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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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werden diejenigen Exemplare ausgewählt, die dieses Manko am besten durch andere Stärken ausgleichen können – etwa besondere Sprungkraft und Zielgenauigkeit beim Beutefang. In Analogie werden in der nur über Paprikaaromen verfügenden Chipsfabrik die besonders schön geformten und appetitlich gefärbten Kartoffelscheiben selektioniert, um so den Malus fehlender Produkte mit Zwiebelgeschmack zu kompensieren. Während der Produktion gebrochene und aromadefizitäre Chips werden aussortiert.
    Festzuhalten bleibt: Die Selektion hat keinerlei Einfluss auf das, was produziert wird – auch keinen rückwirkenden nach dem Motto: „Liebe DNA, dies und jenes fehlt – also mutiere und rekombiniere dich bitte dementsprechend – wir brauchen sehende Frösche!“ Wenn die Evolution bis jetzt keine schlagenden Grashalme hervorgebracht hat, die den fressenden Kühen eine Ohrfeige verpassen, können solche auch nicht ausgelesen werden, und solange uns keine Mutation Flügel wachsen lässt oder mit Kiemen bestückt, kann die Selektion auch keine flugfähigen und submarinen Hominiden zur Vermehrung freigeben. Das schwächste bzw. unberechenbarste Glied in der Kette bestimmt immer das Gesamtergebnis. Und dies ist hier die Produktionsebene. Ob der enormen Formenvielfalt der Natur ist diese Aussage eigentlich reichlich unverschämt.
    Es ist wahrlich paradox. Da mäkeln die Gegner Darwins ständig am Zufallsmoment herum, bewerten es vollkommen falsch. Aber just in dem Fall, wo Zufälligkeit wirklich eine entscheidende Rolle spielt, nämlich bei der Variantenproduktion, verschließen sie erneut Augen und Ohren. In Anlehnung an die berühmte Drei-Affen-Statue – nichts (Böses) sehen, hören und sagen – empfiehlt sich zur symbolischen Darstellung eines Großteils der Kritikerfraktion eine leicht abgewandelte Form. Der Verschluss von Augen und Ohren bleibt unverändert. Die Hand vor dem Mund sollte jedoch durch eine weit aufgerissene „Schnute“ ersetzt werden. Seh- und Hörorgane schottet man (bewusst?) gegenüber den wahren Aussagen des Evolutionsmodells ab, posaunt aber reichlich haltlosen Radau in die Landschaft.
Perfektionismus Fehlanzeige
    Wenn die heutige Artenvielfalt und Biodiversität mit all ihren Stärken und Schwächen eines deutlich macht, dann ist dies die Erkenntnis: Die Evolution ist nicht perfekt! Diese Einsicht deckt sich voll mit Darwins Naturbeobachtungen und seiner daraus entwickelten Lehre. Evolution ist keine Maschine, die nach schnellstmöglicher Perfektionierung strebt. Die Auslegung der Kritiker, Darwin habe genau das gelehrt, ist schlichtweg falsch und durch seine literarischen Werke klar widerlegt. Der fehlende Perfektionismus in der Natur, die längerfristige Überlebensfähigkeit von Schwächen begegnet uns allerorten, über alle Arten und Gattungen hinweg. Man kann es kaum oft genug betonen. Die Überlebensfähigkeit eines Organismus hängt nicht von Einzelmerkmalen ab, sondern vom Gesamtbild, dem Phänotyp. Dies eröffnet Kompensationsmöglichkeiten in mannigfachster Form und macht den Weg frei für Problemlösungsstrategien unterschiedlichster Art. Fehlende Sehkraft kann durch besondere akustische oder olfaktorische Fähigkeiten ausgeglichen werden. Ein schönes Beispiel liefern hier unsere Hühner. Wir kennen alle das sprichwörtliche blinde, aber dennoch bei der Kornsuche erfolgreiche Huhn. Ein anderes Sprichwort – „das Auge isst mit“ – gilt bei den Hühnern dagegen nicht, denn das Federvieh kann seine Nahrung tatsächlich nicht sehen, dafür aber erschnüffeln. Wissenschaftlern vom Max-Plank-Institut für Ornithologie in Seewiesen gelang mit der vollständigen Entschlüsselung des Hühnergenoms erstmalig die komplette Identifizierung eines Vogelgenoms. Dabei entdeckten die Forscher eine außergewöhnlich hohe Zahl von Geruchsgenen. Blutproben von acht weiteren Vogelarten lieferten ähnliche Ergebnisse. Anschauliche Beispiele für das Wirken der Selektion und das damit verbundene kompensatorische Potenzial, das sich auf alle Lebensbereiche erstreckt, gibt es zur Genüge. So kann mangelnde körperliche Stärke durch intellektuelle Fähigkeiten und kooperatives Verhalten, geringe Wehrhaftigkeit durch gute Tarnung oder schlechte Wärmeisolierung durch eine hohe Stoffwechselrate wettgemacht werden. Die Liste ließe sich schier endlos erweitern. Die Konsequenz ist immer die gleiche. Die Gesamterscheinung mit allen Mali und Boni muss den essenziellen Anforderungen des Lebens gerecht werden. Es

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