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Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)

Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition)

Titel: Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giulia Enders
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starker Erwärmung von Milch. Pasteurisierte Milch wird kurz erhitzt und enthält deshalb schon mal mehr Lactulose als rohe Milch. Ultrahocherhitzte Milch enthält wiederum mehr als pasteurisierte und so weiter. Es gibt aber auch nicht-milchige Abführzucker, zum Beispiel Sorbit. Sorbit ist in einigen Obstsorten enthalten – etwa in Pflaumen, Birnen oder Äpfel. Das ist einer der Gründe für das verdauungsfördernde Image von Pflaumen und für die Warnung, dass zu viel frischer Apfelsaft Durchfall verursacht. Weil Menschen Sorbit wie Lactulose kaum ins Blut aufnehmen, wird es oft als Zuckeraustauschstoff benutzt. Dann heißt es E420 und ist zum Beispiel bei zuckerfreien Hustenbonbons der Grund für den Hinweis: »Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken.« In einigen Studien hat Sorbit denselben Effekt wie Lactulose, aber zeigt insgesamt weniger Nebenwirkungen (eben keine unangenehmen Blähungen).
    Die kleinen Molekülketten sind von allen Abführmitteln am verträglichsten. Sie heißen so, wie Molekülketten gerne mal genannt werden – zum Beispiel Polyethylenglykol, kurz PEG . Sie bringen den Salzhaushalt nicht so durcheinander wie Salze und verursachen auch kaum Blähungen wie Zucker. Die Kettenlänge steckt oft schon im Namen: PEG 3350 ist so viele Atome lang, dass es ein Molekulargewicht von 3350 hat. Das ist viel besser als PEG 150 – denn hier sind die Ketten so kurz, dass wir sie ungewollt im Darm aufnehmen könnten. Gefährlich wäre das nicht unbedingt, aber irritierend für den Darm, denn Polyethylenglykol gehört definitiv nicht zu unserem Speiseplan.
    Kurze Ketten wie PEG 150 gibt es deshalb nicht in Abführmitteln – aber zum Beispiel in Hautcremes. Hier gehen sie einer sehr verwandten Beschäftigung nach: Sie helfen, die Haut geschmeidiger zu machen. Dass sie Schaden verursachen, ist unwahrscheinlich, aber noch nicht ausdiskutiert. Abführmittel wie PEG enthalten ausschließlich die unverdaulichen Ketten und können so über lange Zeit ohne Probleme genommen werden – hier muss man nach den neusten Studien keine Angst vor Abhängigkeit oder Dauerschäden haben. Einige Forschungsergebnisse legen sogar nahe, dass sie die Schutzbarriere des Darms verbessern.
    Osmotische Abführmittel wirken nicht nur durch Feuchtigkeit, sondern auch durch Masse. Je mehr Feuchtigkeit, wohlernährte Darmflorabakterien oder Molekülketten in so einem Darm befindlich sind, desto stärker wird der Darm angeregt, sich zu bewegen. Das ist das Prinzip des peristaltischen Reflexes.
Ein Prachthaufen durch Kotgleiter
    … klingt nach einer fabelhaften Freizeitaktivität: Kotgleiten – das Paragliding des Dickdarms. Der Erfinder der Vaseline, Robert Chesebrough, schwor auf einen Löffel Vaseline täglich. Vaseline zu essen dürfte einen ähnlichen Effekt haben wie die Einnahme anderer fetthaltiger Kotgleiter – in einer unverdaulichen Fett-Überdosis umhüllen sie das Transportgut und helfen so beim einfacheren Abtransport. Robert Chesebrough wurde 96 Jahre alt, was erstaunlich ist, denn wer täglich fettige Gleitmittel isst, verliert dadurch zu viele fettlösliche Vitamine. Diese werden nämlich ebenfalls eingemantelt und abtransportiert. Dadurch entsteht ein Mangel, der zu Krankheiten führt – vor allem, wenn man es zu oft macht und übertreibt. Vaseline gehört nicht zu den offiziellen Kotgleitern (und sollte auch wirklich nicht gegessen werden) – die allbekannten Kotgleiter wie Paraffinöl sind allerdings auch keine überzeugendere Dauerlösung. Sie können als Übergangslösung sinnvoll sein – zum Beispiel bei unangenehmen, kleinen Wunden oder Hämorrhoiden am Darmausgang. In so einem Fall ist es sogar gut, für weicheren Kot zu sorgen, damit man am Ende keine Schmerzen hat oder etwas kaputtmacht. Dafür eignen sich allerdings auch gelbildende Ballaststoffe aus der Apotheke, die deutlich verträglicher und ungefährlicher sind.
Ein Prachthaufen durch Hydragoga
    … entsteht durch massives Ankurbeln des Darms. Diese Abführmittel sind für Verstopfte mit sehr schüchternen, langsam agierenden Darmnerven. Ob das auf einen zutrifft, kann man durch verschiedene Tests herausfinden – einer davon beinhaltet das Schlucken von kleinen medizinischen Kügelchen, die ein Arzt mit einem Röntgenapparat bei ihrer Wanderung durch den Darm fotografiert. Wenn nach einer gewissen Zeit immer noch die meisten Kugeln überall verstreut sind und sich nicht brav am Darmausgang versammelt haben, dann sind Hydragoga

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