen und sah auf das Wasser hinaus.
Es war ihr Lieblingsplatz, und deshalb kam er jeden Abend unter dem Vorwand, Zeit zum Nachdenken zu brauchen, hierher, um sie zu beobachten.
Jaus hatte sich nie verlieben wollen. Menschenfrauen boten Nahrung und Sex, aber ihre kurze Lebensspanne machte alles andere nicht ratsam. Jaus hatte auch niemals erwartet zu lieben; er war in einer Zeit geboren und aufgewachsen, in der Männer so etwas weder für ihre Frauen noch für ihre Geliebten empfanden.
Männer liebten ihre Pferde, ihre Schwerter und ihren Lehnsherren, normalerweise in dieser Reihenfolge.
Viele Männer seines Standes heirateten Frauen. Es war eine Pflicht, die von ihnen erwartet wurde, um Besitzstand zu erwerben, Erben zu produzieren und das Familienvermögen zu sichern. Seine Zeitgenossen nahmen sich regelmäßig Geliebte, um ihre empfindlichen Frauen von den körperlichen Anforderungen der Ehe zu entlasten und Sex mit einer reifen, willigen Frau zu genießen. Frauen hatten Jaus, abgesehen von ein paar Stunden schwitzenden Vergnügens, niemals besonders gereizt, deshalb hatte er sie leichten Herzens aufgegeben, als er sein Gelübde ablegte und Tempelritter wurde.
Würde sie mich anders sehen, wenn sie wüsste, dass ich fünfzehn Jahre lang Priester war? Eine hirnverbrannte Frage war das; er betrachtete sie als seine Lady, nahm aber an, dass sie selten an ihn dachte, wenn überhaupt. Würde sie mein Leben mit mir teilen, wenn ich einen Weg fände, ihres zu retten?
Er hatte den furchtbaren Verdacht, dass er ihre Dankbarkeit vielleicht ausnutzen oder sie damit erpressen würde, um zu bekommen, was er wollte.
Jaus kletterte über die niedrige Ufermauer und ging auf die Felsen zu. Trotz all seiner Vorsicht und seiner Sehnsüchte und seiner endlosen inneren Debatten kam er sich in diesen Momenten am lächerlichsten vor. Er war in dieses Land gekommen, um Macht zu gewinnen. Ein Mann in seiner Position hatte unendlich viel Verantwortung und keine Zeit, so nutzlose Dinge zu verfolgen. Er wusste auch, dass nichts dabei herauskommen würde, wenn er zum Felsen lief und mit seiner Lady sprach. Er traute sich nicht, je mehr zu tun.
Dennoch ging er zu ihr, so hilflos wie ein Schiff im Sturm, das auf Untiefen zutrieb.
»Guten Abend, Miss Shaw«, sagte er, als sie bemerkte, dass er sich ihr näherte.
»Mr Jaus.« Sie lächelte. »Wie geht es Ihnen?«
»Sehr gut, danke.«
Ihre Gespräche gingen selten über jene höflichen, unpersönlichen Begrüßungsfloskeln hinaus, wie sie flüchtige
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