Das 10. Gebot - Women's Murder Club -: Thriller (German Edition)
dem anderen: die Waffe, die Fingerabdrücke, die Schmauchspuren.
»Willst du etwa behaupten, dass noch nie jemand unschuldig verurteilt worden ist?«, fragte ich ihn.
»Welches Interesse verfolgen Sie eigentlich, Sergeant? Mir ist überhaupt nicht klar, worauf Sie hinauswollen«, schaltete sich Brady ein. Er schrieb eine SMS , klappte sein Handy zu und sah mich an. »Wie viele der letzten vierundzwanzig Stunden haben Sie gearbeitet?«
»Ich habe nicht nachgezählt.«
»Ich schon. Es waren ziemlich genau achtzehn am Stück. Der Fall Martin ist seit … wann? … seit ungefähr einem Jahr abgeschlossen. Er liegt jetzt in den Händen der Justiz. Gehen Sie nach Hause, Boxer. Schlafen Sie sich aus. Und morgen möchte ich im Fall Richardson ein paar Fortschritte sehen.«
Ich merkte, wie sich die kleinen Haare in meinem Nacken aufstellten. Es war das erste Mal, dass ich von Chi und McNeill solchen Gegenwind bekam. Und der neue Lieutenant? Ich war mir nicht sicher, ob er verbohrt war … oder im Recht.
Ich hob die Hände, nickte kurz und verließ den Bereitschaftsraum. Auf der Treppe rief ich Hoffman an und sagte, dass wir uns in fünf Minuten im sechsten Stock treffen könnten.
Er bedankte sich mit den Worten: »Sie werden es nicht bereuen.«
Aber ich bereute es bereits jetzt. Phil Hoffmans Geschichte hatte mich berührt, und jetzt hinterging ich meinen Chef, obwohl ich damit absolut nichts zu gewinnen hatte.
25 Die Hall verfügt über zwei Gefängnisse. Jedes ist über einen separaten Fahrstuhl direkt mit dem Foyer verbunden. Unter suchungshäftlinge, die auf ihren Prozess warten, werden im sechsten Stock inhaftiert, und dort traf ich mich mit Phil Hoffman.
Bei meinem Anblick wirkte er erleichtert, aber meine Eingeweide ballten sich vor Nervosität zusammen. Ich gehörte nicht hierher, ich hatte hier nichts verloren. Das war nicht meine Aufgabe.
»Danke, dass Sie gekommen sind, Lindsay«, sagte Hoffman zur Begrüßung. Türen öffneten sich summend, und wir gingen schmuddelige, überhelle Korridore entlang, bis wir in ein Zimmer kamen, das Gefangenen und ihren Anwälten als Besprechungsraum diente.
»Ich habe jetzt Feierabend, Phil. Offiziell bin ich überhaupt nicht hier.«
»Ich verstehe, und ich weiß das wirklich zu schätzen.«
Einen Augenblick später wurde Candace Martin von einer Wärterin hereingeführt. Sie trug einen orangefarbenen Gefängnisoverall, und irgendwie schaffte sie es, sogar darin gut auszusehen. Sie war nicht geschminkt, hatte die blonden Haare hinter die Ohren geschoben und sah jünger aus als ihre vierzig Jahre. Hoffman machte uns miteinander bekannt, und wir setzten uns.
»Candace, erzählen Sie Sergeant Boxer, was Sie mir erzählt haben.«
»Zunächst einmal möchte ich mich bedanken, dass Sie gekommen sind, Sergeant Boxer«, fing sie an. »Ich weiß, dass Sie Phil damit einen Riesengefallen tun.«
»Ich habe nicht viel Zeit.«
Candace Martin nickte und sagte: »Ellen hat schlicht und einfach gelogen. Ich habe niemals eine Pistole in meinem Arbeitszimmer gehabt. Der Mörder hat die Waffe mitgebracht. Also warum hat Ellen gelogen? Das ergibt nur dann einen Sinn, wenn sie selbst daran interessiert ist, dass ich verurteilt werde.«
»Und worin sollte dieses Interesse bestehen?«
»Mein Mann war attraktiv und hat sich selbst als sexsüchtig bezeichnet. Er hätte auch einen Baum gevögelt, wenn der geatmet hätte. Er hat mehrfach zu mir gesagt, dass Ellen ein ›Kleinod‹ sei. Er hat es sogar ganz besonders betont, weil er sehen wollte, wie ich reagiere. Aber den Triumph habe ich ihm nie gegönnt.«
Candace Martin hieb mit den geballten Fäusten auf den Tisch. »Wissen Sie, warum, Sergeant? Wegen der Kinder. Caitlin und Duncan sind ganz vernarrt in Ellen. Ich wollte ihr vertrauen, also habe ich es getan.«
Ich erwiderte: »Frau Dr. Martin, ich weiß wirklich nicht, worauf Sie hinauswollen. Ich weiß nicht, was zwischen Ellen Lafferty und Ihrem Ehemann gewesen ist, aber warum sollte sie deshalb einen Meineid schwören? Und warum sollte sie Sie mit einem Mord belasten, den Sie gar nicht begangen haben?«
»Ich will Ihnen sagen, was ich glaube, Sergeant. Ich habe bis heute nicht verstanden, warum jemand in unser Haus eindringen und Dennis erschießen sollte. Aber vorhin, als Ellen gelogen hat, dass sich die Balken im Gerichtssaal gebogen haben, da ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Was, wenn Dennis sie gevögelt hat? Wenn er ihr versprochen hat, sich von mir
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