Darwin - Das Abenteuer Des Lebens
Gehirn vollmüllen.« - »Trotzdem erreicht viel nützliches Wissen sehr viele Leute.« - »Was soll an einer Soap nützlich sein außer der Unterhaltung?« - »Wir sehen andere Kulturen, erfahren, wie andere Menschen leben.« - »Als Kunstprodukt.« - »Auch das öffnet den Horizont.« - »Und macht ihn gleichzeitig klein.« - »Das ist der Preis für das Beste am Fernsehen.« - »Und das wäre?« - »Es schafft Weltöffentlichkeit.«
Tochter Manuwai hat ihren Höhlendienst beendet und wieder hinter dem Schalter Platz genommen. Sie hilft nur während der Ferien im Familienbetrieb aus. Ansonsten studiert die junge Mutter in Auckland Psychologie. »Das ist die zweite kulturelle Errungenschaft unserer Zeit«, sagt George. »Die Emanzipation der Frau. Ich habe sehr, sehr lange gebraucht, um das zu kapieren. Gib Mädchen die gleiche Bildung wie Jungen, und sie sind nicht nur genauso gut, sondern besser.«
In der Mythologie der Maori haben die Götter Kinder. Am Anfang stehen der Himmel als Vater und die Erde als Mutter. Von ihnen stammen alle weiteren Linien ab. Wie in jedem Stammbaum spalten sie sich in immer neuen Verzweigungen auf. Alle Wesen gehen auf einen Ursprung zurück und sind miteinander verwandt. »Kommt dir das bekannt vor?« - »Darwin nennt es Lebensbaum.« - »Darauf kommt man auch, wenn man sich durch alle Vorfahren bis an den Anfang der Zeit zurückdenkt. Es gibt mehrere Wege zum selben Ziel.« - »In der Evolution heißt so etwas Konvergenz.« - »Zwei Kulturen,
eine Wahrheit. Deshalb können wir in beiden leben, als wären sie eins.« Tochter Manuwai hat ihren Sohn »Temaunga Haruru« getauft, »brüllender Berg«, weil bei seiner Geburt ein Vulkan ausbrach. Ihr eigener Name bedeutet »Wasservogel«. Ihrer akademischen Karriere hat das nicht geschadet.
Zum Abschied reicht mir George wieder seine Pranke. Gedankenverloren schlage ich ein. Doch er packt nicht zu, sondern zieht mich sanft zu sich heran und setzt seine Nase fest auf meine. Dies dauerte erheblich länger als ein herzlicher Händedruck bei uns, und so wie wir dabei die Kraft des Handgriffs variieren, drücken auch sie unterschiedlich stark. Manuwai tut es ihrem Vater gleich. »Hast du verstanden?«, fragt sie, als sich unsere Nasen wieder voneinander lösen. »Wir haben gerade zum ersten Mal unseren Atem zusammengebracht.«
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Sydney und Blue Mountains
Gewaltige Canyons · Wallerawang · Der zweite Schöpfer · Das älteste Kulturvolk der Welt · Traumpfade · Die Entschuldigung
Wo beginnt bei einer Erdumrundung eigentlich der Heimweg? Seit einem Jahr habe ich mir gewünscht, heimzukehren und meine Wünsche in nicht gerade freundlichem Murmeln geäußert, schreibt Darwin seiner Schwester Caroline vor der Abreise von Neuseeland nach Australien. Du wirst sehen, dass wir den Meridian der Antipoden passiert haben und nun auf der rechten Seite der Welt sind. Die Datumsgrenze ist überschritten, ein Tag im Kalender verloren, die Zahlen auf den Kilometertafeln nehmen ab. Im Geiste fährt er über eine Karte, die Erde ausgebreitet, rechts unten wie ein fetter Bumerang der fünfte Kontinent. Im Zentrum Greenwich, London, Mittelpunkt der Welt. Die Zeit von dort trägt die Beagle in ihrem Bauch. Zweiundzwanzig Chronometer, um die Vermessung des Planeten ein weiteres Stück voranzubringen. Sydney, Hobart in Tasmanien und das heutige Albany an der Westküste - wichtige Referenzorte in der globalen Kette der Längengrade.
Ich zähle und zähle wieder jeden Punkt auf der Reise heimwärts. Eine verlorene Stunde erscheint folgenreicher als vorher eine Woche. Die Luft scheint raus, die Tour wird zur Tortur. Keine Geologie mehr, aber reichlich Seekrankheit; bis hierher haben sich Freud und Leid die Waage gehalten; jetzt gibt es Letzteres im Übermaß. Der Heimweg beginnt, wenn das Heimweh das Fernweh überwältigt.
Das Leben birgt die schönsten Momente, wo man sie am wenigsten erwartet. Auch das letzte Drittel hält seine Höhepunkte bereit. Zunächst aber wartet ein kleiner Schock. Als wir vor Anker gingen, war ich noch voller Erwartungen; doch bald legte sich ein Dämpfer auf die ganze Szene durch die Neuigkeit, dass es nicht einen einzigen Brief für die Beagle gab. … Ich fühlte mich sehr geneigt, mich hinzusetzen und ordentlich zu weinen. So
ähnlich geht es mir bei meiner Ankunft. Mein Laptop ist erblindet, der Monitor komplett gerissen. Bis Sydney hat er durchgehalten wie ein Schwerverletzter, als ob er wüsste, dass hier Rettung
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