Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)
ihre Stimme, und wenn ja, wer hatte ihr Stahlwolle in den Rachen gestopft?
»Was?« Schmale dunkle Augen wurden weit aufgerissen, bevor Grace von dem Stuhl neben ihrem Bett aufsprang und nach Alex’ Hand griff. »Du bist wac h – oh lieber Gott, ich habe ihnen gesagt, dass du zäh bist, verdammt.« Ihre Praxishelferin brach in Tränen aus.
Alex’ Hals schmerzte; ihr Kopf schmerzte; ihre verdammten Augenlider schmerzten. Und außerdem war es beängstigend, wie schwach sie sich fühlt e – so verletzlich wie ein Neugeborene s – und dass sie nicht in Lage war, ihren Kopf zu heben oder auch nur zur Seite zu drehen. In ihrer Hand steckte eine Infusion, dessen Nadel drückte, als sie die Finger bewegte, um Graces Hand zu drücken. »Is’ gut, Gray.«
»Mein Gott, was ist denn nur mit dir passiert?«
»Weiß nich’.« Alex hatte keine Ahnung, wie sie auf der Intensivstation gelandet war, aber ihr Zustand und ihre Anwesenheit hier sagten ihr, dass sie dankbar sein konnte, noch zu atmen. Sie schloss die Augen und hielt die schmale Hand ihrer Praxishelferin, die ihr Kraft gab. »Komm schon wieder in Ordnung.«
Drei Krankenschwestern und Charlie Haggerty standen sieben Minuten nach Alex’ Aufwachen im Zimmer. »Alex?«
Sie konzentrierte sich auf sein bärtiges Gesicht, den großen, schlaksigen Körper, die zornigen braunen Augen. Er sieht falsch aus. Warum sieht er falsch aus? »Gibt’s Kekse, Baby?«
Charlie schickte Grace mit den Krankenschwestern nach draußen und untersuchte sie selbst.
Alex beantwortete seine Fragen, aber als er ihr den Patientenkittel wieder über die Brüste schob, stellte sie selbst einige. »Warum bin ich hier? Wie lange bin ich schon hier? Hatte ich einen Unfall?«
»Du bist letzte Nacht eingeliefert worden, bewusstlos und mit anderthalb Litern Blut zu wenig.« Er riss sich das Stethoskop aus den Ohren und ließ es von seinem Hals baumeln. »Wer hat das getan? Wohin hat er dich gebracht? Hast du sein Gesicht gesehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Kann mich nicht erinnern. Alles ist ein großes schwarzes Nichts.«
»Baby, das musst du aber.« Charlie kniete sich vor das Bett und nahm ihre Hand zwischen seine. »Du bist vor einer Woche verschwunden. Sie haben dich erst gestern gefunden, als eine Dame in einem Warteraum am Flughafen über dich gestolpert ist. Sie haben in deinem Jeep ein paar Fingerabdrücke genomme n – er war auf einem der Langzeitparkplätze abgestell t – , aber sie konnten sie noch niemandem zuordnen.«
Das klang nicht vielversprechend. Sie blickte an sich herunter. »Irgendwelche Wunden?«
»Keine Verletzungen. Wir haben einen Abstrich gemacht, aber keine Anzeichen für Geschlechtsverkehr gefunden. Du hast keinen Kratzer, nicht einmal einen Nadeleinstich.« Er beugte sich vor und küsste sie ganz leicht. Tränen fielen aus seinen Augen und hinterließen nasse Flecken auf ihrer Stirn und ihren Wangen, bevor er sie an sich zog. »Oh Gott, Al. Ich dachte, ich würde dich verlieren.«
Sie wollte sich aus seiner heftigen Umarmung befreien, aber sie ließ es zu, dass er sie hielt und seine Angst aussprach. Merkwürdig, dass sie selbst nicht viel Angst fühlte. Etwa s – vielleicht der Blutverlust oder die Schwäch e – schien ihre Gefühle in einem zähflüssigen, alles isolierenden Gel einzuschließen.
Wie Charlie waren auch Alex’ besorgte Kollegen nicht in der Lage zu erklären, wie sie fast hatte verbluten können ohne eine körperliche Wunde, die den Blutverlust erklärte. Alex konnte ihnen auch nicht helfen. Sie erinnerte sich nur noch daran, wie sie das Krankenhaus verlassen hatte und zu ihrem Jeep gegangen war. Danach war sie auf der Intensivstation aufgewacht und hatte Grace schimpfen hören.
Es war offensichtlich, dass sie entführt worden war, aber das Wann, Wohin und Warum entzog sich ihr völlig, genauso wie das Wer. Und wie das bei Erinnerungslücken so ist, waren sie für Alex belastend und ohne Kopfverletzungen und Drogen im Körper auch verdammt schwer zu erklären. Sie waren jedoch nicht zu leugnen. Der Polizist, der vorbeikam, um Alex’ Aussage aufzunehmen, bestätigte, dass sie, wie Charlie gesagt hatte, sechs Tage verschwunden war.
Nachdem man sie drei Tage lang jedem erdenklichen Test unter der Sonne unterzogen hatte, um den Blutverlust zu erklären, ohne einen Grund zu finden, hoben Alex’ Kollegen ratlos die Arme und ließen sie gehen. Charlie fuhr sie nach Hause und half ihr, sich einzurichten.
»Ich könnte deinen Bruder
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