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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Ian Stewart , Jack Cohen , Erik Simon
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fanden Verschiebungen der scheinbaren Sternenörter, die mit Einsteins Vorhersagen übereinstimmten. Überglücklich schickte Einstein seiner Mutter eine Postkarte: »Liebe Mutter! Heute eine freudige Nachricht. H. A. Lorentz hat mir telegraphiert, dass die englischen Expeditionen die Lichtablenkung an der Sonne wirklich bewiesen haben.« Die Times kam mit der Überschrift: REVOLUTION IN DER WISSENSCHAFT. NEUE THEORIE DES UNIVERSUMS. NEWTONS IDEEN ÜBERHOLT. Auf halber Höhe in der zweiten Spalte stand eine Zwischenüberschrift: RAUM ›VERZOGEN‹. Einstein wurde über Nacht berühmt.
    Es wäre ungehobelt zu erwähnen, dass die Beobachtungsdaten aus moderner Sicht entschieden zweifelhaft sind – es könnte eine Beugung geben oder auch wieder nicht. Also lassen wir das. Spätere, genauere Experimente haben Einsteins Vorhersage jedenfalls bestätigt. Manche weit entfernte Quasare erzeugen Mehrfachbilder, wenn eine dazwischenstehende Galaxis als Linse wirkt und ihr Licht so beugt, dass eine kosmische Fata Morgana entsteht.
    Die Metrik der Raumzeit ist nicht eben.
    Vielmehr nimmt in der Nähe eines Sterns die Raumzeit die Form einer gekrümmten Oberfläche an, die ein rundes ›Tal‹ bildet, in dem der Stern sitzt. Das Licht folgt den Geodäten auf dieser Oberfläche und wird in das Loch ›hineingezogen‹, weil dieser Weg eine Abkürzung bietet. Teilchen, die sich mit Geschwindigkeiten unterhalb der Lichtgeschwindigkeit bewegen, verhalten sich ebenso; sie folgen nicht länger Geraden, sondern werden zum Stern hin abgelenkt – daher das Bild von einer Gravitationskraft in der Newtonschen Physik.
    Weit entfernt vom Stern kommt diese Raumzeit dem Minkowski-Raum sehr nahe; das heißt, die Gravitationswirkung lässt stark nach und wird bald vernachlässigbar. Raumzeiten, die in großen Entfernungen wie der Minkowski-Raum aussehen, werden ›asymptotisch eben‹ genannt. Merken Sie sich diesen Begriff: Er ist wichtig für die Herstellung von Zeitmaschinen. Der größte Teil unseres Universums ist asymptotisch eben, da massereiche Körper wie Sterne sehr spärlich verstreut sind.
    Wenn man eine Raumzeit entwirft, kann man sie nicht einfach krümmen, wie es einem passt. Die Metrik muss den Einstein-Gleichungen gehorchen, die die Bewegung frei beweglicher Teilchen mit dem Grad der Verzerrung gegenüber der ebenen Raumzeit verknüpfen.
    Wir haben eine Menge darüber gesagt, wie sich Raum und Zeit verhalten, aber was sind sie? Ehrlich gesagt, wir haben keine Ahnung. Wir können uns lediglich einer Tatsache sicher sein: dass der Schein trügen kann.
    Tick.
    Manche Physiker treiben dieses Prinzip zum Äußersten. In Das Ende der Zeit argumentiert Julian Barbour, dass es vom quantenmechanischen Standpunkt aus keine Zeit gibt.
    Ti…
    1999 hat er im New Scientist diese Idee ungefähr so erklärt: Zu jedem Zeitpunkt kann der Zustand eines jeden Teilchens im gesamten Universum durch einen einzigen Punkt in einem riesigen Phasenraum dargestellt werden, den er Platonien nennt. Barbour und sein Kollege Bruno Bertotti haben herausgefunden, wie man die herkömmliche Physik in Platonien zum Funktionieren bringt. Mit dem Ablauf der Zeit wird die Konfiguration aller Teilchen im Universum durch einen sich bewegenden Punkt in Platonien verkörpert, der also eine Kurve beschreibt, ganz wie eine relativistische Weltlinie. Eine Platonien-Gottheit könnte die Punkte dieser Kurve nach und nach ins Dasein rufen, die Teilchen würden sich bewegen, und die Zeit würde zu fließen scheinen.
    Das Quanten-Platonien hingegen ist ein viel seltsamerer Ort. Hier »tötet die Quantenmechanik die Zeit«, wie Barbour es ausdrückt. Ein Quantenteilchen ist kein Punkt, sondern eine unscharfe Wolke von einer Wahrscheinlichkeitverteilung. Ein Quantenzustand des Universums ist eine verschwommene Wolke in Platonien. Die ›Größe‹ dieser Wolke im Verhältnis zur Größe von Platonien selbst stellt die Wahrscheinlichkeit dar, dass sich das Universum in einem der Zustände befindet, aus denen sich die Wolke zusammensetzt. Wir müssen Platonien also mit einem ›Wahrscheinlichkeitsnebel‹ ausstatten, dessen Dichte in jedem einzelnen Gebiet festlegt, wie wahrscheinlich es für eine Wolke ist, dieses Gebiet einzunehmen.
    Aber, sagt Barbour, »es kann keine Wahrscheinlichkeiten zu verschiedenen Zeiten geben, weil Platonien selbst zeitlos ist. Es kann nur ein für allemal gültige Wahrscheinlichkeiten für jede mögliche Konfiguration geben.« Die Zukunft wird nicht

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