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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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Edinburgh ohne Abschluss, geht mit Bruder Erasmus Anfang 1828 nach Cambridge, nutzt wie Vetter Fox die Rückfallposition, die Männern ihres Standes vorbehalten ist, studiert Theologie, bekennt sich zu den 39 Artikeln der anglikanischen Kirche, beginnt jeden Tag am College mit dem Besuch der Messe, immer das Wissen im Hinterkopf, mit dem Geld seines Vaters eine der begehrtesten Pfarreien Englands ersteigern und als Professor mit Priesterweihe seinen
wissenschaftlichen Interessen nachgehen zu können. Er pflegt seine Hobbys als Jäger und Sammler mit doppelläufiger Flinte und ein paar Dutzend Schaukästen voller Käfer. Es war die bloße Leidenschaft des Sammelns … ich stellte einen Arbeiter an … auf diese Weise erhielt ich mehrere sehr seltene Arten.
    Einmal droht er völlig vom rechten Pfad abzukommen, bezweifelt, innerlich vom Heiligen Geist berufen zu sein, stellt sogar das Käfersammeln fast ganz ein, feiert mit Saufkumpanen sehr lustige Feten , raucht, bringt sein gesamtes Geld durch, kommt oft erst nach Mitternacht nach Hause und riskiert sogar den Rauswurf aus dem College. Ich bin in einen so totalen und absoluten Zustand der Faulheit geraten, dass es ausreicht, um alle Fähigkeiten zu lähmen; vormittags Reiten und Spazierengehen, am Abend hemmungsloses Spielen bei Van John, daraus besteht meine sinnvolle und lehrreiche Lebensführung. Der Herr helfe mir . Es hätte nicht viel gefehlt, und Charles wäre den gleichen Weg gegangen wie sein Bruder Erasmus: Der gibt die Medizin dran, der Vater setzt ihm eine Pension aus, er tritt mit fünfundzwanzig in den Ruhestand, lässt sich in London nieder und krümmt zum Geldverdienen niemals einen Finger.
    Doch Charles entscheidet sich für eine andere Richtung. Das hat er in erster Linie dem Cambridger Botaniker John Henslow zu verdanken, dessen Soireen er jeden Freitagabend besucht. Die beiden gehen gemeinsam zum Botanisieren ins Feld, und als Darwin einen insektenfressenden Wasserschlauch, eine Pflanze der Gattung UTRICULARIA findet, die ganz oben auf Henslows Wunschliste steht, wird er zu dessen Lieblingsschüler.
    Sein bester Lehrer aber ist er schon immer sich selbst gewesen. Als Junge hat er die »Wunder der Welt« gelesen und von großen Reisen geträumt. Jetzt verschlingt er nicht nur Humboldts »Vom Orinoko zum Amazonas«. Er studiert das Werk des Astronomen und Philosophen John Herschel, der ihm vor Augen führt, wie weit sich die Welt wissenschaftlich erklären lässt. Und natürlich liest er »The Evidence of Christianity« von William Paley, in dessen früherem Zimmer am Christ College er zufällig wohnt. Dass viele der »Beweise für das Christentum« sich einmal gegen dasselbe wenden würden, gehört zu den feinen Ironien der abendländischen Geistesgeschichte.
    Interessante Parallele zu Albert Einstein, der ebenfalls wesentliche
Teile seiner Bildung nicht Lehrern oder Fachprofessoren, sondern Weggefährten, Mentoren und dem intensiven Selbststudium auf den Gebieten seiner wahren Interessen verdankt. Die sture Paukerei nach Lehrplan lehnen beide ab. Ihr Abschluss bleibt weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Ein weiterer Beweis dafür, dass man es auch ohne gute Schule und Noten weit bringen kann, »Feuereifer« vorausgesetzt. An beide werden sich Schul- und Studienkameraden später als genial und nach innen gekehrt erinnern.
    Ohne diesen Typus genialisch selbstvergessener Querköpfe, zu denen auf ihre Weise auch Leute wie Arno Brichta zählen, ohne ihre Freiheit, auf eigenen Wegen zu neuen Zielen zu gelangen, ohne das stillschweigende Einverständnis aufgeklärter Gesellschaften, Nischen jenseits von Durchschnitt und Mainstream zuzulassen, wären die meisten Triumphe der Wissenschaft nie hervorgebracht worden.
     
    Wir verpassen die Fähre auf die Ilha de Itaparica, die den Weg nach Süden erheblich verkürzt, wenn auch nur um Haaresbreite, offenbar Arnos Spezialität. Das Gitter schließt sich vor unseren Nasen. Wegen dieses ersten möglichen Transfers am Morgen hat er mich vor Tag und Tau aus dem Schlaf gerissen. Wenn wir den nicht schafften, hieß es, müssten wir ewig warten. Jetzt sagt er: »Kein Problem, nehmen wir doch die nächste.« Die geht eine halbe Stunde später. »Dort sind wir dann die Ersten.« So einfach kann das sein. Bis dahin vertreiben wir uns die Zeit bei einem Kaffee unterm Blechdach, auf das unversöhnlich mit seinen tausend Knöcheln der Regen trommelt.
    Am Ticketschalter sollen wir unsere Papiere vorlegen. Wir spielen

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