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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Veränderungen angeordnet hatte, daß die Kino-Seifenblase über kurz oder lang platzen würde. In dem Fall könnte er einfach die Wand niederreißen und wieder ins Geschäft mit der Anbetung Gottes statt der Garbo einsteigen.
    Dazu kam es nie. Die - zugegeben zarte - Seifenblase platzte nie, und die Filme hielten sich. Der Ungläubige Thomas (er hieß Harry Cleveland) starb, und der vermauerte Zwischenraum geriet in Vergessenheit. Von den heute Lebenden wußte keiner, daß er überhaupt existierte. Und wenn Barberio die Stadt auf den Kopf gestellt hätte, eine geheimere Sterbestätte hätte er gar nicht finden können.
    Der abgeschottete Raum jedoch, die Luft selbst, hatte in diesen fünfzig Jahren ein Eigenleben gelebt. Wie ein Sammelbecken hatte sie das spannungsgeladene Gestarr von Tausenden, Zehntausenden von Augen in sich aufgenommen. Kinobesucher eines halben Jahrhunderts hatten auf der Leinwand des Filmpalasts ein Leben aus zweiter Hand gelebt, indem sie ihr Mitgefühl und ihre Leidenschaften dem flimmernden Trugbild aufdrängten. Wie ein unbeachteter Cognac nahm die Energie ihrer Emotionen in jenem verborgenen Luftkorridor kontinuierlich an Stärke zu. Früher oder später mußte sie sich entladen. Nur ein Katalysator fehlte ihr noch dazu.
    Bis Barberios Krebs aufkreuzte.
    Zwei: Der Hauptfilm
    Nachdem es in dem engen Foyer des Filmpalasts an die zwanzig Minuten herumgelungert hatte, sah das junge Mädchen indem kirschrot und zitronengelb bedruckten Baumwollkleid allmählich eindeutig aufgebracht aus. Es war fast drei Uhr morgens, und die Nachtvorstellung war längst zu Ende.
    Acht Monate waren vergangen, seit Barberio hinter der Rückseite des Kinos gestorben war, acht langsame Monate, in denen das Geschäft bestenfalls stockend gegangen war. Trotzdem, das nächtliche Doppelprogramm brachte freitags und samstags jedesmal ein volles Haus. Heute waren es zwei Eastwood-Filme gewesen, typische Spaghetti-Western. Das Mädchen in dem kirschroten Kleid sah, in Birdys Augen, nicht sonderlich nach einem Westernfan aus; für Frauen war das kaum das richtige.
    Vielleicht war sie ja auch wegen Eastwood und nicht der brutalen Action wegen gekommen, obwohl Birdy nie etwas Attraktives an diesem ewig verkniffen blinzelnden Gesicht hatte entdecken können.
    »Kann ich was helfen?« fragte Birdy.
    Nervös sah das Mädchen Birdy an. »Ich warte auf meinen Freund«, sagte sie. »Dean.«
    »Kannst ihn nicht finden?«
    »Er ist auf die Toilette hinten im Kino und bis jetzt nicht wieder rausgekommen.«
    »War ihm irgendwie … äh … schlecht?«
    »Nein, nein«, sagte das Mädchen schnell, um ihren Partner vor diesem Angriff auf seine Nüchternheit zu schützen.
    »Ich hol’ jemand, der nach ihm sieht«, sagte Birdy. Es war spät, sie war müde, und die Wirkung vom Speed verrauchte allmählich. Die Vorstellung, sich in dieser Flohkiste länger als unbedingt erforderlich aufhalten zu müssen, war nicht besonders reizvoll. Sie wollte heim; ins Bett und schlafen. Schlafen, sonst nichts. Mit ihren vierunddreißig war sie zu der Überzeugung gekommen, daß Sex für sie nicht mehr in Frage kam. Das Bett war zum Schlafen da, zumal für dicke Mädchen.
    Sie stieß die Schwingtür auf und steckte den Kopf in den Kinosaal. Ein satter Mief nach Zigaretten, Popcorn und Menschen hüllte sie ein; es war ein paar Grade heißer hier als im Foyer. »Ricky?«
    Ricky sperrte gerade den Hinterausgang am ändern Ende des Kinosaals zu. »Der Geruch ist jetzt ganz weg«, rief er ihr zu.
    »Gut.« Vor ein paar Monaten hatte es im Bereich der Kinoleinwand höllisch gestunken.
    »Irgendwas Totes auf dem Grundstück nebenan«, sagte er.
    »Hast ‘ne Minute Zeit für mich?« rief sie.
    *
    »Was willst’n?« Schlüssel klirrten an seinem Gürtel, während’
    er den mit rotem Teppich ausgelegten Seitengang herauf auf sie zuschlenderte. »Jung stirbt sich’s besser«, verkündete sein T-Shirt. »Wo brennt’s denn?« sagte er und schneuzte sich.
    »Da draußen ist ein Mädchen. Sie sagt, ihr Freund ist im Klp verschwunden.«
    Ricky schaute gequält. »Aufm Klo?«
    »Ganz recht. Siehst du mal nach? Macht dir doch nichts aus, oder?«
    Wenigstens die Witzeleien könnte sie weglassen, dachte er und schenkte ihr ein schwaches Lächeln. Neuerdings sprachen sie kaum mehr miteinander. Zu viele Male waren sie zusammen high gewesen. Auf lange Sicht brach das jeder Freundschaft da*
    Kreuz. Außerdem hatte Birdy einige äußerst schonungslose (zutreffende)

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