Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
katalysierten und von Reparaturmechanismen überwachten Kopiermechanismen heute so perfekt, dass die Fehlerhäufigkeit um zig Potenzen niedriger liegt. Ein allgemeingültiger Wert lässt sich hier nicht nennen, doch sind Raten im reziproken Millionenbereich nicht unrealistisch. Wie ist solch eine Entwicklung von den höchst ungenauen Anfängen der Informationsvervielfältigung zu den vergleichsweise exakten Kopier- und Expressionsmöglichkeiten heutiger Gene im Rahmen der Evolutionstheorie zu erklären? In der Ursuppe erlangten diejenigen Moleküle die stärkste Verbreitung, die in der Lage waren, sich mit der höchsten Genauigkeit zu replizieren – die einfachste und direkteste Form der Selektion. Aber wie gelang es, die Kopiergenauigkeit zu erhöhen? Durch die Wechselwirkung mit anderen Molekülarten entwickelten sich erste katalysatorisch wirksame Reproduktionssysteme, die unter dem ständigen Einfluss der Selektion im Laufe von Jahrmillionen zu komplexen Maschinerien evolvierten. Das exakte Zusammenspiel verschiedener Molekülklassen (Nukleinsäuren, Proteine, organische und anorganische Kofaktoren) wurde zum Garanten für deutlich reduzierte Fehlerraten bei Vervielfältigung, Weitergabe und Erhalt von biologischer Information. Darüber hinaus umfasst dieser Komplex in modernen Zellen spezifisch arbeitende DNA-Reparatursysteme, die in der Lage sind, nachträglich (also nach erfolgter Abschrift) verschiedene Kopierfehler aufzuspüren und zu beseitigen. Wie bedeutsam diese „DNA-Doktoren“ sind, zeigen Beispiele, in denen Funktionsstörungen diese Systeme beeinträchtigen. Beim Menschen etwa kennt man eine Reihe schwerer Erbkrankheiten, die auf dem Ausfall bestimmter zellulärer Reparaturmechanismen beruhen. Bei der
Xeroderma pigmentosum
(
XP)
ist zum Beispiel ein System betroffen, welches für die Beseitigung von DNA-Schäden verantwortlich ist, die durch UV-Strahlen ausgelöst werden. Bei uns allen werden beim sommerlichen Sonnenbad Schäden in der DNA der Hautzellen ausgelöst. Verschiedene im Laufe der Evolution entwickelte Multienzymsysteme erkennen solche Schadstellen, beseitigen sie und stellen den korrekten Zustand wieder her. Bei XP-Patienten dagegen sind einer oder mehrere dieser Reparaturmechanismen (Exzisionsreparatur, Photoreaktivierung) ausgefallen – mit fatalen Folgen. Die Haut ist trocken, atrophisch und entwickelt zunächst prämaligne, warzenähnliche Gebilde, die später oft zu bösartigen Tumoren entarten. Dazu kommen in der Regel neurologische Defekte unterschiedlichen Schweregrades. Die Lebenserwartung der Betroffenen ist deutlich reduziert.
Mittelpunkt jeder Therapie ist die konsequente Abschirmung vor jeglicher UV-Strahlung. Während man früher den strikten Aufenthalt in abgedunkelten Räumen während der Tagesstunden für unumgänglich hielt und den Patienten nur während der Nachtzeit Ausgang gewährte – aus dieser Zeit rührt die Bezeichnung „Mondscheinkrankheit“ –, stehen heute zumindest spezielle UV-abweisende Folien und (von der NASA entwickelte) Schutzanzüge zur Verfügung. Dennoch hat die Krankheit nichts von ihrem Schrecken verloren und gilt nach wie vor als unheilbar. Nicht minder schwerwiegend ist das Krankheitsbild der
Ataxia teleangiectasia (AT)
. Auch hier besteht infolge eines die DNA-Reparatur betreffenden Gendefektes eine erhöhte Strahlensensibilität – jedoch nicht gegenüber UV, sondern gegenüber sogenannter ionisierender Strahlung. Eine normale Röntgenaufnahme etwa wäre für AT-Patienten absolut lebensbedrohlich. Das Erscheinungsbild ist überaus komplex. Dazu gehören schwere Immundefekte, neurologische Ausfälle, bösartige Tumorgenesen, Leberfunktionsstörungen und Sterilität der Gonaden. Auch hier ist die Lebenserwartung deutlich reduziert, zumal die Patienten auch ohne Strahlenexposition ein erhöhtes Chromosomenbruchrisiko tragen. Kausale Therapien gibt es bislang nicht. Gott sei Dank handelt es sich bei beiden Leiden um relativ seltene Erbkrankheiten, die
rezessiv
vererbt werden. Das bedeutet, die Krankheit bricht nur aus, wenn vom Vater und der Mutter ein entsprechend mutiertes Allel (Genvariante) ererbt wird, das „kranke“ Gen also reinerbig (homozygot) vorliegt. Liefert nur ein Elternteil ein gesundes Allel, kommt das andere kranke nicht zur Ausprägung. Ein solch mischerbiger (heterozygoter) Träger bleibt also selbst gesund, trägt aber ein 50%iges Risiko, seine mutierte Variante an den eigenen Nachwuchs weiterzugeben. In jedem Fall
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