Darwin - Das Abenteuer Des Lebens
Ich bin mit Michael Sterzik von der Europäischen
Südsternwarte verabredet. Er arbeitet auf einem Gebiet, in dem Entdeckungen, bedeutend wie diejenigen Darwins oder Kopernikus’, winken: der Suche nach außerirdischem Leben.
Wenn die Sonne versinkt in den Bergen der Atacama, verwandelt sich das Land in eine Märchenszene vom Anfang der Welt. Hier oben herrscht so klare Sicht, dass der Himmel gleichzeitig zum Anfassen nah und unfassbar fern erscheint. Die gesteigerte Leuchtkraft von Mond und Sternen in dieser Höhe war dank der vollkommenen Transparenz der Luft ganz bemerkenswert. Genau das macht die Anden zum Dorado für Astronomen weltweit.
Hinter Sterziks Forschung steht eine Alles-oder-nichts-Frage, die wir nie vollständig mit Ja beantworten könnten. Doch ein einziges Nein würde alles verändern: Sind wir allein? Sterzik gehört nicht zu den Leuten, die an hochempfindlichen Radioempfängern drehen und hoffen, dass Außerirdische ihnen Botschaften schicken. Der deutsche Astronom und seine Kollegen gehen grundsätzlicher vor - und erfolgversprechender: Sie suchen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, sogenannte Exoplaneten, auf denen erdähnliche Bedingungen herrschen könnten.
Bei der Frage, ob überhaupt Leben irgendwo anders möglich ist, gehen die Meinungen der Wissenschaftler weit auseinander. Die professionellen Optimisten in der Lauschstation des Seti-Projekts in Kalifornien sagen die Existenz von zehntausend intelligenten Zivilisationen allein in der Milchstraße vorher. Andere halten dagegen, die Erde könne im Universum der einzige Lebensraum sein. Sie führen die vielen Zufälle ins Feld, die erst die Voraussetzung für Leben auf der Erde schufen.
Als es Nacht wird in La Silla und streunende Füchse zwischen den Silberkuppeln des Observatoriums ihre Jagd nach Mäusen aufnehmen, herrscht in der Kontrollstation zwischen Dutzenden Monitoren so etwas wie routinierte Aufbruchstimmung. Die Kuppelschalen haben sich geöffnet, die Teleskope liefern Messwerte, die Rechner sortieren mit raffinierten Programmen mögliche Treffer aus der Datenflut. Zielgebiet ist nur unsere Milchstraße, die allein mehr als hundert Milliarden Sonnensysteme umfasst. Die an sich schon unvorstellbare Zahl gerät im Licht der geschätzten hundert Milliarden Galaxien im Universum völlig außer Reichweite jeder Fantasie.
Wer die Astronomen mit leisen Stimmen sprechen hört, könnte meinen, Biologen zu belauschen. Da ist von der Evolution des Alls die Rede, von Sternen, die geboren werden oder sterben, von jungen und alten Galaxien und von der sagenhaften Vielfalt der Himmelskörper, die alle so einzigartig und unverwechselbar sind wie irdische Lebewesen.
Aus der nüchternen Perspektive der Sternengucker haben wir mit der Erde unglaublich viel Glück gehabt. Es ging schon vor der Geburt unserer Sonne in einer zusammenstürzenden kosmischen Staubwolke los. In der »Nähe« verging gerade in einer gewaltigen Supernova ein Stern und spie schwere Elemente wie Eisen oder Nickel ins All. Allein dieser Explosion verdankt die Erde die für das Leben unentbehrlichen Stoffe. Wie durch ein Wunder ist es seither zu keiner weiteren Supernova gekommen, die durch Röntgenstrahlen alles Leben ausgelöscht hätte.
Bis vor etwa 3,8 Milliarden Jahren war unser Planet gewaltigen Einschlägen kleinerer Himmelskörper ausgesetzt, in deren Folge die Ozeane immer wieder verdampften und alles sterilisierten. Nach Schätzungen bekam die junge Erde um die zwanzigtausend größere »Impacts« ab, einige darunter von kolossalem Ausmaß. Als das schlimmste Bombardement vorbei war, entstand in kürzester Zeit das erste Leben. Das ging so schnell, dass manche Experten glauben, es müsse von außen gekommen sein, etwa vom Mars. So umstritten diese »Panspermien-Hypothese« bis heute geblieben ist, so einmütig geht die Fachwelt davon aus, dass die Erde regelmäßig mit organischer Substanz »geimpft« worden ist. Die Grundbausteine des Lebens wären damit aus anderen kosmischen Küchen gekommen.
Doch damit der Zufälle nicht genug. Die Temperaturverhältnisse in der Erdatmosphäre waren gerade ideal, damit Regen die Treibhausgase, vor allem Kohlendioxid, auswaschen konnte. Auf der Venus sorgt der Treibhauseffekt durch diese Gase für eine Dauertemperatur von über vierhundert Grad - Leben auf wässriger Basis unmöglich. Der Mond, ebenfalls aus einer gewaltigen Kollision mit der Erde hervorgegangen, stabilisiert deren Rotationsachse so, dass alle Seiten
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