Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
zur Geburt«, hatte sie zu ihrem Mann gesagt, als sie darüber stritten, ob sie weiter bei den Ausgrabungen dabei sein sollte. »Außerdem wird das unser Leben sein. Unser Kind wird dahin gehen, wo wir hingehen.«
Gegen Ende ihrer Schwangerschaft bemerkte Meryl, dass sich ihr Mann mehrere Nächte in der Woche wegschlich. Er wartete, bis er glaubte, sie sei eingeschlafen, bevor er sich aus dem Camp stahl. Sie hatte mehr als einmal versucht, ihm zu folgen, aber James schien das immer zu spüren, kam in einem Bogen ins Camp zurück und benahm sich, als hätte er nur einen Abendspaziergang gemacht.
James hatte natürlich eine neue Frau an seiner Seite. Meryl hatte Sex nie Spaß gemacht, deshalb war sie den anderen Frauen nicht böse. Sie hatte sie ignoriert; sie konnte diese auch ignorieren. Und das hatte sie, bis zu dem Tag, an dem James die Höhle des Phaenon fand.
Meryl starrte auf die Inventarliste in ihrer Hand, die Augen weit aufgerissen und leer. Alles, was in ihrem Leben schiefgelaufen war, hatte in dem Moment angefangen, als James den Eingang zu der Höhle entdeckte. Sie hätte niemals bei ihm bleiben dürfen. Wenn sie auf ihn gehört und nach Chicago zurückgegangen wäre, dann säße sie jetzt nicht in diesem Rollstuhl oder in diesem Chaos.
»Das ist sie, das ist die richtige«, hatte James gesagt, als die Männer die rauen Schiefersteine freigelegt hatten, die aufeinandergestapelt und grob mit Mörtel zusammengefügt worden waren, um den Eingang zu versperren. »Ich wusste es.«
Meryl war sehr schlechter Laune gewesen. Ihr Rücken schmerzte höllisch, seit sie sich im Morgengrauen aus dem Zelt gequält hatte, um James zu den Ausgrabungen zu begleiten. Weil sie noch niemals ein Kind bekommen hatte, erkannte sie die ständigen Schmerzen nicht als Wehen.
»Es wird genauso sein wie bei den fünfzig anderen Höhlen, die wir in diesem gottverdammten Felsen gefunden haben«, warnte sie ihn. »Ich glaube langsam, dass jemand neuntausend vor Christus einen sehr merkwürdigen Sinn für Humor hatte.«
Anders als die anderen Höhlen, die sie erkundet hatten, stellte sie diese vor ganz neue Probleme. Als die obere Hälfte der Versiegelungssteine entfernt war, hielt nichts mehr die weiche Erde darüber, die sofort zu rutschen begann. Ein Stützbalken und weitere Trägerbalken mussten hastig hergestellt und an der richtigen Stelle positioniert werden, bevor der Eingang wirklich geräumt werden konnte.
Dann war da dieser Gestank. Meryl war unterirdische Gase gewohnt, aber dieses war besonders widerlich gewesen, so als wäre die Höhle gefüllt mit Schwefel und etwas, das darin erstickt war und seitdem verweste. Jedem Mann, der versuchte, die Höhle zu betreten, wurde mit jedem Schritt schlechter; nach ein paar Schritten tränten ihre Augen, und sie fingen an zu würgen. Selbst James konnte den Gestank nicht aushalten.
»Endlich«, sagte Meryl, während sie säuerlich die Arbeiter beobachtete, die ins Gebüsch rannten und sich übergaben, so wie sie jeden Morgen während der ersten drei Monate der Schwangerschaft, »es gibt doch noch Gerechtigkeit auf der Welt.«
James weigerte sich, die Höhle unerforscht zu lassen, und stellte sich eine Maske aus in Wasser getränktem Stoff und einer Schutzbrille her.
»Ich lasse eine Taucherausrüstung kommen, wenn ich muss«, sagte er zu Meryl, kurz bevor er die Höhle betrat, »aber mit der hier sollte ich es so weit rein schaffen, dass ich sehen kann, was sich darin befindet.«
Außerstande, sich noch weiter an den schlimmsten Tag ihres Lebens zu erinnern, hob Meryl den Hörer ab und rief im Museum an.
»Ja, Dr. Shaw?«
»Roy, veranlassen Sie, dass die Serie zweihundertvierzig morgen aus dem Lager geholt und ins Haus gebracht wird«, sagte sie. »Ich veranstalte eine kleine Dinnerparty für einige Aufsichtsratsmitglieder des Museums und würde gerne ein paar Dinge ausstellen. Verpacken Sie alles wie immer und bringen Sie es bis sieben Uhr her.«
»Ich würde Ihnen wirklich gerne helfen, Dr. Shaw, aber der Museumsdirektor hat mir gesagt, dass nichts aus dem Lager entfernt werden darf, bis die Inventur und die Katalogisierung beendet sind«, erklärte der Wachmann.
Meryl zwang sich zu lachen. »Roy, das Museum und sein Inhalt gehören mir. Ich nehme mir, was immer ich davon haben möchte.«
»Das ist eine Sache, über die ich sowieso mit Ihnen sprechen wollte.« Roys Tonfall änderte sich. »Der Direktor und ich haben uns länger unterhalten, und ich habe ihm ein paar
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