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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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auseinander, dass sie keinen Nachwuchs mehr haben können und zwei Arten bilden.
    Dieser Vorgang, im Fachjargon »allopatrische Speziation« genannt, wurde 1942 von dem deutsch-amerikanischen Biologen Ernst Mayr auf eine solide theoretische Basis gestellt. Lange glaubten die Biologen, räumliche Trennung sei die Grundvoraussetzung zur Artbildung. Inzwischen gilt auch die »sympatrische Speziation« als gesichert, bei der es ohne geografische Barrieren zu getrennten Fortpflanzungsgemeinschaften kommt, die zu Spezies werden können.
    Der Konstanzer Biologe Axel Meyer hat den Vorgang eindrucksvoll an Fischen in afrikanischen Kraterseen nachweisen können. Forscher am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell berichten im Sommer 2008 über einen vergleichbaren Effekt bei Mönchsgrasmücken, die im Winter nach Großbritannien oder Spanien fliegen: Nordreisende kehren früher zurück und paaren sich nur untereinander. Auch aus solchen anfangs nur reproduktiv getrennten Gruppen können Arten entstehen. Doch räumliche Trennung gilt nach wie vor als Hauptursache. Geologie macht Biologie. Kontinente brechen auseinander, Gebirgszüge falten sich auf, Flüsse oder Wüsten teilen Länder. Der rastlose Planet schafft immer wieder neue Trennungen und treibt die Evolution voran.
    In seinem Reisebericht, der 1839 erscheint, macht Darwin eine erste vorsichtige Andeutung. Diese Berge existieren als große Barriere, seit die heutigen Tierrassen aufgetaucht sind, und daher sollten wir … zwischen
den organischen Wesen auf den gegenüberliegenden Seiten der Anden keine größere Ähnlichkeit erwarten als zwischen jenen an den gegenüberliegenden Küsten eines Ozeans. Und dann kommt der Wink an die Kreationisten: … es sei denn, wir gehen davon aus, dass dieselbe Art an zwei verschiedenen Orten entstanden ist .
    In der zweiten Auflage 1845 wagt er sich weiter vor - diesmal in Form einer Fußnote: Die gesamte Argumentation basiert natürlich auf der Annahme der Unveränderlichkeit der Arten, ansonsten könnte man den Unterschied bei den Arten in den beiden Gebieten als im Laufe einer gewissen Zeit dazugekommen ansehen. So kryptisch wie nötig, so ketzerisch wie möglich, aber niemandem fällt es auf.
     
    Der Abschied des einstmaligen Priesteranwärters vom Glauben vollzieht sich in Raten. Längst baut er darauf, dass sich alles Leben ohne die lenkende Hand eines Schöpfers entwickelt hat. Wie alle Kreaturen ist auch der Mensch nur das Resultat einer endlosen Kette von Zufällen. Aber Darwin lebt mit einer gläubigen Frau, seine Kinder werden christlich erzogen, und Religion gilt als Garant der Moral. Ohne den Herrscher im Himmel, so die landläufige Meinung, versänke die Welt im Chaos.
    Der Tag, an dem er seinen Gott verliert, lässt sich genau datieren: Mittwoch, der 23. April 1851. Annie, seine älteste Tochter und mit ihrem fröhlichen Wesen sein Lieblingskind, hat erstmals im Frühsommer 1850 über Übelkeit, Fieber und Kopfweh geklagt. Hausarzt Dr. Holland, Charles’ und Emmas Cousin zweiten Grades, später Leibarzt von Königin Victoria, hält es für möglich, dass die Neunjährige ihre Magenbeschwerden vom Vater geerbt hat. Das schreckliche Gespenst wird Darwin nicht los. Kurz nach ihrem zehnten Geburtstag erkrankt Annie an Grippe, erneut mit Übelkeit und Bauchweh. Da nichts gegen ihr Leiden hilft und sie immer schwächer wird, soll sie wie zuvor ihr Vater in die Wasserkur von Doktor Gully. Er bringt sie persönlich ins Sanatorium, das ihm selbst so gutgetan hat. Nach ein paar Tagen, ihr Zustand hat sich stabilisiert, lässt er sie mit dem Kindermädchen zurück und fährt heim nach Down.
    Gut zwei Wochen später trifft dort die Nachricht ein, Annie habe einen schweren Rückfall erlitten. Kurz vor Ostern nimmt Darwin in Great Malvern schockiert sein ausgezehrtes Töchterchen in die Arme.
Er wacht an ihrem Bett, hält die Hand der Zitternden und wischt ihr den kalten Schweiß von der Stirn. Für kurze Zeit tritt Besserung ein, und mit ihr kehrt alle Hoffnung zurück. Doch sie währt nicht lange. Am Dienstag nach Ostern bekommt das ohnehin geschwächte Kind schwere Durchfälle. Vor den Augen des Vaters, der ebenfalls mit Übelkeit und Magenkrämpfen kämpft, lassen ihre Lebenskräfte nach.
    Genau um zwölf Uhr mittags am 23. April weicht die letzte Energie aus ihrem Körper. Annie ist ohne einen Seufzer in ihren letzten Schlaf hinübergeschlummert, schreibt Darwin, am Boden zerstört, nach Hause. Stundenlang verharrt

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