Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag

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geistlos fort: » Was machen Sie denn hier? «
    Er war dermaßen schockiert, dass er sogar eine Antwort hervorbrachte. » Ich bitte Sie, Patrick, hier nebenan ist ein Sumpf, wo ein bestimmtes Nachtschattengewächs… « Plötzlich stutzte er. » Und was « , sagte er, » was machen Sie hier? «
    Vage hoffte ich, mich durch einen Bluff zu retten. Angesichts meiner Überrumpelung– ich hatte ihm das Fernglas aus der Hand geschlagen, das Vogelbestimmungsbuch, das Handbuch der wild wachsenden Blumen New Englands, seine Taschenlampe, die mit Kakao gefüllte Thermoskanne– und der Tatsache, dass auch ich ihn erwischt hatte an einem Ort, wo er nicht hätte sein dürfen, standen meine Chancen fünfzig zu fünfzig. » Ach, Mr. Pugh « , fing ich an, » es war so ein lauer Abend, und ich bin ein großer Vogelfreund, und da dachte ich, vielleicht sehe ich ja eine Baltimore Goldamsel oder… «
    » Oh, Patrick, helfen Sie mir. Ich habe solche Angst « , wimmerte Agnes.
    Mr. Pugh warf einen Blick hinüber zu Agnes, die, überlebensgroß, im hellen Mondlicht stand, dann schaute er mich an und sagte kühl: » Und wer ist das? «
    » Och, die da? Das ist nur Agnes. Ja, sie ist die Alice B. Toklas meiner Tante, und gerade wollte ich… «
    » Ich « , sagte Agnes laut und vernehmlich, » bin Mrs. Patrick Dennis. «
    Die folgenden Stunden möchte ich nicht noch einmal durchmachen, und wenn man mir Europa zu Füßen legen würde. Mr. Pugh kletterte aus dem Graben und brachte Agnes und mich in Windeseile zurück zum Hotel. Agnes protestierte unentwegt, man habe ihr einen Spaziergang von vier Meilen verordnet und wir seien gerade mal anderthalb gegangen. Ich protestierte, es sei alles ganz anders, als es den Anschein habe, und ich flehte Agnes an, endlich damit aufzuhören und zuzugeben, wer sie wirklich sei. Leider hatte Tante Mame sie viel zu sehr indoktriniert, und um nichts in der Welt hätte sie ihren wahren Namen preisgegeben. » Ich bin Mrs. Patrick Dennis « , wiederholte sie hartnäckig.
    » Das stimmt nicht, Mr. Pugh « , sagte ich. » Ihr Name ist nicht Mrs. Patrick Dennis. Ich bin nicht verheiratet mit ihr, und ich werde sie auch niemals heiraten. Ichbin mit niemandem verheiratet. Ich bin nur zufällig… «
    Er sah mich mit einem vernichtenden Blick an, während Agnes ins Haus huschte, dann packte er mich am Arm und brachte mich zurück zur Schule. Die halbe Nacht verbrachte ich in seinem Zimmer und versuchte, ihn zu überzeugen. Ich gestehe freimütig, dass die wahre Geschichte, an einem Stück erzählt, wenig plausibel klang, doch gegen fünf Uhr morgens hatte ich Mr. Pugh immerhin so weit, dass er zwar seine Meinung, ich sei ein Schänder unschuldiger Jungfrauen, nicht gänzlich revidierte, den Versuch, meine Aussage zu erschüttern, jedoch aufgab. Er gab mir Kakao zu trinken, versprach, nichts von alldem weiterzusagen vorerst, und brachte mich auf mein Zimmer.
    Am nächsten Tag kam ich mir vor wie ein Zombie, und gegen drei Uhr konnte ich es kaum abwarten, in die Stadt zu gehen und Kriegsrat mit Tante Mame zu halten. Die letzte Stunde hatten wir bei Mr. Pugh, » Englische Lyrik des neunzehnten Jahrhunderts « . Kaum erklang das Pausenzeichen, um uns auf den Sportplatz von St. Boniface zu entlassen, da kam Mr. Pugh auf mich zu und bat mich, nach dem Unterricht zu bleiben.
    » Und jetzt, junger Mann « , sagte er, » werden Sie und ich in die Stadt gehen, um diese geheimnisvolle Verwandte von Ihnen zu besuchen, und jene unglückliche Frau, die– vielleicht, vielleicht auch nicht– Ihre Frau und die Mutter Ihres Kindes ist. «
    » Mr. Pugh… « , hob ich verzweifelt an.
    » Kommen Sie « , sagte er streng.
    Tante Mame war eine sehr dynamische Frau, jedenfalls behauptete das jeder. Sie konnte der charmanteste Mensch sein, und es gab praktisch keine Situation, der sie nicht gewachsen war. Allerdings hatte sie gerne etwas Vorbereitungszeit, um voll und ganz in der Rolle aufzugehen, die sie zu spielen gedachte. Dies eingedenk, wollte ich sie vorwarnen, was auf sie zukommt. Unterwegs sagte ich sogar: » Ich springe mal eben hier ins Lokal und rufe meine Tante an, Mr. Pugh. Dann kann sie schon mal Tee oder irgendwas für uns bestellen. «
    » Das ist nicht nötig, Patrick. Unser Gespräch wird nur von kurzer Dauer sein. Ich muss heute Nachmittag Klassenarbeiten korrigieren, und Sie, Sie sollten zwischen den Mahlzeiten in der Schule nichts essen. «
    Sehnlichst wünschte ich mir, Tante Mame und Agnes wären unterwegs, aber