Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
entzückende Weise das Gesicht. »Ich habe im Moment einfach keinen Appetit. Mir ist nie danach, etwas zu essen. Ich zwinge es nur herunter, weil ich weiß, dass es sein muss.«
Er konnte das verstehen, aber zweifellos würde sie nichts über seine Ernährungsprobleme wissen wollen. Nein, wenn sie wüsste, wovon er lebte, dann würde sie schreiend in der Nacht verschwinden.
Sie musterte ihn genauso aufmerksam. »Sie dagegen verändern sich nie. Sie sehen immer aus, als kämen Sie gerade aus dem Fitnessstudio.«
Fitnessstudio . Jaus suchte nach der Bedeutung des Wortes. Eine Art Sportstätte? War sein Haar unordentlich? Waren seine Kleider faltig? »Ich bin nicht sicher, was Sie meinen.«
»Sie sind so durchtrainiert.« Sie deutete auf einen seiner Arme, dessen unterer Teil entblößt war, weil er den Ärmel aufgerollt hatte, um lässiger und menschlicher auszusehen. »Sie trainieren bestimmt jeden Tag, um so gut in Form zu sein.«
Jetzt verstand er ihre Bemerkung. »Ich habe das Glück, einen … guten Stoffwechsel zu haben.« Er konnte Blut in ihrem Atem schmecken, wenn sie sprach, und das lenkte ihn furchtbar ab. Hatte sie sich die Lippe verletzt oder sich einen Zahn ziehen lassen? Davon war in den Berichten nichts erwähnt worden. »Ich frage mich, ob ich Sie um etwas bitten kann.«
»Bitten?« Sie blieb stehen und wandte sich mit einem neugierigen Ausdruck auf dem Gesicht zu ihm um.
Es erinnerte ihn daran, wie er Jema damals zum ersten Mal gesehen hatte. Jetzt, wo er hier stand und in ihr Gesicht starrte – sie waren genau gleich groß –, wünschte Jaus, er könnte die Zeit bis zu jenem Moment zurückdrehen. Wenn er es könnte, dann hätte er sie nicht gehen lassen. Dann hätte er sie mitgenommen und noch an jenem Tag außer Landes gebracht. Im Laufe der Jahrhunderte hatte er den großen Besitz und den Einfluss seiner Familie in Österreich zurückgewonnen; niemand hätte ihn dort herausgefordert.
Die Fantasien, wie es wäre, Jema ganz für sich allein zu haben, hatten viele einsame Stunden gefüllt.
Sie würden niemals Wirklichkeit werden. Jaus’ zwanghaftes Verlangen nach Jema war zu gefährlich. Genau so eine primitive, rücksichtslose Lust war es, die bei den Kyn Hörigkeit und Entrückung auslöste. Jema so zu begehren machte sie automatisch tabu für ihn.
Er würde nicht riskieren, die einzige Frau zu töten, die er liebte.
»Mr Jaus?«, fragte Jema. »Stimmt etwas nicht?«
Ihre Stimme riss ihn so abrupt aus seinen Gedanken, wie eine Hand einen aus dem Schlaf rüttelte. »Entschuldigen Sie bitte; ich habe vor mich hergeträumt«, log er.
»Hin.« Als er sie verständnislos ansah, fügte sie hinzu: »Der Ausdruck heißt: ›vor sich hinträumen‹.«
»Ah, ja.« Er beherrschte ihre Sprache, aber nicht deren idiomatische Ausdrücke. Noch eine Erinnerung daran, wie verschieden sie waren. »Miss Shaw, ich veranstalte jedes Jahr einen Maskenball für meine Freunde und Geschäftspartner. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie auch kämen.«
»Ein Maskenball.« Sie klang verwirrt. »Hat das etwas mit Karneval zu tun?«
»Ein bisschen vielleicht.« Er neigte den Kopf. »Man trägt ein Kostüm und tanzt zur Musik. Er findet am Abend des einunddreißigsten Oktober statt.«
»Oh, eine Halloweenparty.« Sie lachte erfreut. »Ich hatte vergessen, wie bald das ist.« Ihre Fröhlichkeit schwand abrupt. »Ist das für Paare? Ich bin mit niemandem zusammen, also würde ich allein kommen müssen.«
Jetzt musste er vorsichtig vorgehen. »Ich bin derzeit auch ungebunden. Vielleicht wären Sie damit einverstanden, dass ich sowohl Ihr Begleiter als auch Ihr Gastgeber bin?«
»Ich denke ja.« Sie klang verwirrt. »Sind Sie sicher? Ich habe einige Ihrer Freundinnen gesehen. Sie sind alle so schön.«
Freundinnen? Sie sprach von den Frauen, die Sacher ihm als Nahrungsquelle und zum gelegentlichen Vergnügen brachte. Was konnte er sagen? »Keine von ihnen hat Zeit.«
»Okay. Vielleicht sollte ich den letzten Abend feiern, an dem ich noch in den Zwanzigern bin. Ich werde am nächsten Tag dreißig.« Sie lächelte trocken. »Aber das wissen Sie ja.«
Jedes Jahr am ersten November, an Jemas Geburtstag, schickte Jaus ihr einen Strauß selbst gezüchtete Kamelien. Es war eine langjährige Tradition.
»Ja.« Er lächelte. »Ich habe mir ein besonderes Geburtstagsgeschenk für Sie ausgedacht. Vielleicht wird es Ihnen besser gefallen als die Blumen.«
»Oh, aber ich liebe die, die Sie mir immer schicken«,
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