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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Ian Stewart , Jack Cohen , Erik Simon
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hätte, hätte es das nicht ganz geschafft, und es gäbe uns nicht.«
    Wieder das Großvater-Paradox? Nicht ganz, aber wir können mit diesem Beispiel sehr schön Licht ins Großvater-Paradox bringen. Fragen Sie sich, was geschehen wäre, wenn Sie jenen Fisch getötet hätten. Hätte es niemals eine Menschheit gegeben? Keineswegs. Indem wir ein einzelnes Ereignis isolieren, versuchen wir in Gedanken, die Geschichte einem dünnen Kausalitätsfaden folgen zu lassen. Aber wir machen den Adam-und-Eva-Fehler: Wenn man sie zurückverfolgt, werden die Vorfahren nicht weniger , sondern mehr . Sie haben zwei Eltern, vier Großeltern, vielleicht nur sieben Urgroßeltern, weil damals Heiraten zwischen Vettern und Kusinen häufiger vorkamen. Wenn Sie ein paar Dutzend Generationen weit zurückgegangen sind, gehörte ein erheblicher Anteil aller Menschen, die sich zu jener Zeit fortgepflanzt haben, zu Ihren Vorfahren. Aus diesem Grund findet jeder, wenn er nur danach sucht, ein paar berühmte Vorfahren – und dazu trägt auch bei, dass berühmte Leute reich und mächtig und sexuell erfolgreich waren, sodass sie unter den Nachkommen ihrer Generation überdurchschnittlich vertreten sind.
    Beachten Sie, dass wir von einem Anteil derer sprechen, die sich fortgepflanzt haben. Der weitaus größere Teil aller sexuell hervorgebrachten Lebewesen pflanzt sich nicht fort; das gilt auch für die Menschen der meisten früheren Generationen. Zum einen sind die meisten lebenden Menschen jener früheren Generation kleine Kinder, die nicht lange genug leben, um sich fortzupflanzen; zum anderen tragen viele von denen, die sich erfolgreich fortpflanzen, zu Abstammungslinien bei, die aussterben, ehe sie die Gegenwart erreichen, weil sie im Lauf der Generationen von erfolgreicheren Linien aus dem begrenzten Ökosystem verdrängt werden.
    Wenn wir also diese Devon-Fische betrachten, gibt es einfach nicht den einen , der unser Vorfahr war. Alle an der Fortpflanzung Beteiligten – ein sehr unsystematischer kleiner Ausschnitt der Fischpopulation – haben zu dem sich rekombinierenden und mutierenden Genmix beigetragen, der von jenen aus dem Wasser gekommenen Fischen über Generationen von Amphibien und säugetierähnlichen Reptilien auf die frühen Säugetiere überkam, abermals selektiert wurde, um die frühen Primaten zu charakterisieren, und schließlich auf uns hinauslief. Es gab keinen einzelnen Großvater-Fisch oder Großvater-Primaten, keine dünne Abstammungslinie, wie es auch keine dünne Kausalitätslinie gibt, die vom Flügelschlag eines Schmetterlings zu einem Orkan führt. Und so würde ein Fisch, der während einer Zeitreise getötet würde, die Geschichte letztlich in keiner Weise verändern. Es würde uns trotzdem geben, aber die Geschichte hätte einen geringfügig anderen Weg genommen, um zu uns zu gelangen.
    Das heißt aber nicht, in der Geschichte gebe es keine wichtigen Errungenschaften.
    Insbesondere einige Physiker haben aufgrund dieser Unbestimmtheit und der chaotischen Einflüsse die Ansicht vertreten, es gebe kein Muster der Geschichte, es herrsche die Heisenbergsche Unschärfe. Falsch. Dass wir mit den besten und größten Computern das Wetter nicht weiter als eine Woche vorhersagen können, heißt nicht, dass es so etwas wie Wetter nicht gebe. Unsere mit dünnen Kausalfäden operierenden Evolutions-Szenarios für das Vordringen jener Fische an Land funktionieren nicht, aber deswegen brauchen wir noch längst nicht jeden Gedanken an eine Kausalität der Evolution zu verwerfen. Jedes Ereignis, einzeln betrachtet, scheint keine klare Ursache zu haben, doch das bedeutet nur, dass unser Damasiosches Denken sich nicht für diese Methode eignet, die Geschichte zu analysieren.
    Wir sind viel besser, wenn es darum geht, den ganzen Kleinkram beiseite zu lassen und Vermutungen im Großen anzustellen: Ich vermute, dass morgen wieder sonniges Wetter wird; oder ich vermute, dass unter all den Fischen, die sich auf den Schlammebenen des Devon gegenseitig fressen, einige an Land entkommen werden. Wir werden in dieser Vermutung dadurch bestärkt, dass wir Kletterfische, Schlammspringer und viele andere unterschiedliche Abstammungslinien von Fischen genau das heute auf Schlammebenen tun sehen.
    Der große Evolutionsbiologe Stephen Jay Gould hat das in Zufall Mensch: das Wunder des Lebens als Spiel der Natur falsch verstanden: Wenn die Evolution abermals abliefe, erklärte er, würde sie wegen all der winzigen Chaos-Schmetterlinge, die die

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