Darling Jim
Wahnsinns in den Klauen, und das Blut in seinen Ohren dröhnte wie die dumpfen Trommeln, die seine Mannwerdung auf dem Schlachtfeld begleitet hatten. Es strömte durch die tiefen, instinktiven Bereiche seines Körpers, die Menschen weder wahrnehmen noch hören können. Und es gab keinen Zweifel daran, was sein Blut ihm befahl, trotz seiner glatten, rosafarbenen Haut, die so tat, als bedecke sie den Körper eines Menschen. Sein Blut wusste, wer er war, egal, wie diese Kreatur auch genannt werden mochte.
Euan blickte auf Prinzessin Aisling herab, die sich an seinen Oberarm geschmiegt hatte. Ihr blondes Haar ergoss sich auf das seidene Kissen.
Er starrte durch das offene Fenster auf den Wald, aus dem mannigfaltige Düfte aufstiegen und wo der Geruch von neu erblühten Rosen sich mit dem Moschus der Hirsche mischte, die zu Beginn der Brunft Bäume mit ihrem Sekret einrieben. Eine Taube flatterte vorbei, und die Welt weitete sich aus. Sein Herz begann zu pochen, und ganz von selbst schien es zu wachsen, bis es groß genug war, ein wanderndes Raubtier am Leben zu erhalten.
Die junge Frau bewegte sich, kratzte sich an der Nase und öffnete träge die Augen.
»Guten Morgen, Vetter«, sagte sie und wandte ihm das Gesicht zum Kuss zu.
Ich habe meine Entscheidung schon vor langer Zeit getroffen, dachte Euan. Er wusste jetzt, dass der alte Wolf ihm nicht alles gesagt hatte. Seine größte Qual lag in diesem Augenblick. Ich war schon der, der ich bin, bevor ich meinen Bruder ermordete, bevor ich es genoss, Frauen zu foltern und ihnen dann das Leben auszupressen. Sogar in menschlicher Form werde ich immer der bleiben, der ich bin.
Ein Raubtier.
Getrieben von der Angst meiner Beute, lustvoll dem Augenblick des Tötens entgegenfiebernd.
»Vetter?«, fragte Aisling, die spürte, dass sich der Körper neben ihr verwandelte.
Prinz Euan dachte, sein Kopf würde zerspringen, als sein Schädel in die Länge wuchs und scharfe, gelbe Zähne aus seinem Gaumen schossen. Der Schmerz war unerträglich. Er riss das Maul auf und sah, wie auf seinen Armen schneller als ein Gedanke grauer Pelz wuchs. Kurz zögerte er noch, das junge Leben neben ihm auszulöschen.
Dann verbiss er sich in Aislings Hals und schüttelte sie, bis er das leise Knacken hörte.
Die Wächter auf dem Burgfried schworen später, sie hätten einen Wolf aus dem Turmfenster springen sehen, der nach seiner Landung zwischen den Bäumen verschwand.«
XIX.
Jim säuberte sich die Fingernägel und summte ein Liedchen. Dabei beobachtete er, wie wir dastanden und immer noch auf eine Geschichte lauschten, die längst vorbei war. Er grinste und suchte in seiner Hemdtasche nach Zigaretten. Am häufigsten wanderte sein Blick zu mir. Das Messer in meiner Hand war glitschig vor Schweiß. Der Mann, der seine Hunde am Strand Gassi geführt hatte, war verschwunden. Ich hörte meine Schwestern atmen.
»Du hast vergessen, uns das Ende deiner Geschichte zu erzählen«, sagte Aoife tonlos. Die Flinte hielt sie in der Hand wie ein Gartenwerkzeug.
»Habe ich noch eine Minute übrig?«, fragte der Geschichtenerzähler spöttisch.
Fiona umklammerte das hässliche, schwere Ding, das sie in der Hand hielt. Es war Jims eigener Hammer. »Mir musst du noch etwas erklären«, sagte sie brüsk. Aber ihr Blick wanderte so hektisch zwischen Aoife und mir hin und her, dass sie niemandem Angst einjagte.
Jim kicherte, ich höre das Geräusch immer noch. Wie ein unbeliebter Onkel, der dir auf der Familienfeier schmutzige Geheimnisse zuflüstert. Du weißt sicher, was ich meine, oder?
»Was hast du wirklich zu diesem Schweden gesagt?« Fionas Stimme klang, als schnüre ihr ein Strang die Kehle zusammen.
Jim schüttelte den Kopf. »Benutz deine Phantasie. Was macht aus einem bärenstarken Mann einen ängstlichen Hosenscheißer? Ein Märchen habe ich ihm wohl kaum erzählt.« Er starrte zum Himmel hinauf, als wolle er später noch einen Drachen steigen lassen. »Ich hab ihm gesagt, ich würde seine Freundin umbringen und ihn dabei zusehen lassen. Bist du wirklich so naiv?«
»Und diese Frauen?«, beharrte Fiona und versuchte krampfhaft, nicht loszuheulen. »Warum mussten sie sterben? Sie waren doch keine Bedrohung für dich. Sarah war nur ... «
»Zur falschen Zeit am falschen Ort«, sagte Jim gelangweilt. »Sie hat gehört, wie Tomo und ich über unsere Methode sprachen. Die arme Mary Holland hörte, wie Tomo ihr Haus ausräumte, also musste sie weg. Und Kelly, an die du dich sicher noch gut
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