Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)
Leinenlaken?
Alex war es leid, sich das alles zu fragen. Wenn sie die Tür nicht öffneten, dann eben nicht. Sie durchsuchte das Zimmer nach etwas, mit dem sie das Schloss knacken konnte. Erst da wurde ihr bewusst, dass nichts im Zimmer aus Glas oder einem zerbrechlichen Material war. Es gab auch keine Spiegel, Lichter oder Lampen, und alle Steckdosen waren entfernt worden. Die einzige vorhandene Lichtquelle war eine Leuchtstoffröhre in der Mitte der gewölbten Decke, die sie jedoch nur hätte erreichen können, wenn sie Möbel aufeinanderstapelte. Dann musste sie feststellen, dass ihr die Möbel zu schwer waren, um sie zu bewegen.
In einem Anflug von Verzweiflung ging sie ins Badezimmer. Auch dort hingen keine Spiegel, und alle Schränke waren leer. Sie riss den Deckel von der Toilettenspülung und stellte fest, dass sie leer und trocken war; als sie abzog, entdeckte sie ein separates Rohr, das in der Wand verschwand und für Wasserdruck sorgte. Die Dusche hatte einen durchsichtigen, aber dünnen Plastikvorhang, der an zerbrechlichen Plastikhaken hing.
Alex ging zurück, stellte sich in die Mitte des Zimmers und sah es mit anderen Augen. Das ist kein Gästezimmer. Das ist ein Aquarium, und ich bin der neue Fisch.
Ohne Vorwarnung wurde die Tür geöffnet und eine hübsche blonde Frau in einem Chanel-Kostüm trat ein. » Bonjour , Dr. Keller.« Sie stellte das Tablett ab, das sie trug. »Willkommen in La Fontaine.«
3
Alex erkannte die Stimme der blonden Frau von ihrem Telefonat. Eliane Selvais, M. Cypriens hochnäsige Sekretärin.
Sie war von dem reichen Kerl mit dem ausgefallenen Briefpapier entführt worden? Sie erinnerte sich an das Wappen mit den ziehenden Wolken und den Vogelkrallen. Das war eine Warnung gewesen.
Träum in den Tag hinein, und du wirst entführt.
Alex sprang auf, rannte zur Tür und lief prompt mit dem Gesicht zuerst vor eine betonharte Brust. Sie holte mit der Schmuckdose aus, um sie dem Mann auf den Kopf zu schlagen, und keuchte, als er sie ihr aus der Hand nahm und über seine Schulter hinter sich warf.
Alex trat einen Schritt zurück. Jemand hatte die Nase dieses Mannes ein paarmal gebrochen, und eine üble Narbe lief von seiner Lippe herunter und verschwand in seinem Hemdkragen. Sein glattes Haar war zu einem kurzen Pferdeschwanz zusammengefasst, der die scharfen Kanten seines Gesichts nicht abmilderte. Das Braun seiner Augen war so hell, dass es an Kaffee mit zu viel Milch erinnerte.
Alex hatte ihr ganzes Leben in Chicago verbracht, einer Stadt voller Gewalt mit zahlreichen Drogenabhängigen, Vergewaltigern und Dieben, wo eine Frau, die allein durch die Straßen ging, zur Zielscheibe wurde. Weil sie kein völliger Schwachkopf war, hatte Alex einige Intensivkurse in Selbstverteidigung besucht und gelernt, sich selbst zu schützen. Sie wusste auch eine Menge über den menschlichen Körper und genau, wo es wehtat.
Schweigend und grimmig griff sie Narbengesicht an. Doch nichts bewegte ihn vom Fleck oder ließ ihn auch nur zusammenzucken; er hielt nur ihre Arme fest und ignorierte ihre Tritte.
»Philippe wird Sie nicht verletzen, Doktor, aber er wird Sie auch nicht vorbeilassen.« Miss Selvais klang beinahe entschuldigend, als der Gorilla sie vorsichtig zu ihr umdrehte. »Ich habe Ihnen einen Salat und Sandwiches gebracht. Blauschimmelkäse-Dressing mögen Sie am liebsten, nicht?«
»Ihr Boss M. Cyprien hat mich entführt.« Alex wollte das klarstellen, für die Aussage, die sie bei der Polizei machen würde. Die Französin nickte, und dumpfe Hitze stieg in Alex’ schmerzendes Gesicht. »Hat er denn seinen verdammten Verstand verloren?«
»Das müssen Sie Mr Cyprien heute Abend selbst fragen. Im Moment sollten Sie etwas essen.« Der dunkle Kamee-Ring, den sie trug, schimmerte, als sie auf das Tablett deutete.
Da Blondie offenbar nicht ganz bei Trost war, wandte sich Alex an Philippe. »Entführung ist eine Straftat. Lassen Sie mich hier raus, und ich werde keine Anzeige erstatten.« Oh doch, das würde sie. La ganz Fontaine würde für diesen kleinen Stunt ins Gefängnis wandern.
»Philippe spricht kein Englisch.« Eliane lächelte. »Und auch das andere Personal nicht.« Sie ging zur Tür. »Ich werde in einer Stunde zurückkommen und das Tablett holen. Bon appétit .«
»Um Himmels willen, das können Sie doch nicht machen. Ich bin Ärztin. Ich habe Patienten.« Alex versuchte ihr zu folgen, aber Philippe blockierte erneut die Tür. »Holen Sie Cyprien und sagen Sie ihm,
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