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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Ian Stewart , Jack Cohen , Erik Simon
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Gruppe von Menschen, die erkannten, dass es eine Alternative geben könnte. Statt dass ein kosmischer Entwerfer die beeindruckende Organisation der Organismen erschaffen hat, könnte diese Organisation aus eigenem Antrieb entstanden sein. Genauer gesagt, als unausweichliche Folge der physikalischen Natur des Lebens und seiner Wechselwirkungen mit der Umwelt. Lebewesen, legte Darwin dar, sind nicht das Ergebnis eines Entwurfs, sondern dessen, was wir heute ›Evolution‹ nennen – eines Prozesses langsamer, schrittweiser Veränderungen, von einer Generation zur nächsten fast unmerklich, aber imstande, sich über große Zeiträume hinweg anzuhäufen. Die Evolution ist die Folge von drei Dingen. Das eine ist die Fähigkeit von Lebewesen, einen Teil ihrer Eigenschaften an ihre Nachkommen weiterzugeben. Das zweite ist die leichte Ungenauigkeit dieser Fähigkeit: Was sie weitergeben, ist selten eine exakte Kopie, obwohl es dem Original für gewöhnlich nahe kommt. Das dritte ist die ›natürliche Auslese‹ – Wesen, die sich besser zum Überleben eignen, können sich fortpflanzen und ihre überlebensfördernden Eigenschaften weitergeben.
    Die natürliche Auslese ist langsam.
    Als fähiger Student der Geologie – einer Feldgeologie im viktorianischen Stil, wo man durch die Gegend latschte und herauszufinden versuchte, welche Gesteine man unter den Füßen hatte oder auf halber Höhe am nächsten Berg sah, und wie sie dorthin gekommen waren – war sich Darwin der schier bodenlosen Tiefe der geologischen Zeit durchaus bewusst. Die Gesteine lieferten überzeugende Beweise dafür, dass die Erde wirklich sehr, sehr alt sein musste: Dutzende oder Hunderte von Jahrmillionen, wenn nicht mehr. Die heutige Zahl von 4,5 Milliarden Jahren ist sogar größer, als die viktorianischen Geologen sich vorzustellen wagten, doch sie hätte sie wahrscheinlich nicht überrascht.
    Schon ein paar Millionen Jahre sind eine sehr lange Zeit. In solch einem Zeitraum können kleine Veränderungen zu großen werden. Stellen Sie sich eine Spezies von Würmern vor, die zehn Zentimeter lang sind und deren Länge jedes Jahr um ein tausendstel Prozent zunimmt, sodass sogar sehr genaue Messungen in jährlichem Abstand keine Veränderung ergäben. Nach hundert Millionen Jahren wären die Nachkommen des Wurms hundert Meter lang. Vom Ringelwurm zur Anakonda. Der längste heute lebende Wurm erreicht manchmal Längen von 50 Metern: Lineus longissimus , der in der Nordsee lebt und bei Ebbe unter Steinen gefunden werden kann. Regenwürmer sind viel kürzer, aber die australischen Megascolid-Würmer können bis zu drei Meter lang werden, was auch schon beeindruckend ist.
    Wir wollen damit nicht sagen, die Evolution finde derart einfach oder regelmäßig statt, doch es steht außer Zweifel, dass in geologischen Zeiträumen große Veränderungen in unmerklichen Schritten vor sich gehen können. Tatsächlich sind die meisten evolutionären Veränderungen viel schneller. Beobachtungen an den ›Darwinfinken‹, dreizehn Vogelarten, die auf den Galápagos-Inseln leben, lassen von einem Jahr aufs andere messbare Veränderungen erkennen – beispielsweise bei den durchschnittlichen Größen der Schnäbel.
    Wenn wir die reichhaltige Vielfalt des Lebens auf der Erde erklären wollen, reicht die Feststellung nicht aus, dass Lebewesen sich im Laufe von Generationen verändern können. Es muss auch etwas geben, das diese Veränderungen in eine ›schöpferische‹ Richtung treibt . Die einzige Triebkraft, die Paley sich vorstellen konnte, war Gott, der bewusste, intelligente Entscheidungen trifft und sie von vornherein entwirft. Darwin war sich besser der Tatsache bewusst, dass Organismen sich von einer Generation auf die andere verändern können und dies auch tun. Sowohl die Fossilbelege als auch seine Erfahrung mit der Zucht neuer Abarten von Pflanzen und Haustieren machten das klar. Doch Züchtung ist auch eine von außen – durch den Züchter – vorgenommene Entscheidung, also scheinen Haustiere, wenn sie überhaupt als Beweise taugen, eher für Paley zu sprechen.
    Andererseits hat kein menschlicher Akteur jemals Dinosaurier gezüchtet. Heißt das einfach, dass Gott dieser Akteur war – oder haben die Dinosaurier irgendwie selbst neue Formen von sich herausgezüchtet? Darwin erkannte, dass es eine andere Art ›Wahlentscheidung‹ gibt, die nicht von intelligentem Willen ausgeht, sondern von den Umständen und der Umgebung. Das ist die ›natürliche Auslese‹.

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