Darwin und die Götter der Scheibenwelt
Kombinationsmöglichkeiten sind hier wirklich unermesslich: Das Weltall ist nicht groß genug und besteht nicht lange genug, um ein einziges Molekül von jedem möglichen Protein hervorzubringen, das so komplex wäre wie etwa das Hämoglobin, der Sauerstoffträger im Blut. Es wäre absolut erstaunlich, wenn die Evolution nicht wenigstens ein lichtempfindliches Pigment hervorbringen und es in eine Zelle einbauen könnte.
Es gibt sogar Vorstellungen, wie dies geschehen sein kann. In den Erörterungen des Designs weisen Bruce Weber und David Depew darauf hin, dass lichtempfindliche Enzymsysteme in Bakterien vorkommen und dass diese Systeme wahrscheinlich ein sehr hohes Alter haben. Die Bakterien benutzen sie nicht zum Sehen, sondern als Teil ihrer metabolischen (energiegewinnenden) Prozesse. Proteine in der menschlichen Augenlinse sind metabolischen Enzymen in der Leber sehr ähnlich. Die Proteine, die das Auge bilden, waren also nicht von Anfang an Teil eines Systems, das dem Sehen diente. Sie entstanden anderswo und hatten ziemlich abweichende ›Funktionen‹. Ihre Form und Funktionen wurden dann selektiv modifiziert, als ihre rudimentären Fähigkeiten zur Lichtwahrnehmung sich als evolutionärer Vorteil erwiesen.
Obwohl wir ziemlich viel über die Genetik des menschlichen Auges wissen, behauptet kein Biologe, genau zu wissen, wie es sich entwickelt hat. Die Fossilbelege sind unergiebig, und Humanoidenaugen fossilisieren nicht (im Gegensatz zu Trilobitenaugen). Doch die Biologen vermögen einfache Gründe zu nennen, warum und wie sich das Auge entwickelt haben könnte, und das allein genügt, um die Behauptungen ad absurdum zu führen, seine Evolution sei prinzipiell unmöglich, da die Bestandteile des Auges voneinander abhängen und die Entfernung eines davon zur Fehlfunktion führt. Das Auge hat seine Bestandteile nicht eins nach dem anderen entwickelt. Seine Strukturen sind parallel zueinander entstanden.
Die Initiatoren neuerer Aufgüsse von Paleys Doktrin, wenngleich in weniger offenen theistischen Tönen, haben die Botschaft des Auges als speziellen Fall angenommen – aber deren allgemeinere Aspekte scheinen ihnen entgangen zu sein. Darwins Erörterung des Auges und das Computerexperiment von Nilsson und Pelger beschränken sich nicht auf Augen. Es liegt eine tiefe Botschaft darin. Wenn man einen komplexen lebenden ›Mechanismus‹ vor sich hat, sollte man nicht annehmen, er habe sich nur Bestandteil um Bestandteil, Stück für Stück entwickeln können. Wenn man eine Uhr sieht, sollte man nicht daran denken, aus einem Standardvorrat von Ersatzteilen Federn aufzuhängen und Zahnräder hinzuzufügen. Denken Sie eher an Salvador Dalís ›weiche Uhr‹, die fließen und sich verzerren, verformen, teilen und wieder zusammenfügen kann. Denken Sie an eine Uhr, deren Zahnräder die Form ändern, sich neue Zähne wachsen lassen und deren Achsen und Lager sich mit den Rädern entwickeln können, sodass das Ganze in jedem einzelnen Stadium zusammenpasst. Denken Sie an eine Uhr, die vielleicht als Büroklammer angefangen hat und zwischendurch ein Pogo-Stab geworden ist. Denken Sie nicht an eine Uhr, die einen einzigen Zweck hat und immer hatte, nämlich die Zeit anzuzeigen. Denken Sie an eine Uhr, die einst Papierblätter zusammengehalten hat und auch aufgebogen werden konnte, um einen Zahnstocher zu bilden, die später Großartiges beim Springen leistete und erst zur Zeitmessung verwendet wurde, als jemandem auffiel, dass man ihre rhythmischen Bewegungen zum Anzeigen der vergehenden Sekunden benutzen konnte.
Ja, Verfechter des intelligenten Designs verstehen das Auge – aber nur als ein Beispiel, nicht als die Grundlage eines allgemeinen Prinzips. »O ja, wir wissen alles über das Auge«, sagen sie (sinngemäß). »Wir werden nicht mehr fragen, wozu ein halbes Auge nützt. Das ist einfältiger Unsinn.« Stattdessen fragen sie, was eine halbe Bakteriengeißel nützt, und wiederholen damit denselben Fehler in anderem Zusammenhang.
Wir verdanken dieses Beispiel Michael Behe, einem Biochemiker, der über die Komplexität von Bakteriengeißeln verblüfft war. Das sind die ›Schwänze‹, die Bakterien zur Fortbewegung benutzen, winzige ›Schrauben‹ wie Schiffspropeller, die von einem rotierenden Molekularmotor angetrieben werden. An die vierzig Proteine sind an der Bildung solch eines Motors beteiligt, und wenn auch nur eins davon fehlt, funktioniert er nicht. In seinem Buch Darwins Black Box (1996) behauptete
Weitere Kostenlose Bücher