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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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Veröffentlichung 1915 bis zum Durchbruch.
    Leuten wie Arno Brichta kann ich stundenlang zuhören. In seinem Kopf vereinigen sich Landmassen, brechen wieder auseinander, treiben voneinander weg oder aufeinander zu, drücken sich in- und untereinander,
bäumen sich auf oder ducken sich weg. Die Erde erscheint wie ein riesiges Tier aus flüssigem Stein, das seine Schuppenpanzer ständig verschiebt. Pangäa, der bislang letzte Superkontinent, zerfällt in Gondwana und Laurasia, Meere öffnen, andere schließen, Gebirgsketten erheben sich, Inseln versinken.
    Die Küsten Afrikas und Südamerikas passen bis heute wie Formstücke ineinander. Australien zieht es heftig nach Nordosten, Osterinsel und Galápagos-Archipel rasen förmlich - mit deutlich mehr als fünf Zentimetern pro Jahr, etwa so schnell, wie unsere Fingernägel wachsen - auf Südamerika zu. Nordamerika drängt es weiter nach Westen, Europa nach Osten, der Pazifik wird kleiner, der Atlantik größer. Aus Sicht heutiger Geologen durchlaufen auch Meere einen Lebenszyklus. Sie werden geboren, erleben Jugend, Reife und Alter, bevor sie das Zeitliche segnen. Unser schönes Mittelmeer, Schicksalsgewässer des Abendlands, liegt auf dem Sterbebett. Dafür wird in ein paar Millionen Jahren der Schwarze Kontinent durch einen Ozean geteilt.
    Von diesen Dingen kann Darwin noch nichts wissen. Dennoch legt er bereits wichtige Grundstöcke zur Theorie der Plattentektonik. Während und nach seiner Reise befasst er sich mit der geografischen Verteilung der Arten auf dem Globus und der Ähnlichkeit geologischer Formationen auf unterschiedlichen Inseln und Kontinenten. Verzweigen sich dicke Äste am Baum des Lebens, spiegeln diese biologischen nicht selten geografische Trennungen wider - so wie verwandte Lebewesen auf getrennten Kontinenten darauf hinweisen, dass Letztere einstmals zusammenhingen.
    Wenn Arno zur Beweisaufnahme der Plattentektonik schreitet, Formationen in Südamerika, der Antarktis, Afrika und Australien vergleicht, wenn er von riesigen Meteoritenkratern im dichtesten Urwald Amazoniens berichtet, dann lauscht man Detektiv- und Abenteuergeschichten in einem: Es sind die Teile einer großen Erzählung, der Geschichte unseres Planeten, auf dem über die Zeit alles mit allem zusammenhängt. Solch einem Erklärer verzeihe ich sogar seinen brasilianischen Fahrstil, in dem sich südländischer Spieltrieb und deutscher Effektivitätsdrang verbinden.
    Gute Lehrer sind wichtiger als alles, was es sonst im Leben junger Menschen braucht. Der junge Charles hat sie überwiegend außerhalb
der Schule und an der Universität außerhalb seiner Fachkurse gefunden. Sein Bruder Erasmus führt ihn im gemeinsamen Chemielabor im Gartenhäuschen in die Welt der Elemente und Verbindungen ein. Vetter William Darwin Fox begeistert ihn für Käfer. Ein sechzehn Jahre älterer radikaler Hitzkopf namens Robert Edmond Grant, der die Medizin zugunsten der Flora und Fauna der Meere aufgegeben hat, bringt ihm während der Semester in Edinburgh die verzwickte Suche, Präparation und Unterscheidung wirbelloser Wassertiere an den Küsten Schottlands näher.
    Die beiden schließen Freundschaft mit Schleppnetzfischern, fahren aufs offene Meer, Darwin lässt sich von der Begeisterung für Nacktkiemenschnecken und ähnliches niederes Getier anstecken. Er macht sich Notizen über die Larven von Weich- und Moostierchen, beobachtet gestielte Federkorallen, und am 27. März 1827 hat der gerade Achtzehnjährige seinen ersten öffentlichen Auftritt vor der »Plinian Society«. Er spricht über das Fortpflanzungsverhalten der Moostierchen-Gattung FLUSTRA.
    Durch Grant und seine Gesinnungsgenossen lernt Darwin die neuesten politischen und philosophischen Ideen kennen: Evolution ist das Stichwort der Zeit. Schon Kant, später Goethe und Darwins Großvater Erasmus vermuten einen gemeinsamen Ursprung allen Lebens. Da sie aber nicht erklären können, wie Arten sich verändern und auseinander entwickeln, bleiben ihre Gedanken Spekulation. Gleichwohl liefern sie radikalen Denkern wie Grant das Motiv für ihre Vision einer wandelbaren Gesellschaft aufgrund naturgesetzlicher Vorgänge. Ererbte Privilegien und andere feste Strukturen, die sich auf göttlichen Ursprung berufen, stehen dem Fortschritt nur im Weg. Darwin jedoch lässt sich auf das ketzerische Gedankengut nicht ein. An der Gesellschaftsordnung, die ihm seine unersetzlichen Startvorteile verschafft hat, wird er festhalten wie von Gott gegeben.
    Er verlässt

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