Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)
Schweiß lief ihm über das Gesicht, und seine beiden Hände waren zu Fäusten geballt.
»Es geht mir gut, Chris.« Er wandte sich leicht von dem Messdiener ab. »Geh wieder rein und zieh dich um.«
»Okay, Vater. Oh Mann, hab ich ganz vergessen. Vater Carlo hat mich geschickt, um Sie zu holen. Man braucht Sie im Pfarrhaus.«
John dachte an den Bischof. Nein, Hightower würde nicht persönlich vorbeikommen. »Will Vater Carlo mich sprechen?«
»Ja.« Der Junge blickte ihn unsicher an. »Und auch die beiden Polizisten, die bei ihm sind.«
Alex war seit ihrem fünften Lebensjahr nicht mehr in einem fremden Schlafzimmer aufgewacht. In Panik schlug sie mit den Händen durch die Luft, bis sie sich erinnerte, dass sie kein obdachloses kleines Kind mehr war, das auf der Straße lebte.
Sie war allerdings immer noch in einem fremden Schlafzimmer.
Die ersten Minuten verbrachte sie damit, ihren Körper nach einem Grund dafür zu untersuchen. Mein Kopf dröhnt, meine Kehle brennt, meine Nasennebenhöhlen schmerzen. Keine gebrochenen Knochen, keine Schmerzen oder Verletzungen zwischen ihren Beinen. Sie war geschnappt und, nach ihrer Benommenheit zu urteilen, mit einem Inhalationsmittel betäubt worde n – Äther? –, aber sie war ziemlich sicher, dass man sie nicht geschlagen oder vergewaltigt hatte.
Noch nicht.
Alex verharrte regungslos und ließ den Blick durch das Zimmer gleiten. Sie war allein und sozusagen noch im Warte-Modus. Das Messingbett, die meerblauen Laken, die um ihren Oberkörper und ihre Beine gewickelt waren, und das Zimmer waren ihr völlig fremd. Niemand, den sie kannte, hätte bei der Dekoration so leuchtende Farben gewählt; Spritzer von Rot, Gelb und Orange auf den kühleren türkisfarbenen und blauen Kissen und Laken. Ihre eigene Wohnung war zweckmäßig eingerichtet; Charlies Wohnung war ganz in Cordbeige gehalten und roch nach Junggeselle. Und wo immer John lebte, war es sicher genauso trist wie er.
Nein, der Besitzer dieses Hauses hatte Geschmack und Geld. Die Bilder an den Wänden sahen echt aus und der Teppich dick und teuer. Das Einzige, das sie riechen konnte, waren in der Sonne getrocknete Laken, ihr eigener Schweiß und ein leicht chemischer Geruch.
Alex hob eine Ecke des Lakens an. Darunter war sie völlig nackt. Sie griff nach dem nächstbesten festen Objekt, einer silbernen Schmuckdose, die auf dem Nachttisch stand. Vielleicht war sie überfallen worden, und jemand hatte sie verletzt in dieses Haus gebracht. Aber das wäre extrem dumm gewesen. Warum sollte jemand sie hierherbringen anstatt in das nur wenige Meter entfernte Krankenhaus? Und warum sollte er sie ausziehen?
Zeit, herauszufinden, wessen Schädel ich einschlagen muss. »Hallo?«
Niemand antwortete.
Alex stieg vorsichtig aus dem Bett, die Schmuckdose in der Hand. Ihre Kleider lagen sauber und ordentlich gefaltet auf dem überladenen kleinen Tisch ganz in der Nähe. Sie stellte die Dose gerade lange genug ab, um sich anzuziehen, und ging dann zur Tür, die einen runden Griff und ein Bolzenschloss hatte. Und die fest verriegelt war.
»Hallo? Jemand da draußen?«
Sie rief noch ein paarmal und hämmerte gegen die Tür, zuerst mit der Faust, dann mit der Dose. Keine Antwort. Es gab keine Fenster im Zimmer, und die einzige andere Tür führte in ein Badezimmer, das ebenfalls keine Fenster oder einen anderen Ausgang besaß.
Wenn das Datum und die Uhrzeit auf ihrer Uh r – die auch auf dem Tisch la g – stimmten, dann war sie elf Stunden lang bewusstlos gewesen. Jetzt konnte sie sich genau an die beiden Männer in der Parkgarage erinnern, an den Schlag auf den Hinterkopf, an das Tuch in ihrem Gesicht.
Alex fing an, wieder gegen die Tür zu hämmern, und diesmal schrie sie um Hilfe. Niemand antwortete; niemand kam. Sie machte weiter, bis ihr Hals rau war und ihre Stimme heiser. Dann hörte sie auf und setzte sich aufs Bett. War der Raum schalldicht? Wollte man sie auf Dauer hier festhalten?
Warum entführt mich jemand?
Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand oder wer die Männer gewesen waren, die sie gekidnappt hatten. Jemand hatte sich viel Mühe gegeben, sie zu entführen, aber warum? Sie war zwar finanziell abgesichert, aber keineswegs reich. John besaß als Priester kein Geld. Sie war während der letzten beiden Jahre mit niemandem außer Charlie Haggerty zusammen gewesen. Sie war noch niemals verklagt worden.
Wer sperrt jemanden, dem er wehtun will, in ein Schlafzimmer mit Queen-Anne-Möbeln und
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