Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)
des Opfers ausbreiteten, war es irgendetwas Ätzendes. Waren die Beine des Mannes deshalb schwarz? Hatten sie sie verbrannt, nachdem sie sie gebrochen hatten?
Als Junge war John mit Straßendieben herumgezogen, hatte Säufer und Penner bestohlen. Er erkannte einen Trick, wenn er ihn sah, aber das hier sah real aus. »Sie foltern ihn.«
»Ja.«
»Mit Säure.«
»Mit Weihwasser«, korrigierte ihn Hightower. »Mehr enthalten die Phiolen nicht.«
Er blickte auf den Bildschirm, dann auf seinen Mentor. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Man benutzte nicht das Wort Blödsinn gegenüber einem Erzbischof.
Cabreri lächelte ihn auf eine merkwürdige Art an und sprach zum ersten Mal. »Ich habe mit meinen eigenen Augen gesehen, wie ihre Haut verbrennt. Es ist wie Gottes feurige Hand, ja, das ist es.«
Es konnte eine Art Spezialeffekt sein, wie das berüchtigte Video über die »Alien-Autopsie«, aber wenn sie das nur vorspielten, dann hätten sie doch für eine bessere Filmqualität gesorgt. Und warum sollte außerdem in Zeiten von CNN und investigativem Journalismus jemand die Folter eines Gefangenen vortäuschen?
Die Mönche zeigten ihre Gesichter nicht der Kamera, aber es war offensichtlich, dass sie ihren Gefangenen verhörten. Sie hielten hin und wieder inne und beugten sich über den gefesselten Mann, der ihnen nur die Zähne zeigte.
Seine Zähne waren, wie John bemerkte, absolut normal.
»Sie nennen sich selbst die Darkyn«, erklärte Hightower leise. »Wir glauben, dass diese Kreaturen im vierzehnten Jahrhundert ihren Gräbern entstiegen sind, direkt nach dem Schwarzen Tod. ›Dark kin‹, dunkle Verwandte, nannten ihre Familien sie und glaubten zuerst, dass sie lebendig begraben worden ware n – das passierte in jenen Tagen mit alarmierender Regelmäßigkei t – , aber dann fingen sie an, sich von den Menschen zu ernähren.«
John fragte sich, wie, wenn sie keine Fangzähne hatten. »Sie kamen nachts aus ihren Gräbern und tranken Blut, nehme ich an.«
»Sie können Sonnenlicht aushalten, aber nachts sind sie stärker. Knoblauch macht ihnen nichts aus, aber Weihwasser schon. Eigentlich nur Weihwasser, das in Kupfer aufbewahrt wird. Wir lagern das Wasser des Ordens seit dem fünfzehnten Jahrhundert in unterirdischen Kupferzisternen.«
John fragte sich nicht mehr, ob Hightower senil geworden war. Er war sich dessen sicher. »Eure Exzellenz, haben Sie dieses Band Ihren Vorgesetzten gezeigt?«
»Nein, mein lieber Junge, Rom weiß nichts davon. Nur die Mitglieder meines Ordens kennen das Geheimnis der Bruderschaft.« Sein Lächeln verschwand. »Diese Brut des Satans hat mächtige Verbündete. Als sie sich zuerst aus ihren Gräbern erhoben und in die Welt kamen, überantworteten ihre Familien sie der Kirche. Später versteckte man sie vor uns. Völlig verständlich. Wenn die Tempelritter damals Maledicti bei ihren Familien fanden, dann sperrten sie alle, Menschen und Darkyn, in die nächstgelegene Kirche. Und zündeten sie an.«
Angewidert von der Vorstellung und dem Anblick der verbrannten Brust des Gefangenen und der Säure, die jetzt auf seine gebrochenen Oberschenkelknochen geträufelt wurde, griff John nach der Fernbedienung des Videorekorders, um das Band anzuhalten. »Ich habe genug gesehen. Ich mache das jetzt aus.«
»Noch nicht«, warnte Hightower. »Du musst noch das große Finale sehen.«
Ein weiterer Mann, einer mit einem schwarzen Trenchcoat über den breiten Schultern, betrat den Raum. Die Mönche wandten sich um und versuchten, ihn mit Säure zu bespritzen, aber er bewegte sich unglaublich schnell und schlug ihnen die Phiolen aus der Hand. Er schlug mit der Faust so hart in das Gesicht eines Mönches, dass sie bis zum Handgelenk in Blut versank. John musste die Galle herunterschlucken, die ihm die Kehle hinaufstieg, als er sah, wie der Mann seinen Arm bewegte und dem Mönch dabei den Kopf abriss. Der geköpfte Körper fiel zu Boden, und Blut und Ganglien tropften vom Hals auf die Steinplatten.
Der Mann im schwarzen Mantel schüttelte den Kopf des Mönchs von seiner Hand wie jemand anders Rotz von seinem Finger.
John hatte schreckliche Dinge gesehen, aber noch nie etwas so Furchtbares, erbärmlich Groteskes wie das hier. »Herr im Himmel.«
Die beiden anderen Mönche griffen nach der Rolle mit dem Stacheldraht und warfen sie auf den Angreifer. Er fing sie mit der Hand auf, entrollte ein Stück und fing an, die Mönche damit auszupeitschen. Als sie mit blutigen Gesichtern auf den Knien
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