Das 2. Buch Des Blutes - 2
Seite des Wagens, seine Augenbrauen eine zusammengezogene Linie, aus der die Wut hervorsproßte. Aber bildhübsch; o ja; ein Gesicht, das Frauen zum Weinen brachte vor Frustriertheit, daß er schwul war. Ein dichter schwarzer Schnurrbart (vollendet gestutzt) und Augen, die man ewig betrachten konnte, ohne zweimal dasselbe Leuchten in ihnen zu sehen. Warum, um Himmels willen, dachte Mick, muß ein so prachtvoller Mann solch ein unsensibler kleiner Scheißer sein?
Judd starrte über die Straße zu dem hübschen schmollenden Jungen hinüber und erwiderte dessen verächtlichen, abschätzenden Blick. Er bekam das kalte Kotzen angesichts des Theaters, mit dem sich Mick da produzierte. Bei einer sechzehnjährigen Jungfrau hätte man sich das allenfalls noch eingehn lassen. Bei einem Fünfundzwanzigjährigen war es einfach unglaubwürdig.
Mick ließ die Blume fallen und zog sein T-Shirt aus den Jeans.
Ein fester Bauch, dann ein schlanker, glatter Brustkorb kamen zum Vorschein, während er es auszog. Als sein Kopf wieder auftauchte, war sein Haar zerrauft und ein breites Grinsen auf seinem Gesicht. Judd sah den Torso an. Gerade richtig, nicht zu muskulös. Eine Blinddarmnarbe lugte über den Rand der verwaschenen Jeans. Eine goldene Kette - schmal zwar, aber die Sonne fing sich in ihr - senkte sich in seine Kehlgrube.
Ohne daß er es beabsichtigte, erwiderte er Micks Grinsen, und eine Art Frieden wurde zwischen ihnen geschlossen.
Mick schnallte jetzt den Gürtel auf.
»Magst du ficken?« fragte er, und das Grinsen blieb unverändert.
»Es hat keinen Sinn«, kam die Antwort, wenn auch nicht auf diese Frage.
»Was hat keinen?«!
»Wir passen einfach nicht zusammen.«
»Wetten, daß?«
Jetzt hatte er den Reißverschluß auf und wandte sich fort zu dem Weizenfeld, das bis an die Straße heranreichte.
Judd sah zu, wie Mick sich eine Schneise durch den wogenden See bahnte; sein Rücken hatte die Farbe des Getreides, so daß er fast in dieser Tarnung verschwand. Ganz schön riskant, im Freien zu bumsen - sie waren hier nicht in San Francisco, nicht mal in Hampstead Heath. Nervös schaute Judd die Straße runter. Noch immer menschenleer in beiden Richtungen. Und Mick drehte sich um, tief drinnen im Feld, drehte sich um und winkte wie ein Schwimmer, der in einer goldenen Brandung nach oben geschnellt wird. Scheiß drauf… niemand würde was mitkriegen, niemand was erfahren. Bloß die Berge, vom Hitzeschleier verflüssigt, die ihre bewaldeten Rücken dem ersten Tun der Erde zugeneigt hatten, und ein verlorener Hund, der am Straßenrand saß und auf irgendeinen verlorenen Herrn wartete.
Judd folgte Micks Pfad durch den Weizen und knöpfte beim Gehen das Hemd auf. Feldmäuse liefen vor ihm her, huschten durch die Halme, als der Riese mit Donnerfüßen des Weges kam. Judd lächelte angesichts ihres Entsetzens. Er wollte ihnen nichts Böses, aber woher konnten sie das schließlich wissen?
Womöglich hatte er hundert Leben - Mäuse, Käfer, Würmer - ausgelöscht, bevor er die Stelle erreichte, wo Mick auf einem Bett aus zertrampeltem Getreide lag, splitternackt bis auf die Eier, und noch immer grinste.
Nichts auszusetzen an der Art, wie sie sich liebten: gekonnt und kraftvoll - für jeden gleich viel Lust. Ihre Leidenschaft hatte etwas Präzises, spürte den Moment heraus, von dem ab mühelose Wonne dringlich wurde, Begierde umschlug in Notwendigkeit. Sie waren ineinander verschlungen, Glied um Glied, Zunge um Zunge, zu einem Knäuel, das nur der Orgasmus auflösen konnte; abwechselnd versengten und zerkratzten sie sich den Rücken, wenn sie sich umherwälzten und Schwanz- und Lippenküsse tauschten. Auf dem Höhepunkt, als sie gemeinsam abspritzten, hörten sie das Tuff-Tuff-Tuff eines vorbeifahrenden Traktors, aber das kümmerte sie längst nicht mehr.
Dann machten sie sich wieder auf den Weg zum Volkswagen, vom Körper zerdroschenen Weizen in Haar und Ohren, in den Socken und zwischen den Zehen. Ein entspanntes Lächeln hatte ihr Grinsen ersetzt: Der Waffenstillstand würde, wenn er auch nicht endgültig war, zumindest ein paar Stunden dauern.
Im Wagen war es kochendheiß, und sie mußten, ehe sie nach Novi Pazar weiterfuhren, alle Fenster und Türen öffnen, damit ihn der Luftzug abkühlte. Es war vier Uhr, und sie hatten noch eine Stunde Fahrt vor sich.
Als sie ins Auto stiegen, sagte Mick: »Das Kloster schenken wir uns, ja?«
Judd war baff. »Ich hab’ gedacht…«
»Noch so ‘ne bekackte Jungfrau halt’ ich
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